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Französische Volksmärchen in deutscher Sprache - 583 Seiten. Ernst Tegethoff
Читать онлайн.Название Französische Volksmärchen in deutscher Sprache - 583 Seiten
Год выпуска 0
isbn 9783742762917
Автор произведения Ernst Tegethoff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
weißen Ritters und seiner Waffen. Höret nun, was ich
beschlossen habe. Der mir zweimal so geholfen hat,
hat großen Lohn verdient, wenn er ihn nur von mir
annehmen wollte. Kommt er uns diesmal wie sonst zu
Hilfe, so will ich ihn festnehmen lassen, damit ich
ihm den Lohn für seine Dienste erstatten kann. Dreißig
gute Ritter will ich in ein Gehölz in Hinterhalt
legen, wo er, wie man mir berichtet, nach der Schlacht
vorbeireitet. Dort soll er überfallen und festgenommen
werden, wenn er kommt und Gott ihn dahinführt.
«
Die dritte Schlacht endete durch Roberts Eingreifen
mit einer endgültigen Niederlage der Türken. Als Robert
in sein Versteck zurückkehren wollte, sah er sich
von den Rittern, die aus dem Hinterhalte hervorbrachen,
angegriffen. Er sprach kein Wort, sondern sah
schweigend die Ritter an, um die er sich wenig zu
kümmern schien; doch war er traurig und wußte nicht,
was er tun solle. Er scheute sich, ihnen Widerstand zu
leisten, denn er wußte wohl, daß der Kaiser sie hierher
bestellt hatte, damit er ihn belohnen könne. Aber
danach trug er kein Verlangen. Wurde er andererseits
festgenommen, so war sein Geheimnis verraten und er
konnte nicht mehr bleiben. So begann er in Gedanken
zu Gott dem Herrn zu beten, daß er ihn schütze und
kein Ritter ihn fangen könne, und er floh talabwärts,
so schnell ihn sein Roß zu tragen vermochte, hinter
ihm aber erhob sich eine Staubwolke von denen, die
ihn verfolgten. Solange eilten sie ihm nach, bis ihre
eigenen Pferde, der langen Verfolgung müde, erschöpft
stehen blieben. Nur einem gelang es, auf
einem Seitenpfade in Roberts Nähe zu gelangen. Eben
wollte er dem fliehenden Roß in die Zügel fallen, als
Robert eine plötzliche Schwenkung machte. Als jener
sah, daß er ihn nicht fangen konnte, drohte er ihm, er
würde sein Pferd erstechen, wenn er nicht stillhalte.
Er legte seine Lanze ein, um das Tier am Gürtel zu
treffen, aber der Stahl verfehlte sein Ziel und traf Robert
in den Schenkel. Bis zum Schaft drang die Waffe
in das Fleisch, aber trotzdem hielt Robert nicht an,
sondern eilte unter Schmerzen und blutend von dannen.
Er drückte seine Wunde mit der Hand zu, damit
das Blut nicht zu Boden tropfe und ihn verrate. Der
Ritter, der ihm die Wunde beigebracht hatte, blieb
hinten und zog seine verbogene Lanzenspitze zurück.
Das Eisen aber trug er nicht heim, das steckte in Roberts
Wunde.
Als Robert in großen Schmerzen heimgekommen
war, zog er das Eisenstück aus dem Schenkel und ver-
grub es. Wieder neigte sich beim Mahl die Königstochter
vor dem Narren und gab durch Zeichen zu verstehen,
daß sie ihn für den Sieger halte.
Um den Fremden zu veranlassen, sich zu entdekken,
ließ der Kaiser auf offenem Markte ausrufen, daß
der weiße Ritter, der sich durch das Eisenstück ausweisen
müsse, die Prinzessin zur Gemahlin erhalten
solle. Solches erfuhr der verräterische Seneschall. Er
ließ sich weiße Waffen verfertigen, brachte sich eine
Wunde am Schenkel bei und ließ das Eisen darin. Vor
den versammelten Baronen empfing ihn der Kaiser,
und alles war überzeugt, daß der Seneschall der Retter
Roms sei. Schon wollte der Kaiser die Hand seiner
Tochter in die des Verräters legen, da geschah ein
Wunder. »Meine Tochter,« sagte der Kaiser, »sei heiter
und freundlich und schmücke dich schön, denn ich
führe dir deinen Gemahl zu. Es ist der Seneschall
meines Reiches, der einst mit mir um deinetwillen
Krieg geführt hat. Er ist der tapfere Ritter mit den
weißen Waffen, der uns gerettet hat. Dreimal war er
uns ein so guter Schutz, daß die Türken uns keinen
Schaden zufügen konnten, sondern weichen mußten.
Tochter, zeig ihm ein freundliches Gesicht und laß
das Weinen, denn das weiß Gott, der höchste König,
daß er derselbe Ritter ist, der sich im Sturm so gut gehalten
hat.« »Lieber Vater,« antwortete die Stumme,
»wisset, daß er es nicht ist!« Staunend wich die
Menge zurück und der Kaiser wollte seinen Ohren
nicht trauen. »Ich bin jederzeit stumm gewesen,« fuhr
die Jungfrau fort, »bis zu dieser Stunde, da Ihr auf
mich eindranget, daß ich den Seneschall zu meinem
Liebsten nähme. Gott will nicht, daß er mich erhalte,
denn nicht er trug die Wunde beim Heimweg aus der
Schlacht davon. Was er Euch auch erzählen mag,
alles ist Lüge. Ein anderer als er ist der Retter Roms,
da steht er, der büßende Narr. Gott will, daß er seine
Buße ende, und darum hat er dieses Wunder bewirkt.
« Um ihre Worte zu bekräftigen, grub sie die
Lanzenspitze aus, denn sie hatte beobachtet, wie Robert
sie vergraben hatte, und der Ritter, der ihn verwundet
hatte, erkannte sie als zu seiner Lanze gehörig.
Alles Volk jubelte und Robert gab sich zu erkennen,
doch nur, um auf die Hand der Kaisertochter zu
verzichten und sein Leben in der Tiefe des Waldes als
Einsiedler zu enden.
6. Parzival in der Graalsburg
Parzival gedachte einst seine Mutter aufzusuchen und
gelangte auf dem Wege an einen Strom, den keine
Brücke überspannte. Er ritt eine Zeitlang flußaufwärts,
bis ihm ein großer Felsblock den Weg versperrte.
Der Jüngling schaute sich um und sah eine
Barke auf dem Strome abwärts gleiten, in welcher
zwei Männer saßen, und er blieb stehen, um zu warten,
bis sie in seine Nähe käme. Aber plötzlich blieb
das Fahrzeug mitten in der Strömung ruhig stehen, als
ob es