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Tage gezählt waren, überschritt

       er einen Bach, glitt von der Brücke und verschwand

       in den Wogen, und Teufel trugen seine Seele zur

       Hölle.

       Der König und der Weise

       Ein König hatte in seinem Lande einen weisen und

       reichen Mann wohnen, fand aber keine Gelegenheit,

       aus ihm Geld herauszupressen. Da richtete er drei

       Fragen an ihn, die er lösen müsse, wenn er nicht eine

       gewaltige Summe Geldes zahlen wolle. Die Fragen

       aber schienen unlösbar zu sein. Die erste war: wo der

       Mittelpunkt der Erde sei? Die zweite: wieviel Maß

       Wasser das Meer enthalte? Die dritte: wie groß die

       Barmherzigkeit Gottes sei? Am bestimmten Tage nun

       wurde der Weise in Anwesenheit des gesamten Hofes

       aus dem Kerker, in welchem er gefangen gehalten

       wurde, herbeigeholt, um sich loszukaufen, wenn er

       nicht die erwähnten Aufgaben löse. Da stieß er mit

       dem Stab auf den Boden und sagte: »Hier ist der Mittelpunkt

       der Welt. Widerlege es, wenn du kannst.

       Willst du, daß ich das Maß des Meeres ausmesse, so

       halte die Flüsse und alle Wasser an, damit sie nicht

       ins Meer dringen, bis ich es ausgemessen und dir die

       Zahl der Maße gesagt habe. Die dritte Aufgabe werde

       ich lösen können, wenn du mir deine Gewänder abtrittst,

       damit ich vom Thronsessel aus meine Antwort

       gebe.« Hierauf, als er sich auf dem Thronsessel und in

       königlichem Schmucke befand, sagte er: »So höret

       und sehet die Erhabenheit von Gottes Erbarmung,

       denn ich war eben ein Sklave, nun bin ich ein König

       geworden, eben war ich arm, nun bin ich reich, eben

       war ich in der Tiefe, nun bin ich erhöht, eben in Kerker

       und Ketten, nun aber in Freiheit.« So ist der Mittelpunkt

       der Barmherzigkeit Gottes überall im gegenwärtigen

       Leben, seiner Gnaden ist keine Zahl und

       seine Erhabenheit und Allgegenwart äußert sich darin,

       daß der Sünder aus den Fesseln und Gefängnissen der

       Sünde durch den Weg der Buße zum Himmelreiche

       gelangt.

       Crescentia

       Wir lesen, daß ein römischer Kaiser eine wunderschöne

       unde ngelreine Gemahlin hatte, welche er, da

       er in Amtsgeschäften verreisen mußte, mitsamt seinem

       Lande seinem Bruder zur Verwahrung übergab.

       Der Bruder bedrängte sie, durch ihre Schönheit verlockt,

       mit Versprechungen, Drohungen und Gewalt.

       Da sie ihn aber verschmähte und sich tapfer gegen ihn

       wehrte, so verklagte sie der Bruder nach der Rückkehr

       des Kaisers bei diesem, indem er sein Verbrechen auf

       sie zu wälzen trachtete. Der Gatte schenkte dem Verleumder

       ohne weiteres Glauben, mißhandelte die

       Frau, als sie ihm entgegeneilte, mit Füßen und Fäusten

       und übergab sie zwei Sklaven, damit sie sie

       heimlich in den Wald führten und enthaupteten. Diese

       wollten ihr, durch ihre Schönheit verleitet, gerade Gewalt

       antun, während sie sich aus Leibeskräften wehrte

       und die Hilfe der heiligen Jungfrau, der sie ergeben

       diente, mit lauter Stimme anrief, als ein fremder Edelmann

       vorüberkam. Er hörte das Geschrei, lief herzu,

       befreite sie und tötete die Sklaven. Sie selbst aber

       nahm er mit sich und betraute sie mit den Obliegenheiten

       einer Hausfrau, indem er ihr seinen Sohn zur

       Pflege überließ. Unterdessen bedrängte sie der Bruder

       ihres neuen Herrn. Da sie aber nicht einverstanden

       war, sondern sich tapfer mit den Fäusten wehrte und

       ihm blutige Striemen beibrachte, erwürgte dieser,

       während sie schlief, den neben ihr ruhenden Sohn des

       Bruders, um die ihm zugefügte Unbill zu rächen. Daraufhin

       überlieferte sie ihr Herr einigen Schiffern, welche

       sie in ewige Verbannung führen sollten. Diese

       wollten sie vergewaltigen und dann ins Meer werfen,

       setzten sie aber auf ihre Bitte hin auf einer Insel an

       Land, wo ihr die selige Jungfrau erschien, die sie tröstete

       und ihr ein gewisses Kraut zeigte, welches die

       schlimmsten Krankheiten zu heilen vermochte, besonders

       aber wurden die Aussätzigen durch diese Pflanze

       geheilt, vorausgesetzt, daß sie ihre Sünden beichteten.

       Das Gerücht von einer solchen Heilkraft drang bis zu

       den Ohren ihres Herrn. Er führte seinen Bruder –

       jenen, der ihr hatte Gewalt antun wollen und das Kind

       getötet hatte und nun zur Strafe aussätzig geworden

       war – zu ihr. Sie erkannte beide und sagte, selbst unerkannt,

       daß es zu einer solchen Heilung zunächst der

       Beichte des Kranken in Gegenwart seines Bruders bedürfe.

       Da jener aber das vorher erwähnte Verbrechen

       nicht erwähnte, so nützte die Medizin nichts. Nun

       sagte sie vor allem Volke, daß der Kranke bisher eine

       Sünde verheimlicht habe und daß infolgedessen die

       Heilung verhindert werde. Da ermahnte ihn der Bruder

       und beschwur ihn, alles zu gestehen, und jener

       enthüllte sein Vergehen und wurde geheilt. Als der

       Kaiser dieses Wunder erfuhr, ließ er sie, da sein Bruder

       gleichfalls hochgradig aussätzig geworden war, zu

       sich kommen und bat sie unter großen Ehrungen um

       die Heilung seines Bruders. Sie entgegnete, daß sie

       ihn nur dann heilen könne, wenn er seine Schuld vor

       aller Welt bekenne. Da er anderes gestand, das, was

       er gegen sie gefehlt hatte, aber verheimlichte, so

       wurde er nicht eher geheilt, bis er auf das Drängen des

       Kaisers hin das gegen sie begangene Verbrechen

       beichtete. Der Kaiser war untröstlich, da er sie nicht

       erkannte. Als der Bruder geheilt war, berief sie den

       Kaiser zu sich und besänftigte seinen Zorn gegen

       jenen. Er aber erkannte sie während der Unterredung

       an gewissen Zeichen, nahm sie wieder auf, und aller

       Schmerz wurde in Freude verwandelt. Die Kaiserin

      

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