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weil er ein so

       leichtes Gebot übertreten habe, und du hast ein noch

       leichteres nicht gehalten.« Hierauf ließ der Eremit von

       seiner Anmaßung ab und vertauschte seinen Groll mit

       Mitleid.

       Der Engel und der Waldbruder

       Einst wurde ein Eremit vom Geiste der Lästerung versucht

       und grübelte darüber nach, wie doch die Urteile

       Gottes ungerecht seien, wie die Guten in Kummer und

       die Schlechten in Freuden lebten. Da erschien ihm ein

       Engel in Menschengestalt und sprach zu ihm: »Folge

       mir, denn Gott schickt mich, daß du mit mir gehest

       und ich dir den verborgenen Sinn seiner Urteile

       zeige.« Und er führte ihn in das Haus eines biederen

       Mannes, der sie wohlwollend und gastfreundlich aufnahm

       und mit allem Nötigen bewirtete. Am anderen

       Morgen aber entwendete der Engel ihrem Gastfreunde

       einen Becher, welchen dieser sehr hoch schätzte.

       Hierüber begann der Eremit zu murren, denn er

       glaubte, jener sei nicht von Gott gesandt. Die nächste

       Nacht verbrachten sie im Hause eines Mannes, der

       ihnen ein schlechter Wirt war und der sie unfreundlich

       behandelte. Diesem gab der Engel den Becher, den er

       dem guten Gastgeber gestohlen hatte. Als der Eremit

       solches sah, wurde er noch betrübter und begann eine

       noch schlechtere Meinung von seinem Begleiter zu

       bekommen. Von dort weitergehend nächtigten sie ein

       drittes Mal im Hause eines guten Mannes, der sie mit

       großer Freude empfing und ihnen reichlich mit allem

       Notwendigen aufwartete. Am anderen Morgen gab er

       ihnen einen jungen Mann, seinen Diener, mit, daß er

       ihnen den Weg zeige. Diesen stürzte der Engel von

       einer Brücke herab und ertränkte ihn im Wasser. Als

       der Eremit solches sah, wurde er traurig und ärgerlich.

       In der vierten Nacht nahm sie ein trefflicher Mann

       aufs beste auf, brachte ihnen mit heiterer Miene reichliche

       Speise und ließ ihnen geeignete Lagerstätten

       herrichten. Aber das kleine Söhnchen des Gastwirtes,

       das einzige, das er hatte, begann in der Nacht zu weinen

       und hinderte sie am Schlafen. Da stand der Engel

       nächtlicherweile auf und erwürgte den Knaben. Als

       der Eremit solches sah, glaubte er, sein Gefährte sei

       der Satan selber und wollte sich von ihm trennen.

       Jetzt endlich redete der Engel und sprach: »Deshalb

       hat mich der Herr zu dir geschickt, daß ich dir den

       verborgenen Sinn seiner Urteile zeige, und damit du

       erfahrest, daß nichts auf der Erde ohne Grund geschieht.

       Jener wackere Mann, dem ich den Becher

       fortnahm, liebte ihn zu sehr, bewahrte ihn neidisch

       und dachte häufig an den Becher, wenn er an Gott

       hätte denken sollen. Deshalb habe ich ihn ihm zu seinem

       Heile genommen und jenem schlechten Wirte,

       der uns in seinem Hause übel aufnahm, gegeben,

       damit er seine Vergeltung noch in diesem Leben empfange,

       denn im Jenseits wird ihm kein Lohn mehr zuteil

       werden. Jenen Diener aber habe ich ertränkt, weil

       er sich vorgenommen hatte, am folgenden Tage seinen

       Herrn zu töten, und so habe ich unseren guten Gastgeber

       vor dem Tode errettet, seinen Diener aber vor

       einer Mordtat, damit er, ohnehin schon ein Mörder

       dem Vorsatze nach, um etwas weniger in der Hölle

       bestraft werde. Unser vierter Gastfreund endlich tat

       viel Gutes, ehe er den Sohn hatte und bewahrte alles,

       was er an Lebensmitteln und Kleidung erübrigte, für

       die Armen auf; als aber sein Knabe geboren war, zog

       er seine Hand von den Werken der Barmherzigkeit

       zurück und bestimmte alles für seinen Sohn. Ich habe

       ihm den Anlaß zur Habsucht genommen und gleichzeitig

       die Seele des unschuldigen Kindes ins Paradies

       gebracht.« Als der Eremit solches hörte, wurde er von

       jeder Versuchung befreit und begann die Urteile Gottes,

       deren Sinn verborgen ist, mit lauter Stimme zu

       preisen.

       Der Wolf in der Vorratskammer

       Es wird erzählt, daß der Fuchs den mageren Wolf

       überredete, ihm in eine Vorratskammer Stehlens halber

       zu folgen. Der Wolf aber fraß so viel, daß er

       durch die enge Öffnung, die ihm Einlaß gewährt hatte,

       nicht mehr herauskonnte, und er mußte so lange fasten,

       bis er seine ehemalige Magerkeit wieder erreicht

       hatte. Er wurde indes überrascht und geprügelt und

       mußte unter Zurücklassung seines Pelzes flüchten.

       Der büßende Räuber

       In einem Hause jenseits des großen Sees bei Neuenburg

       in der Diözese Lausanne wohnte ein Geistlicher

       namens Wilhelm, der wegen der Wunder, die Gott um

       seinetwillen gewirkt haben soll, für heilig gilt. Ein

       Ritter, der ihn besuchte, fragte ihn, warum er sich so

       durch Fasten, Tränen und Bußhemden abtöte und abmühe.

       Der Geistliche antwortete, es drohe ihm am

       Tage des Gerichts ein Flammenmeer von der Größe

       des Sees, und es bedürfe der ganzen Kraft seiner

       Buße, um dem höllischen Feuer zu entgehen. Und er

       erzählte als Beispiel, daß ein Räuber, der seinen Gegnern

       entfloh, sich in Gestalt des Kreuzes zu Boden

       warf, als er sah, daß kein Entrinnen mehr möglich sei,

       und bekannte, er habe den Tod wohl verdient; weil er

       Gott beleidigt habe. Er weinte darüber, gestand, daß

       er ein Sünder sei und bat seine Verfolger, daß sie, um

       Gott mit ihm zu versöhnen, seine Glieder der Marter

       preisgäben. Einem Eremiten, der schon viele Jahre in

       den Bergen büßend verbracht hatte, wurde offenbart,

       wie Engel die Seele dieses Räubers unter Lobgesängen

       in den Himmel trugen. Dafür wußte der Eremit

       Gott keinen Dank, sondern er ärgerte sich und bedachte,

       daß er, der sich allen Kasteiungen ausgesetzt

       habe, auf

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