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ich auch, mein liebes Kind! Meine Hochachtung ist, das gestehe ich offen, immer mehr gestiegen, je länger ich ihn kenne. Jetzt bin ich schon beinahe so weit, daß ich auch das große Geschäft, das er mir damals in Aussicht stellte, nicht mehr für eine Fata Morgana halten würde.«

      »Oh, wie freue ich mich darüber, Pa! Einen Kuß für dich und zwei für Wellington!«

      »Helen, gib deinem Vater auch noch den zweiten und bitte auch du ihn, das zu tun, um das ich ihn gebeten habe.«

      »Was war das?«

      »Nichts für dich, kleine Helen!«

      »Oh, schon Geheimnisse vor mir? Aber Helen ist nicht neugierig. Pa, du wirst es tun, um was Wellington dich bat.«

      »Ich werde es tun!«

      Helen fiel ihrem Vater um den Hals.

      »Liebster, bester Pa, dafür bekommst du noch zwei Küsse.«

      *

      In der Redaktionsstube des Frisko Black Herald saß das schwarzgelbe Mischblut, der Redakteur Johnson, in einem von den Motten reichlich angefressenen Polsterstuhl. Ihm gegenüber stand Collin Cameron, der es verschmähte, sich der zweiten ähnlich üblen Sitzgelegenheit zu bedienen.

      »Gut, daß Sie kommen, Mr. Cameron! Die Arbeit in den letzten Wochen war fürchterlich. Sie hat viel Schweiß gekostet …«, er fuhr sich mit einem außergewöhnlich schmierigen Taschentuch über die nasse Stirn … »Und Geld … viel Geld …«

      Dabei warf Mr. Johnson eine schadhafte Brieftasche auf den Tisch, der die absolute Leere aus allen Löchern gähnte.

      »Schon gut!«

      Collin Cameron zog ein Scheckbuch aus der Tasche, riß ein Formular heraus, füllte es mit einer hohen Summe aus und legte es vor sich hin.

      »Berichten Sie! Aber vermeiden Sie jede … auch die kleinste Unrichtigkeit.«

      Mr. Johnson verrenkte sich fast die Augen, um die Summe auf dem Scheck zu lesen. Doch vergeblich. Mit einem Seufzer lehnte er sich in sein Stuhlwrack zurück.

      »Das Programm, das wir bei Ihrem letzten Besuch aufstellten, ist erfüllt. Auch die Führer … Smith von den Mortonwerken, Wessels vom Hafen und Bavery sind gewonnen … war sehr kostspielig … sehr kostspielig.«

      »Wird Ihr Anhang diesen Führern auch unter veränderten Umständen folgen?«

      »Oh … wenn Smith, Wessels und Bavery rufen, bleibt keiner zurück. Denen folgt das Volk durchs Feuer.«

      »Die Waffen?«

      »Unsere Lager sind gefüllt … können jederzeit auf die Bezirke verteilt werden. Das Hafenvolk besitzt schon genügend Waffen.«

      »Ist was vom Weißen Orden zu fürchten?«

      Ein Grinsen verzerrte das Gesicht Johnsons.

      »Der Weiße Orden? … Der feiert seine Feste … Sein Mark ist nicht fester als das des Holunders, seines Wappenbaumes … Er wird wie alle anderen überrumpelt werden.«

      »Der Plan für den 6. Juli steht fest. Erstes Ziel ist Nob Hill. Das lockt auch das weiße Gesindel … bindet Militär und Polizei …

      Die Hauptmasse bemächtigt sich währenddessen der öffentlichen Gebäude und der Flugstation. Sie haben die Liste der prominenten Leute, die sofort als Geiseln gefangenzusetzen sind.«

      Johnson nickte zustimmend.

      »Wo Widerstand geleistet wird, kein Zögern und keine Schonung!«

      »All right, Sir!« … Johnson zögerte einen Moment … »Wie ist’s mit den Schiffen und Flugzeugen, Mr. Cameron?«

      »Sie kennen die Taktik. Immer weiße Gefangene unter die Trupps nehmen! Dann wird man nicht wagen, zu schießen.«

      »All right, Sir!«

      »Ist sonst noch etwas?«

      »Ja, Mr. Cameron.«

      »Was denn?«

      »Das Geld!«

      Collin Cameron deutete auf den vor ihm liegenden Scheck und griff nach seinem Hut.

      »Hier, Mr. Johnson! Ich gehe nach Louisiana. Vor dem Wahltag bin ich noch einmal hier.«

      Ohne Gruß verließ er das Zimmer. Noch ehe sich die Tür geschlossen hatte, schoß Johnson auf den Scheck zu. Mit gierigen Augen überflog er die Summe. Eine gewisse Enttäuschung malte sich auf seinem Gesicht.

      Mr. Johnson hatte die feste Überzeugung, daß sein Wirken besser zu belohnen sei. Immerhin schob er das Papier befriedigt in die Brieftasche und schmiedete dabei Zukunftspläne.

      »Mit dem übrigen gibt es eine hübsche runde Summe, die langt, um den Black Herald zu kaufen … wenn die Affäre vorbei ist.«

      Nur der Gedanke, daß Collin Cameron an derselben Affäre wahrscheinlich viel, viel mehr verdiente als er, bedrückte Mr. Johnsons sonst so weites Gewissen.

      *

      Die Wahlkampagne um den Gouverneurposten von Louisiana war seit Wochen im Gange. Je näher der Wahltag kam, desto erregter wurde die Stimmung. Nicht nur hier, sondern in allen Staaten der Union.

      Eine entscheidende Frage mußte bei dieser Wahl zum Austrag kommen. Es handelte sich diesmal nicht einfach darum, ob dieser oder jener Kandidat das Amt des Gouverneurs erhalten sollte. Die Frage war die … Würde ein schwarzer Bürger der Union das höchste Amt eines Einzelstaates erhalten und auch ausüben können?

      Vor dreißig Jahren hatten Kongreß und Senat die stark umkämpfte Jeffersonbill durchgebracht, die den Zentralparlamenten der Union das Bestätigungsrecht für die Gouverneursposten der einzelnen Staaten verlieh. Es war ein wichtiger Schritt auf dem Wege vom Föderativ- zum Zentralstaat gewesen. Die Bill gab den Zentralparlamenten das Recht, Wahlen zu beanstanden, gegen die ein wesentliches Staatsinteresse geltend gemacht werden konnte.

      Die nächstliegende Frage war die: Würde der schwarze Kandidat Josuah Borden die Stimmenmehrheit erhalten? Das stand auf des Messers Schneide. Die Zahl der weißen und schwarzen Stimmberechtigten des Staates war fast genau gleich. Für beide Parteien mußte es darum gehen, den letzten Mann an die Wahlurne zu bringen. Ein ungewöhnlich scharfer Wahlkampf mußte sich daher mit Sicherheit entwickeln.

      Schon jetzt arbeiteten die Parteien mit Hochdruck. Zum erstenmal in der Geschichte der Union war die Losung: Hie weiß, hie schwarz!

      Schon an sich wäre das voraussichtliche Ergebnis der Wahl aus den Zahlenverhältnissen der beiden Rassen in Louisiana kaum abzulesen gewesen. Aber es blieb noch die große Menge des Mischblutes aller Grade. Außerdem die Angehörigen der gelben Rasse und ihre Mischlinge. Diese recht bedeutende Menge bildete das Objekt für die Bearbeitung von beiden Seiten. Sie konnte, ja mußte unter den obwaltenden Verhältnissen den Ausschlag geben.

      Die Propaganda der Weißen und der Schwarzen arbeitete mit riesenhaften Summen. Seitdem die Kampagne begonnen hatte, war manches half cast noch nicht nüchtern … und immer noch nicht klar darüber geworden, ob es weiß oder schwarz wählen würde. Im Bewußtsein ihrer plötzlichen politischen Wichtigkeit zeigten diese Mischlinge eine lächerliche Anmaßung. Aber die Parteien nahmen alles mit in Kauf. Doch mancher Weiße, der das unverschämte Betragen sah, gedachte wohl des Sprichwortes, daß Gott die Weißen und die Schwarzen, aber der Teufel das Mischblut geschaffen habe.

      In New Orleans, der Hauptstadt des Staates, tobte der Kampf am heftigsten. Täglich bewegten sich große Züge der Parteien durch die Hauptstraße. An der Spitze gewöhnlich als Prunkstück und Neuerwerbung ein Trupp Mischlinge. Es gab amüsante Fälle, daß mancher am Vormittag bei der einen und am Nachmittag bei der anderen Partei prätendierte.

      Reden und Versammlungen wuchsen allmählich ins Ungemessene. Serien von Rednern auf den öffentlichen Plätzen lösten sich ab.

      Die Zeitungen füllten ihre Spalten nur noch mit Wahlnachrichten. Trotzdem

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