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      Sie ging voran und die zwei Piloten mussten sich sputen, um mit der schlaksigen Ärztin mitzuhalten. Klara trat in Paris' Büro ein, ohne zu klopfen; sie schien das ganz normal zu finden. Paris' Kopf schnellte hoch von einem Dossier, welches er gerade studiert hatte und bemass die Ärztin mit einem tadelnden Blick, den diese jedoch komplett ignorierte. Sie strahlte den Master an und winkte die beiden Piloten herein.

      "Alles pico-bello!", konstatierte sie. "Hundertprozentig durchgecheckt und für echt befunden. So gut wie neu!" Sie zwinkerte ihm zu, was Paris zu einem Stirnrunzeln bewegte; er war sich offensichtlich mehr Respekt gewohnt. Klara wandte sich zum Gehen. "Da ist nur noch ein Test für Laura ausstehend … Ich brauche sie nachher nochmals für den Befund.", fügte sie über die Schulter hinzu. Paris' Stirnrunzeln vertiefte sich. "Nichts Schlimmes.", sagte Klara - ab und zu schien sie doch noch auf Reaktionen ihrer Mitmenschen einzugehen - "Sie ist auf jeden Fall gesund. Kein Anlass zur Sorge." Und damit war sie auch schon verschwunden.

      Paris blickte noch einige Sekunden wütend zur Tür und wandte sich dann den zwei Rückkehrern zu, die etwas verloren herumstanden. Er bedeutete ihnen mit einer Handbewegung, sich zu setzen. Sie setzten sich schweigend. Paris hatte die Hände gefaltet und blickte sie schweigend an, seiner Physiognomie war nichts zu entnehmen. Ferry fand es an der Zeit, das Schweigen zu brechen.

      "Danke für die Tetanus-Impfung! Eine echte Wohltat, sehr zuvorkommend." Die Bemerkung war vielleicht ein wenig bissig gewesen, doch er fühlte sich immer noch gekränkt, dass sein Freund und Vorgesetzter ihm misstraut hatte. Egal, was gewesen war und wie lange sie unterwegs gewesen waren, er fand, dass Paris ihm hätte vertrauen müssen.

      Der Master musterte ihn lange mit einem Blick, der nichts verriet. War er etwa immer noch sauer? Oder unschlüssig, ob sie "echt" waren?

      "Immer wieder gerne...", kam es endlich hinter dem Schreibtisch hervor. "Ich mache mir halt Sorgen um meine Piloten… Vor allem, wenn sie über einen Monat wegbleiben, ohne sich zu melden…!" Es war schwer zu sagen, ob der Gesichtsausdruck, den Paris angenommen hatte, ein Lächeln sein sollte. Wenn ja, schien es ihm nicht so richtig zu gelingen… Vermutlich war er aus der Übung gekommen, was irgendwie verständlich war. Wieder fiel Ferry auf, wie silbergrau das Haar seines Vorgesetzten durchwoben war. Man sagte ja, dass seelischer Stress graue Haare verursachen konnte. War es möglich, dass Paris wegen ihnen grau geworden war? Das klang irgendwie ironisch, und nicht eben nach dem Paris, den Ferry kannte. Sein Chef war steinhart und eiskalt. Ferry hatte ihn nie emotional gesehen. Vielleicht war das mangelnde Aufmerksamkeit seinerseits, ging es ihm durch den Kopf, auch Paris war nur ein Mensch… Auch er hatte vermutlich Gefühle, auch wenn er sie normalerweise nicht zeigte. Ein betretenes Schweigen trat ein.

      Paris starrte auf die Schreibtischplatte und fuhr sich schliesslich mit den Händen übers Gesicht und durch die kurz geschorenen Haare. Er seufzte tief. Gleich zweimal.

      "Ihr seid es also wirklich…", murmelte er. Ein Ruck schien durch seinen Körper zu gehen und er richtete sich auf. Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen und man schien eine Röte auf seinen dunklen Wangen erahnen zu können.

      "Wo zum Teufel habt ihr gesteckt!? Was habt ihr euch eigentlich gedacht!? What the fuck happened!?" Jetzt schien es um Paris' Contenance geschehen zu sein. Wenn er in seine Muttersprache wechselte, und dazu auch noch fluchte - was Ferry noch nie erlebt hatte - dann schien er wirklich aufgebracht zu sein!

      Paris war wirklich laut geworden, er hatte gebrüllt. Die verschollen geglaubten Heimkehrer zogen unwillkürlich die Köpfe ein. Ferry riskierte einen Seitenblick durch die immer noch offenstehende Türe hinaus in die Kommandozentrale. Auch bei geschlossener Türe hätte man Paris bis in den hintersten Winkel des Raumes hören können… Die Blicke aller Mitarbeiter waren auf das kleine Büro gerichtet; alle schienen den Atem anzuhalten.

      Ferry stand langsam auf und schloss die Tür; dann setzte er sich wieder und schaute seinen Vorgesetzten direkt an. Laura schien in ihrem Stuhl versteinert. Sie starrte zu Boden und schien das Schlimmste zu erwarten.

      "Hör mal, Paris. Wir haben gerade erst erfahren, wie lange wir scheinbar weg waren… Aber für uns waren es nur zehn Tage! Du wirst nicht glauben, was wir alles erlebt haben…"

      Der Vorgesetzte schnaubte.

      Dann erzählten sie Paris, was sie in Atlantis erlebt hatten.

      Kapitel 2 - Eine Überraschung

      "Was soll das heissen, "flug-untauglich"? Du hasst sie ja wohl nicht mehr alle!" Laura war ausser sich. Ihr Gesicht war tiefrot angelaufen und ihre gesamte Körperhaltung strahlte Aggressivität aus. "¿Que mierdas me estás diciendo?" Was für eine gequirlte Scheisse erzählst du mir? Auch bei ihr galt: wenn sie emotional wurde, dann wechselte sie in ihre Muttersprache… Von unten herauf funkelte sie Klara an, die Nasenspitzen der zwei Frauen berührten sich fast. Die Hände hatte Laura zu Fäusten geballt und vom Körper gestreckt, nur mit Mühe schien sie sich zu beherrschen, die Ärztin nicht am Kragen zu packen und zu schütteln.

      "Du hast gesagt, ich sei gesund! Also was soll der Mist?" Normalerweise war Laura nicht ein Mensch der Kraftausdrücke, doch die Nachricht, die Klara ihr überbracht hatte, offensichtlich das Resultat der ausstehenden Labortests, frustrierte sie über alle Massen.

      Entgegen ihrer Annahme hatte Paris sie nicht aus dem Corps geworfen! Nachdem sie ihm die ganze Geschichte erzählt hatten, war der Master in ein langes, tiefes Schweigen verfallen. (Ferry hatte ihm jedoch noch nichts von dem Erlebnis erzählt, welches er nach der Schlacht von Mollis gehabt hatte. Er fand, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war. Er würde es seinem Freund erzählen, wenn er sich etwas beruhigt hatte.)

      Paris war sehr still geworden. Am Ende hatte er sie entlassen und gesagt, dass er froh sei, dass sie zurück seien und er sie beide so schnell wie möglich wieder im aktiven Dienst haben wolle. Und dass er noch einmal mit Ferry sprechen wolle. Er schien ebenfalls gemerkt zu haben, dass da noch etwas zwischen ihnen offen stand... Sie sollten ihm angeben, wann sie dazu bereit wären, zurückzukommen. Er zeigte sogar Verständnis dafür, dass sie vielleicht ein paar Tage ausspannen wollten.

      Danach hatte er ihnen ihre Handfeuerwaffen zurückgegeben.

      Laura war anschliessend pflichtbewusst noch einmal zur Ärztin gegangen, um die fehlenden Laborergebnisse abzuholen. Und Klara hatte ihr eröffnet, dass sie nicht mehr fliegen durfte! Sie müsse sie fluguntauglich schreiben… Rausgeworfen werden war eines, doch fluguntauglich? Das war vermutlich die grösste Schande für einen Piloten, die überhaupt denkbar war. Laura tobte weiter.

      "Was sagt denn dein verfickter Test? Was habt ihr Quacksalber gefunden, um mich kaltzustellen? Sag's doch gleich, wenn ihr mich loswerden wollt! Kommt das von Paris? Den mach ich zur Schnecke! So ein verlogener Heuchler!" Laura konnte sich nicht mehr beherrschen. Sie schubste die Ärztin jetzt vor sich her.

      Nach dem Gespräch mit Paris hatte sie sich so erleichtert gefühlt. Er hatte ihr keine nennenswerte Vorwürfe gemacht, ausser, dass sie sich ohne Erlaubnis davongeschlichen hatte. Dafür würde es eine Strafe geben, einen Verweis, oder Strafarbeit. Zehn Schichten Nachtwache in der Kommandozentrale oder so.

      Klaras Bescheid jedoch kam einer Katastrophe gleich! Ein fluguntauglicher Pilot war… ja, was? Kein Pilot mehr! Eine Nullnummer, die man nicht mehr brauchen konnte!

      Laura brach in unbeherrschtes Schluchzen aus. Erstaunlicherweise schien Klara auch von diesem menschlichen Verhalten weitgehend unbeeindruckt; sie lächelte Laura nur an. Das Schubsen und Schreien schien sie ihr zu verzeihen.

      Ferry stand daneben und blickte verlegen zu Boden. Es war ihm peinlich, dass Laura so einen Skandal machte, andererseits verstand er auch, dass es vermutlich das Schlimmste war, was Laura passieren konnte. Ferry war auch rausgeworfen worden, doch niemand hätte ihm je verbieten können zu fliegen… Das Fliegen war sein Leben!

      Er wusste, dass es Laura nicht anders ging, und es schmerzte in seiner Brust: Laura tat ihm so leid! Ausserdem wusste er: gegen den Bescheid der Chefärztin gab es keinen Rekurs, ihr Wort stand über allem…

      Laura

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