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der Schmerz ihr Herz zerriß, traten die Christen, das

       Herz voll Festesfreude, aus dem Gotteshaus. Das Judenbüblein

       eilte heim und lief seinen Eltern entgegen.

       Da fragte der Vater mit bösem Blick, wo es gewesen

       sei, und das Knäblein antwortete furchtsam, es sei mit

       den andern Kindern im Dom des Herrn gewesen und

       habe vor dem goldenen Altar mit den andern gespeist.

       Als der Vater hörte, daß das Kind die Kommunion

       empfangen habe, da knirschte er vor Wut mit den

       Zähnen. Ganz in der Nähe stand ein Glasofen mit loderndem

       Feuer. Der Vater packte den Knaben unter

       den Armen und warf ihn in die Flammen, dann versperrte

       er den Ofen von außen, damit der Körper zu

       Asche werde. Die Mutter des Knäbleins aber raufte

       vor Schmerz ihre Haare und schrie, so daß das Volk

       zusammenströmte und nach der Ursache ihres wilden

       Gebarens fragte. Da erzählte sie den Leuten die Missetat

       ihres Mannes. Die Leute öffneten den Ofen mit

       Gewalt und blickten in die flackernde Glut und siehe:

       der Knabe war heil und unversehrt. Zwar züngelten

       die Flammen an ihm herauf, von allen Seiten umleckte

       ihn das Feuer, aber er spielte mit den Funken, als

       seien es Blümlein auf grüner Au. Da faßte die Menge

       freudiges Staunen, und sie fragten das Knäblein, wie

       ihm bei der Marter zumute gewesen sei? »Marter?«

       erwiderte er, »ich fühlte keine! Als sich der Ofen

       schloß, da erschien die hehre Frau, die ich dort im

       Münster bei den Christen geschaut, wie sie dem Priester

       half, die Speise auszuteilen. Sie stand neben mir

       und hielt einen lächelnden Knaben an ihrer Brust,

       mitten im Feuer stand sie, und mit ihrem weiten Mantel

       wehrte sie die Flammen von mir ab. Ich habe

       weder Schmerz noch Pein gefühlt. Wie durch einen

       blühenden Garten schritt sie durch die Glut, wahrhaftig,

       das muß eine gute und heilige Frau sein!« Als die

       Leute dieses hörten, da lobten sie Gott und seine glorreiche

       Mutter. Der alte Jude wurde in den Ofen geworfen

       und zu Asche verbrannt, wie er es verdient

       hatte, die Mutter aber ließ sich nebst ihrem Söhnlein

       taufen, und das gleiche taten viele Juden um der seligsten

       Jungfrau Maria willen, die den Judenknaben vor

       dem Feuertod gerettet hatte.

       Die Nonne und der Ritter

       Einst lebte in einer Abtei, deren Sakristanin sie war,

       eine Nonne von heiligmäßigem Wandel; ihr ganzer

       Sinn war auf gute Werke gerichtet, sie betete fleißig

       und ehrte Gott und seine Heiligen, vor allem aber verehrte

       sie Tag und Nacht die Mutter Gottes. Jedesmal,

       wenn die gewohnte Stunde gekommen war, kniete sie

       allein vor dem Bilde Unserer lieben Frau nieder und

       bat sie um Vergebung für ihre Sünden. Der Dienst

       Mariens war ihre einzige Speise, und um die Dinge

       dieser Welt sorgte sie sich nicht. Ihre guten Werke

       würdigten sie so, daß sie eine Freundin Gottes und

       der heiligen Jungfrau, der sie diente, wurde. So groß

       war ihre Begnadung, daß die Kranken zu ihr kamen

       und Genesung fanden, wenn ihre Hand sie berührte.

       Lange Zeit verharrte sie so im Wohltun, bis der Teufel,

       der das Gute wo er kann vernichtet, sie versuchte

       und schließlich zu Fall brachte. Ein Ritter entführte

       sie aus dem Kloster und verlockte sie durch Versprechungen,

       daß sie sich ihm ganz zu eigen gab. Sie vergaß

       ihren Eid und warf ihr Ordensgewand vor dem

       Bild der Himmelskönigin beiseite, sie floh das Licht

       und tauchte in die Finsternis. Wie ein Wanderer, dem

       die Kerze verlöscht, auf nächtlichen Pfaden in den

       Abgrund stürzt, so wandelte sie die finsteren Wege

       der Welt, die ins endlose Feuer führen.

       Zwei Jahre verharrte sie in sündiger Fleischeslust,

       aber dann erinnerte sie sich plötzlich ihrer Meisterin

       und Freundin, der heiligen Jungfrau, welche sie feige

       verlassen hatte. Sie ward freudenlos und krank, als sie

       ihrer Untreue gedachte. Es kam ein Tag, da ihr Geliebter

       sie mit harten Worten tadelte, sie eine entlaufene

       Nonne schalt und ihr aus Eifersucht ihren Fehl und

       ihren Wandel vorhielt. Schmerzbewegt erwiderte sie

       ihm: »Ihr redet wahr! Ich bin noch schlechter, als jemand

       mich schelten könnte. Nun ist mir recht geschehen,

       wohl habe ich Tadel verdient, da ich mich von

       Gott und der erhabenen Herrin abgewendet habe, die

       mich würdigte ihre Ärztin zu sein. Aber Gott ist nicht

       tot. Wenn ich mich bemühe, ihm wieder zu dienen

       und meine Sünden bereue, so kann mir vielleicht Vergebung

       werden, denn Gott verheißt dem reumütigen

       Sünder Erbarmen.«

       Wie eine Irrsinnige eilte sie von hinnen und lief so

       lange, bis sie zu ihrer Rechten den Turm einer weißen

       Abtei gewahrte. Dorthin wandte sie sich und traf zufällig

       den Abt vor der Tür, der sich, als er sie in Tränen

       sah, vor ihr erhob. Sie warf sich ihm zu Füßen, er

       aber richtete sie auf und vergoß Tränen des Mitleids.

       Weinend bekannte sie ihm ihren Kummer und ihre

       Schuld. Der gute Abt sah durch ihr Antlitz in ihr Herz

       und sprach: »Schwester, oft wählt man den unrechten

       Weg und Gott läßt es zu, daß der strauchelt, den er

       liebt, damit er sich neu gestärkt erhebe. So müßt auch

       Ihr Euch erheben und Buße tun, durch die Ihr die Verzeihung

       Gottes und seiner Mutter finden werdet, die

       mit freigebiger Hand ihr Erbarmen dem reuigen Sünder

       spenden.« »Herr, ich bin bereit, meinen armseligen

       Leib zu geißeln, meinen Leib, der der Urgrund

       meiner Sünden ist. Ach, wenn es sein könnte, daß ich

       wieder Gottes Freundin würde, nie wollte ich ihn wieder

       erzürnen.« »Liebe Freundin, ich werde Euch

       sagen, wie Ihr Buße tun sollt.

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