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die Grösse von Lauras Fingern erkannt zu haben.)

      Ungläubig starrte Laura auf den Ring an ihrem Finger. Dann fiel sie ihm um den Hals und begann zu schluchzen. Sie erwürgte ihn fast, doch er liess es gerne geschehen.

      "¡Sí, sí, sí!", weinte sie in seinen Hals. Ja, ja, ja!

      Ferry wusste nicht, wann er jemals so glücklich gewesen war: das war noch besser als die Rettungsaktion in Atlantis! Mit aller Kraft drückte er seine zukünftige Frau an sich. Er schickte ein weiteres Dankeschön an Gott, der ihn erhört hatte.

      Nach einem langen, tränenfeuchten und intensiven Kuss, schob sich Laura von ihm weg und schaute ihn ernst an.

      "Ich will aber nicht Schwarz heissen… Das klingt so… nach schwarzer Witwe!", gestand sie ihm und schlug die Augen nieder. Black war nur sein Übername im Corps. Ferrys richtiger Name war Ferdinand Schwarz. Er lachte auf.

      "Hidalgo ist viel schöner! Behalt deinen Namen, das ist okay für mich."

      Laura konnte ihr Glück kaum fassen: dieser Mann war ein Geschenk Gottes, fand sie. Ferry kramte in seiner Hosentasche.

      "Da ist noch etwas… Noch etwas, das fehlt: ich möchte dir etwas schenken." Mit leerem Ausdruck starrte sie ihn an. Was konnte es auf der Welt geben, was er ihr noch schenken wollte? Gerade eben hatte er ihr alles gegeben, was sie je gewollt hatte: seine Liebe, für immer!

      Ferry hielt ein kleines, violettes Samt-Täschchen hoch, griff nach Lauras Hand, drehte sie um, dass die Handfläche nach oben schaute, und legte den Beutel hinein. Dann schloss er behutsam ihre Finger über dem samtenen Beutel.

      "Was…?", begann sie, öffnete die Hand und schaute den Beutel an, als ob sie ihn mit ihrem Blick röntgen wollte. Langsam, ganz langsam öffnete sie das Täschchen und lugte hinein, doch sie konnte nichts erkennen. Es war mittlerweile dunkel geworden und das flackernde Kerzenlicht reichte nicht aus. Behutsam griff sie hinein und ihre Stirn kräuselte sich: sie schien erfühlen zu wollen, was in dem Beutel war, doch sie konnte nicht erkennen, was es war. Langsam zog sie ihre Hand heraus und brachte dabei eine feine Goldkette mit. Es gab einen fast unmerklichen Ruck in der Kette, als ein Gewicht am Ende der Kette das Herausziehen verlangsamte. Ferry hielt gespannt die Luft an. Endlich kam der Anhänger aus dem Beutel hervor und Laura hielt ihn sich vors Gesicht, um ihn zu mustern. Es war ein tropfenförmiger, geschliffener Stein von tief violetter Farbe. Die Facetten des Schliffs glänzten im Kerzenlicht.

      "Sie hatten keinen Lapislazuli…", sagte Ferry, "Das ist ein Zirkonia: tolle Kristallstruktur, sehr hart, etwa acht Mohs! Der geht so schnell nicht kaputt… Und du brauchst doch wieder ein IFO…" Er hatte ihr einen Ersatz für ihren gebrochenen Lapislazuli-Ring geschenkt, der bisher der Materieträger ihres IFOs gewesen war!

      Lange schaute Laura die Diamant-Imitation an. Sie schien sich erst mit dem Gedanken anfreunden zu müssen, ein neues IFO zu kreieren. Schliesslich schloss sie die Hand um den Stein und schloss die Augen. Nach einigen Minuten öffnete sie sie wieder und schaute Ferry direkt an. In ihren Augen lag etwas, was Unglaube sein konnte, Verwunderung, Liebe, Fassungslosigkeit. Und Freude.

      "Weisst du, dass ich mir auf dem Flug durch den Nebel Gedanken darüber gemacht habe, was mein nächstes IFO sein wird? Ich hatte mich für einen tropfenförmigen Stein entschieden. Ich wollte, dass mein neues IFO wie eine Wolke aussieht. Eine Föhnwolke." Sie musste schlucken. "Genau so. Genau so habe ich mir den neuen Stein vorgestellt! Er ist gut. Ich kann die Energie spüren, die er hat… Er ist wirklich gut! Wie hast du das wissen können?" Entgeistert schaute sie ihn an. Verlegen schaute er zurück.

      "Ich habe es gespürt. So ein Master-Ding, weisst du?", sagte er. "Ich habe das Gefühl, dass ich seit Atlantis viel mehr spüre, viel mehr wahrnehme, was um mich herum vorgeht… Das ist neu für mich, aber schön! Verwirrend manchmal, aber schön. Als ich den Stein beim Juwelier gesehen habe, hatte ich das Gefühl, dass er mich ruft... Gefällt er dir?" Er griff nach Lauras Hand und spürte den goldenen Ring unter seinen Fingern: es fühlte sich gut an. Sanft streichelte er mit dem Daumen darüber. Laura schien das neue Gefühl des Ringes an ihrem Finger auch zu spüren und es schien auch ihr zu gefallen, sie lächelte. Dann nickte sie.

      "Ja. Er ist perfekt! Das wird meine Wolke werden…", flüsterte sie. Plötzlich hielt sie inne und wurde ernst. "Abgesehen davon, dass ich nicht mehr fliegen darf." Ihre Miene hatte sich verfinstert. Doch Ferry lächelte sie vergnügt an.

      "Du darfst nicht mehr fürs Corps fliegen… Reglement-Scheiss! Das heisst doch nicht, dass du nicht in deiner Freizeit fliegen kannst! Willst du ihn gleich ausprobieren?" Er strahlte sie an wie ein kleiner Junge, der ein neues Spielzeug bekommen hatte.

      "Du bist so gut zu mir…", sagte Laura, "Aber nein. Morgen. Lass uns erst den Abend geniessen…" Sie stand vom Sofa auf und fasste ihn an der Hand.

      "Ich will jetzt meinen zukünftigen Mann im Bett haben!" Sie zwinkerte ihm zu.

      Kapitel 4 - Gespräch mit Paris

      Paris und Ferry sassen auf der Terrasse des Kennedy's Irish Pub und tranken ein Bier. Paris hatte ein grosses Brooklyn Brewery bestellt und Ferry ein Kilkenny Red: herrlich! Der Mai war wirklich ungewöhnlich warm und sonnig. Es war Freitag, und bald würden die Studenten der nahegelegenen Schulen und Institute wie eine wilde Horde über das Pub hereinbrechen. Doch es war noch früher Nachmittag und sie waren fast alleine auf der Terrasse. Sie sassen zuhinterst in der Ecke, an der Hauswand.

      Bart, der irische Besitzer, winkte einen Gruss im Vorbeigehen. Scheinbar war er schon wieder auf dem Weg zu einem seiner vielen Projekte. "Good to see you!", rief er, bevor er in seinen Lieferwagen stieg und davonröhrte. Ferry war ein gerngesehener Gast hier, ein Stammgast. In den letzten drei Jahren hatte er in der Zimmerstunde häufig hier gesessen, bei einem Pint über sein verkorkstes Leben nachgedacht und von Laura geträumt. Ferry winkte zurück.

      Sie hatten sich zwei Tage der Erholung gegönnt. Am Tag nach dem Heiratsantrag hatte Laura ihr neues IFO, die "Wolke", materialisiert. Sie waren dazu mit der Toilette nur kurz an die vertraute Stelle an der Sihl geflogen, wo Ferry häufig seine Flugübungen machte. Das Materialisieren hatte auf Anhieb geklappt, was bei einem neuen Masseträger nicht unbedingt üblich war. Doch Ferry hatte nicht daran gezweifelt: Laura war stark und erfahren und sie wusste, was sie wollte. Die Wolke war ein extrem schnittiges Objekt, vor allem im Vergleich zu Lauras erstem IFO, welches riesig und sperrig gewesen war und wie ein überdimensionierter Frisbee aussah, mit umgestülpter Salatschüssel obenauf.

      Die Wolke war tropfenförmig, das dicke Ende vorn und damit sehr aerodynamisch. Von vorn glich es ein wenig Ferrys IFO, nur dass die Kuppel bei Laura höher war. Von der Seite betrachtet war es jedoch deutlich länger und endete in einem eleganten Spitz. Die Wolke hatte kleine Seitenflügel und ein kurzes Schwert unten in der Mitte, jedoch nicht so ein riesiges Teil wie das Vorgängermodell. Die Kuppel war ungewöhnlich hoch, fand Ferry, doch Laura erklärte ihm, dass sie im IFO stehen können wolle. Wahrscheinlich hatte sie sich das überlegt, als sie mit der Queen durch den Nebel geflogen waren und Ferry seine Turnübungen gemacht hatte, wobei er sich immer wieder den Kopf an der Kanzel gestossen hatte. Laura war durch und durch praktisch veranlagt. Praktisch war gut, fand Ferry, ergo eine hohe Kanzel.

      Wiederum dominierte die Farbe Blau. Das mediterrane Azurblau verlief gegen hinten in ein perlmuttartig schimmerndes Silbergrau. Das Interieur war weitgehend gleich wie früher, abgesehen vom Armaturenblock, der deutlich massiver verankert war. Die Armaturen ihres Ex-Fluggeräts hatten Laura beim Crash in Atlantis eingeklemmt und dabei war ihr Bein gebrochen. Das würde ihr nicht noch einmal passieren, meinte sie lakonisch; weder der Abschuss noch die Havarie. Das Bein hatte Ferry zum Glück mit Hilfe Dunkler Energie heilen können.

      Laura war einige Runden die Sihl hoch und runter geflogen und fühlte sich in ihrem neuen Fluggerät offensichtlich pudelwohl. Sie hatte gestrahlt, als sie endlich ausgestiegen war.

      "¡Fantástico!", strahlte sie und fiel Ferry um den Hals. Fantastisch! "Sie ist schneller, wendiger und viel ruhiger in den Kurven!", erklärte sie. "Und sie beschleunigt fast so schnell wie die Queen!" Das hielt Ferry für eine

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