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Menschenlos. Wolfgang Dahlke
Читать онлайн.Название Menschenlos
Год выпуска 0
isbn 9783847687252
Автор произведения Wolfgang Dahlke
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
"Gut, noch einmal: das damalige System hattet ihr aus den bekannten Energiegründen aufs Spiel gesetzt. Was waren später die Probleme?"
"Wir haben eine Gattung künstlich erzeugt, von der wir hofften, dass sie selbst Steuerungsfunktionen übernehmen könnte... Um die aufwendigen Supervisionen einzuschränken."
"Verstehe ich das richtig: Ihr habt eine Tierrasse in den Rang von Funktionsträgern gehoben, um Kontrollarbeit einzusparen?"
"So ungefähr. Wir haben erdgebundenes Material sublimiert, indem wir einen künstlichen Evolutionssprung erzeugt haben. Vereinfacht ausgedrückt: wir haben einen irdischen Affen im Design leicht verändert und ihm beschränkte Steuerungs-Kompetenz gegeben, also das, was sie Intelligenz nennen."
"Worin genau besteht das neue Problem?"
"Grob ausgedrückt: das arrogante Neuaffenmodell überschätzt sich und überschreitet permanent Kompetenzen."
"Wenn die ihre Aufgabe fehlinterpretieren, ist das eine Panne in eurer Konstruktionsabteilung! Wer hat die Oberaufsicht?"
"Die gibt es nicht mehr; wir haben mehrheitlich beschlossene Planungsperioden; und die Durchführung der Beschlüsse wird von einer ständig wechselnden Kommission überwacht."
"Na großartig! Ich hasse diese Verteilung von Verantwortung und Kompetenz. Alle reden mit, keiner blickt durch und niemand ist es hinterher gewesen! Haben die da unten übrigens eine Ahnung, welchem Reagenzglasversuch sie ihre bescheidene Sonderstellung verdanken?"
"Nicht die Bohne! Das sollen sie ja auch gar nicht. Wir haben sie zu beschränkt mitverantwortlichen Mitarbeitern einer Ordnung gemacht, die sie nicht verstehen können und sollen; und einige intelligentere Einzelwesen dieser Spezies beginnen, das zumindest zu ahnen und zu erwägen. Insgesamt, kann man feststellen, haben sie die störende Neigung zu einer sehr selbstherrlichen Welt- und Sinnerklärung. Sie beziehen alles auf sich und interpretieren es mit ihren bescheidenen Erkenntnismöglichkeiten."
"Gibt es Beispiele?"
"Zu der Zeit, als wir noch häufiger Supervisionsbesuche abstatteten, ließ es sich mitunter nicht vermeiden, dass sie uns begegneten. Es war zwar allgemein verbindlicher Beschluss, dass dies möglichst zu vermeiden sei, da Schockreaktionen oder gar tätliche Angriffe seitens der 'Menschen' genannten Primativos nicht ausgeschlossen werden konnten. Genau weiß ich nicht, wie und warum es dann zu diesen Encountern kam. Aber sie sind geschehen, das ist belegt. Und eines der Beispiele dieser Kontaktversuche habe ich ja gerade hier an Bord sitzen, hinter mir..."
"Kann das Wesen uns hören?"
"Wohl schon. Aber was nützt es ihm, es versteht uns ja nicht. Ohne Konverter!"
"Wie werdet ihr überhaupt später diesen einen Menschen los?"
"Mal sehen..."
.. An dieser Stelle weist das Manuskript des Indianers eine fast zerbrechlich dünne Schrift auf, wodurch es geradezu den Anschein hat, der Protokollant flüstere quasi beim Schreiben, um sozusagen nicht "gehört", eventuell gar ganz “vergessen“ zu werden.
"Woher weiß man das übrigens, das mit den Zusammentreffen?"
"Unsere Kommandanten jedenfalls haben es nicht zugegeben, später sogar in Anhörungen abgestritten, selbst angesichts einer erdrückenden Beweislast. Wir wissen es aus den eigenen primitiven Schriftzeugnissen der Hybridspezies, die wir uns beschafft und archiviert haben. Beispielsweise muss sich ein Kommandant erlaubt haben, in einem Gebirge zu landen, an dessen Fuß ein ganzes Volk, das sich auf der Flucht vor einem anderen befand, lagerte und ganz offenkundig auf weitere Weisungen wartete. Das bedeutet folgerichtig, dass es zuvor schon pflichtverletzende Besuche, eventuell gar Beredungen desselben Kollegen bei und mit dieser Gruppe beziehungsweise einem ihrer Sprecher gegeben haben musste. Der Sachverhalt konnte nie genau geklärt werden. Fest steht nur, dass der Betreffende - sei's unaufgefordert oder auf Verlangen seines irdischen Gegenüber - ein weiteres Wunder statuierte. Er brannte mit seiner Laserpistole einige Regeln in Steinplatten. Primitive Verhaltensgrundsätze, die zum Beispiel der Arterhaltung dienen, und allerhand dummes Zeugs, das er sich ausgedacht hat, um sich nicht allzu weit von den damaligen Moralprinzipien der nackten Affen zu entfernen, die, wie gesagt, alles gern auf sich beziehen, die Dinge nur so sehen, wie sie sie nun mal sehen können, und die sich gern von einer ihnen überlegenen Intelligenz bestätigen lassen, dass sie selbst zumindest fast ebenso schlau sind."
"Wurde der betreffende Kommandant gerügt?"
"Wie gesagt, es konnte ihm letztlich nicht hundertprozentig nachgewiesen werden. Aber das Schlimmste kommt noch: diese eitle Show war im Zusammenhang mit weiteren ähnlichen Vorkommnissen der Beginn der Theorie der Gotteserwähltheit dieser einzelnen Gruppe, was die ganze Spezies in kleine Sekten zerbrechen ließ und verheerende Folgen wie Glaubenskriege nach sich zog, die sie für oder gegen diese Theorie führten."
"Wie das?"
"Das ist nicht ganz leicht zu erklären. Zuerst einmal scheinen sie anzunehmen, dass alles auf ihrem Planeten von einem höheren Wesen geschaffen wurde, das sie Gott nennen. Diese Theorie nennen sie Glauben oder Religion."
"Damit liegen sie ja so verkehrt nicht, oder?"
"Na-ja, aber diese spezielle Gruppe nun nimmt darüber hinaus für sich in Anspruch, dass dieser Gott sie besonders bevorzugt. Dazu muss man wiederum wissen, dass diese Art zu einem lachhaften Stolz neigt, zu Eitelkeit, Begriffe, die wir in unseren etymologischen Lexika unter überwundenes Urempfinden nachlesen müssen."
"Nur dass unser besagter Kommandant diese Emotionen offensichtlich auch noch kannte! Gibt es dafür weitere Beispiele!"
"Jeder von denen ist gern besser als der andere, teils individuell, das geht noch halbwegs, teils als ganzes Volk, als Nation oder gar Rasse, wie sie es nennen; dann wird es gefährlich, für die anderen. Sie haben nämlich, das sollte ich vielleicht erwähnen, leicht abweichende Hauttönungen, über deren tiefere Bedeutungen sie sich Gedanken machen. Ein kleines Kind schon, das eine hellere Haut hat als ein anderes, zeigt, sofern diese Tönung nicht durch Sonneneinstrahlung oder künstliche Strahlung erzeugt und dann zu gegenteiliger Bewertung führt, bereits eindeutig Anzeichen solcher Empfindungen. Zumal diese von seinen biologischen Realisationsagenten, Eltern genannt, lebhaft unterstützt werden. Oder jemand ist stärker oder kann schneller Lösungen finden als ein anderer. Dann ist er stolz oder wird eitel. Oder er ist schöner..."
"Was bedeutet das?"
"Kurz gesagt: weil wir sie nicht immer wieder selbst aus den Grundelementen zusammensetzen wollten, aus denen sie bestehen, haben wir sie, wie auch die anderen Arten, mit einer eigenen Reproduktionsfähigkeit versehen, die sie halbwegs beherrschen."
"Nur, letztlich begreifen tun sie den Mechanismus nicht, oder?"
"Keineswegs! Das hindert sie aber nicht daran, einzugreifen und die Vorgänge hier und da schon mal zu manipulieren..."
"Aber, du wolltest von der Theorie der Gotteserwähltheit reden und was das mit dieser, wie du sagst, Eitelkeit zu tun hat..."
"Moment, gedulde dich; da komme ich gleich drauf zurück. Erst noch einmal zu diesem Hauptgrund für Eitelkeit: Schönheit. Es handelt sich bei den Erdianern um paradoxe Wesen, grundsätzlich primitiv und nur rudimentär vernunftbegabt. Schönheit ist ein auf ihre primitivsten Systemanteile ausgerichteter Paarungsanreiz. Fällt er weg, bleibt die Zeugung aus. In den meisten Fällen jedenfalls. Vereinfacht ist das Phänomen mit körperlicher Wohlausstattung identisch, also einem sichtbar einfacheren und regelmäßigeren Design und Konstruktionsprofil, das