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wurde neugierig

       und begehrte, das Tier zu sehen; er schickte Cleomades

       mit einer Schar Bewaffneter auf den Turm, sein

       Flugzeug zu holen. Der Jüngling fand das Pferd im

       nämlichen Zustand vor, wie er es verlassen hatte; er

       brachte es dem König und dieser betrachtete es mit

       Erstaunen. Die Königin hatte Erbarmen mit dem jungen

       Mann und bat ihren Gemahl um Gnade. Dieser

       hätte ihm gern verziehen, wenn ihn seine Lüge nicht

       verdächtig gemacht hätte. Er wandte sich an seine

       Ratgeber und fragte sie, was er mit dem Gefangenen

       tun solle. Die Meinungen gingen weit auseinander,

       aber schließlich einigte man sich dahin, daß er gehängt

       werden solle. Da bedachte sich Cleomades und

       sprach: »König, ich fürchte den Tod nicht, aber da ich

       Euch nicht entgehen kann, bitte ich Euch um eine

       Gnade: hängt mich nicht wie einen Straßenräuber! Ich

       bin ein Ritter und verdiene einen ehrenvollen Tod.

       Laßt mich mein Pferd besteigen und dann durchbohrt

       mich mit Euern Pfeilen und Schwertern.« Der König

       gestand ihm diese Gnade zu, denn es war ihm gleichgültig,

       auf welche Weise er ums Leben käme. Rings

       um das Roß versammelten sich die Knechte mit Spießen,

       Lanzen, Pfeilen, Schwertern und Stöcken; große

       Steinblöcke hielten sie im Schoß, um sie auf den Gefangenen

       zu schleudern. Cleomades bestieg freudigen

       Herzens sein Gefährt, als er aber oben saß, legte er

       seine Hand an die Stirn des Tieres, drehte den Zapfen

       und sogleich durchschnitt die Maschine die Luft, so

       daß die Zurückbleibenden mit geöffneten Mäulern dastanden

       und meinten, der Leibhaftige habe sie genarrt.

       Cleomades nahm seinen Flug nach Spanien, wo er

       mit größter Freude empfangen wurde. Seine erste

       Bitte war, Crompart aus dem Gefängnis zu entlassen,

       die Hand Marinas freilich habe er durch seine Treulo-

       sigkeit verwirkt. Der Bucklige war sehr bekümmert,

       als ihm der König seine Tochter verweigerte und er

       verließ ihn voll Scham und Trauer ohne Abschied. Er

       entließ sein Gefolge, das er in Sevilla zurückgelassen

       hatte, er selber aber blieb in der Stadt, um eine günstige

       Gelegenheit abzuwarten, daß er sich am König

       und besonders an Cleomades rächen könne. Er kleidete

       sich als Arzt und übte das Gewerbe eines Heilkünstlers

       aus. Den Königssohn indessen ließ die

       Liebe zu Clarmondine nicht rasten, und er glaubte

       nicht eher Ruhe zu finden, bis er sie als seine Gattin

       heimgeführt habe. Als drei Tage verstrichen waren,

       nahm er von seinem Vater Abschied, um zu ihr zurückzukehren.

       Er nahm denselben Weg, den er gekommen

       war und ließ sein Flugzeug unter einer Ulme

       in der Nähe von König Carmans' Schloß zu Boden

       gleiten, um dort in Furcht und Hoffnung den Anbruch

       der Nacht zu erwarten. Als der Mond aufgegangen

       war, bestieg er sein Roß wieder und flog ruhig und

       sicher in die Burg. Er ließ den Turm zur Seite liegen

       und senkte sein Gefährt in das Blumengärtlein hernieder,

       wo ihn der König letzthin überrascht hatte. Dort

       stieg er ab und verbarg das Pferd in einer Mauernische.

       Die Tür der Schlafkammer der Prinzessin stand

       offen, um dem Duft der Blüten Eintritt zu gewähren,

       und Cleomades gelangte ungehindert in das Gemach.

       Er blieb einen Augenblick stehen und überzeugte sich

       zunächst, ob alles schlief, dann trat er an das Bett der

       Jungfrau und weckte sie mit einem Kuß. Sie schlug

       mit einem Seufzer die Augen auf und sprach: »Ach,

       wer hat mich geküßt?« Beim Licht der Kerzen erkannte

       sie den Jüngling sogleich, aber sie wußte

       nicht, ob sie schweigen oder schreien solle, denn sie

       mißtraute dem Fremden, obwohl sie ihn liebte.

       »Herr,« sagte sie, »ich sollte Euch zürnen, weil Ihr

       neulich eine Lüge geredet habt.« »Jungfrau, ich

       schwöre Euch, daß ich Euch heute die Wahrheit sagen

       will. Cleomades heiße ich und mein Vater herrscht

       über Spanien.« Bei diesen Worten jubelte Clarmondinens

       Herz, denn der Ruhm seiner Heldentaten war

       schon in ihr fernes Land gedrungen und vom Hörensagen

       hatte sie den Vollbringer so vieler edler Taten

       schon geliebt. Sie fragte ihn, warum er gekommen sei,

       und er flüsterte ihr leise, leise, damit die Wärterinnen

       nicht erwachten, seinen Plan ins Ohr und bat sie mit

       aufgehobenen Händen, sie möge mit ihm in seine

       schöne Heimat ziehen, um an seiner Seite als Königin

       zu herrschen. »Herr,« sagte sie, »ich ergebe mich in

       Euern Willen. Aber ich fürchte, mein Vater wird nicht

       in diese Heirat einwilligen, denn er hat mich schon für

       einen andern bestimmt.« Es bedurfte geringer Überredungskunst,

       um sie zur Flucht mit ihm zu bewegen.

       Darauf verließ Cleomades das Gemach, um sie im

       Garten zu erwarten. Die Prinzessin weckte indessen

       ihre Gespielinnen und erzählte ihnen, daß der berühmte

       Ritter Cleomades gekommen sei, um sie mit

       sich in sein Land zu führen. Die Jungfrauen, die

       gleichfalls schon viel von der Tapferkeit des spanischen

       Königssohnes gehört hatten, lobten ihre Wahl

       und redeten ihr zu, mit ihm zu fliehen. Darauf traten

       sie alle vier in das Gärtlein und die Wärterinnen trugen

       dem Paar einen Imbiß auf und baten den Königssohn,

       sie sobald als möglich in sein Land zu rufen.

       Die Prinzessin aber war bekümmert, daß sie ihre Eltern

       verlassen sollte, und Cleomades mußte ihr versprechen,

       daß er ihr noch einmal Gelegenheit geben

       wolle, sie zu sehen. Die Wärterinnen mahnten nun die

       Liebenden, nicht länger mehr zu verharren, denn

       König Carmans hatte die Gewohnheit, bei Tagesanbruch

       sich zu erheben

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