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Französische Volksmärchen in deutscher Sprache - 583 Seiten. Ernst Tegethoff
Читать онлайн.Название Französische Volksmärchen in deutscher Sprache - 583 Seiten
Год выпуска 0
isbn 9783742762917
Автор произведения Ernst Tegethoff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
doch darf ich sie ohne ihre Erlaubnis nicht betrachten,
und das ist das einzige, was mir Zweifel und Furcht
verursacht.« Als der Erzbischof dieses hörte, riet er
dem jungen Mann, er solle durchaus seine Geliebte
sehen, um sich zu überzeugen, ob sie nicht ein vermummter
böser Geist sei. Dann eröffnete ihm die
Mutter, daß sie ein Mittel besitze, um sie unbemerkt
zu betrachten. Aber wenn er sie erblicke, solle er sich
vor allzu großem Schrecken hüten, denn der Teufel
sei maßlos häßlich. Sie gab ihm eine Zauberlaterne,
welche kein Wind zu löschen vermochte. Parthonopeus,
den die Ermahnungen des Bischofs erschreckt
hatten, ging in die Falle und nahm die Laterne mit.
Dunkle Nacht war es, als er im Schlosse Meliurs
anlangte. Die schwerbeladenen Tafeln ließ er heute
unberührt und eilte, seine Laterne sorgfältig unter
dem Mantel verbergend, ins Schlafgemach. Ganz angekleidet
warf er sich aufs Bett, so groß war seine
Ungeduld, Meliur zu sehen. Als die Kerzen erloschen
waren, erschien die Fee, warf ihren Mantel ab und
legte sich neben ihren Geliebten. Als der junge Mann
sie neben sich fühlte, zog er seine Laterne plötzlich
unter der Decke hervor und erblickte die Fee im hellen
Lichtstrahl. Nie hatten seine Augen ein schöneres
Weib gesehen. Meliur aber erbleichte und erst jetzt
sah Parthonopeus, daß er töricht gehandelt habe. Voll
Wut warf er seine Laterne gegen die Mauer, so daß
sie zersplitterte, und verfluchte den Tag, da er sie erhalten.
In diesem Augenblicke fühlte er, wie sehr man
ihn betrogen, da die Frau, die man ihm als den häßlichsten
aller Teufel geschildert hatte, das schönste
Weib auf Erden war. »Süßer Freund,« klagte die Fee,
»was habe ich dir getan, daß du mich so mit Schmach
bedeckst? Tat ich etwas gegen deinen Willen, daß du
mir so zürnst?« Durch die Übertretung des Verbotes
nämlich hatte die Fee ihre Zaubermacht verloren, und
kaum war die unbedachte Tat geschehen, als Ritter
und Frauen in das Gemach strömten, die mit Fingern
auf das Paar wiesen. Parthonopeus wurde aus dem Feenlande
gewiesen und suchte verzweifelt den Tod
unter den wilden Bestien des Ardennerwaldes. Wie
der junge Held von einer mächtigen Fee gerettet
wurde und schließlich doch noch die Hand der schönen
Meliur bei einem Turnier gewann, sollt ihr ein andermal
hören.
Kapitel 2
5. Robert der Teufel befreit Rom von den
Türken
In ihrer Verzweiflung, kein Kind vom Himmel zu erhalten,
vergaß sich einst die Herzogin der Normandie
soweit, eines vom Teufel zu erbitten, und sie gebar
einen Sohn von außergewöhnlicher Stärke und Schönheit,
der den Namen Robert erhielt. Aber bald zeigte
sich die höllische Herkunft des Knaben: er biß seine
Ammen, erschlug seine Erzieher und mißhandelte die
Priester. Sein Vater suchte vergebens edlere Gefühle
in ihm zu erwecken, indem er ihm den Ritterschlag erteilte;
bei dem aus diesem Anlaß abgehaltenen Turnier
zeigte Robert der Teufel, wie man ihn von nun an
nannte, erst seine ganze Grausamkeit. Als ihn sein
Vater daraufhin von seinem Hofe verjagte, wurde er
zu einem Banditen, mißhandelte die frommen Wallfahrer
und ermordete die Einsiedler. Solange setzte er
sein zügelloses Räuberleben fort, bis ihn selbst vor
dem Schrecken, den er einflößte, grauste; da zwang er
seine Mutter, ihm die näheren Umstände seiner Geburt
zu enthüllen. Als er seine Herkunft erfahren
hatte, warf er seine Waffen weg, bekleidete sich mit
Bußgewändern und wallte nach Rom, um beim Heiligen
Vater Vergebung für seine Sünden zu suchen.
Der Papst glaubte die Verantwortung einer solchen
Absolution nicht übernehmen zu können und wies
Robert an einen Eremiten, der ihn wieder zu einem
zweiten und dritten schickte. Auf Befehl des Himmels
legte ihm der letzte diese Buße auf: wie ein Narr solle
er sich gebaren, solle sich der menschlichen Stimme
entwöhnen und mit den Hunden seinen Fraß suchen,
bis der Himmel ein Zeichen der Versöhnung gebe.
Von nun ab wohnte Robert unter einer Stiege des
Kaiserpalastes in Rom, wo ein Hund seine Unterkunft
hatte, der mitleidig sein Stroh mit ihm teilte.
Der Kaiser hatte eine Tochter, welche stumm geboren
war, um diese warb ein Seneschall seines Hofes,
dessen Werbung aber abgewiesen wurde. Aus Groll
rief dieser die Türken, welche Rom mit einem gewaltigen
Heere belagerten. Unter Führung des Kaisers
zogen die Römer zur Schlacht. Die Frauen und Jungfrauen
Roms geleiteten das Heer zu den Toren der
Stadt und empfahlen unter Tränen den Kaiser und
sein Heer dem Schlachtenlenker. Als Robert in seiner
Hundehütte das Heer ausziehen sah, war er dem Weinen
nahe. Wie gern wäre er mitgezogen, wenn er nicht
gefürchtet hätte, die Gnade dessen zu verscherzen, um
dessen willen er Buße tat. Denn einen anderen als
Gott fürchtete er nicht. »O Gott,« betete er in Gedanken,
»der du so manche Seele aus den Krallen des
Teufels gerettet hast, wie gerne eilte ich dem Kaiser
zu Hilfe und kämpfte für ihn gegen die stolzen Tür-
ken! Aber es ist nicht dein Wille und ferne sei es von
mir, mich in einen Kampf einzulassen. Aber wenn du
mich würdigtest, es zu wollen, so sollte die Sarazenen
meine Ankunft bitter schmerzen, mit meinem blanken,
hartgeschmiedeten Schwert würde ich ihre Leiber zerschneiden,
und wären ihrer auch tausendmal