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steht.«

       Bertha hatte indessen den Wald durchschritten und

       gelangte nach mannigfachen Gefahren in das Haus

       eines biederen Mannes Namens Simon, der ihr bereitwillig

       Unterkunft gewährte. Sie ernährte sich mit

       Handarbeiten und blieb neun Jahre lang im Hause Simons

       wohnen. Um diese Zeit brach die Königin Blancheflur

       von Ungarn auf, um ihre Tochter zu besuchen.

       Auf ihrer Reise traf sie einen Bauern und befragte ihn

       über die Königin, von deren Herrschaft sie nichts

       Gutes gehört hatte. »Frau,« erwiderte jener, »ich muß

       mich über Eure Tochter beklagen! Ich hatte ein einziges

       Pferd, mit dem ich für mich, meine Frau und

       meine kleinen Kinder mein Brot verdiente. Sechzig

       Groschen hat es mich gekostet, und ich brachte auf

       ihm meine Waren in die Stadt. Das hat sie mir wegnehmen

       lassen. Gott strafe sie dafür!« Die Königin

       hatte Mitleid mit dem Bauern und ließ ihm hundert

       Groschen in die Hand drücken, wofür er ihr dankbar

       den Steigbügel küßte.

       An einem Montage ritt die alte Königin in Paris

       ein. Pippin hörte es und brachte voll Freude seiner

       Gattin selbst die Nachricht. Als die Magd diese Botschaft

       hörte, wurde sie sehr bestürzt, doch stellte sie

       sich, als ob sie lache. Sogleich rief sie ihre Mutter und

       Tybert und fragte sie um Rat. »Ich rate,« sagte die

       Alte, »daß meine Tochter sich krank stellt. Um nichts

       in der Welt darf sie ihr Bett verlassen. Können wir

       den Betrug solange durchführen, bis die alte Königin

       heimkehrt, so brauchen wir fürderhin nichts mehr zu

       fürchten.« Der Rat wurde befolgt; sogleich wurde ein

       Lager hergerichtet, und die Magd legte sich nieder

       und stellte sich krank. Der König, den die angebliche

       Krankheit seiner Frau sehr bekümmerte, ging allein

       der alten Königin entgegen. »Was macht Bertha,

       meine Tochter?« war ihre erste Frage. »Ach, Herrin,

       sobald sie erfuhr, daß Ihr kämet, wurde ihr Herz von

       Freude so bewegt, daß sie sich niederlegen mußte,

       und seitdem ist sie nicht wieder aufgestanden. Aber

       wenn sie Euch erblickt, wird ihr gewiß sogleich besser

       werden.« Als die Königin das Schloß betrat, warf

       sich Margiste ihr schmerzheuchelnd zu Füßen: »Margiste,

       « sagte Blancheflur, »wo ist meine Tochter, ich

       will sie gleich sehen.« »Herrin,« jammerte das falsche

       Weib, »zum Unheil bin ich geboren! Eurer Tochter ist

       die Freude über Eure Ankunft so zu Herzen gegangen,

       daß sie ihr Bett nicht mehr verlassen kann. Laßt sie

       doch bis zum Abend ruhen!« Als Blancheflur nach

       dem Essen ihre Tochter aufsuchen wollte, stellte sich

       ihr die böse Alte mit ausgebreiteten Armen entgegen.

       »Sie ist gerade ein wenig eingeschlafen, um Gottes

       willen, kehrt wieder um!« Blancheflur wartete, bis

       ihre Tochter erwachen würde; unterdessen unterhielt

       sie sich mit der Alten und fragte sie nach Aliste.

       »Herrin,« log das Weib, »sie starb auf dem Stuhle sitzend

       eines plötzlichen Todes, ich weiß nicht, welches

       Übel sie auf der rechten Brust hatte, ich glaube, sie

       wäre zuletzt noch aussätzig geworden. Ich ließ sie

       ganz im geheimen in der alten Kapelle bestatten.«

       Endlich konnte sich Blancheflur nicht länger halten,

       sie befahl einer Jungfrau, sie mit einer Kerze ins

       Schlafzimmer der Königin zu begleiten, aber Tybert,

       der bei der Kranken Wache hielt, trieb das Mädchen

       sogleich mit Schlägen zurück: »Geh', Hündin, unsre

       Herrin will schlafen, sie kann durchaus kein Licht

       vertragen.« Blancheflur trat im Dunkeln an das Bett

       der Magd. »Mutter, seid willkommen!« sagte diese

       mit so schwacher Stimme, daß man sie kaum verstand,

       und dann, auf eine Frage der Mutter nach ihrem

       Befinden: »Mutter, ich leide solchen Schmerz, daß ich

       weiß geworden bin wie Wachs. Die Ärzte sagen mir,

       daß die Helligkeit mein Leiden verschlimmern würde.

       Ich wage Euch daher nicht bei Licht zu begrüßen, so

       schmerzlich es mir auch ist. Aber nun laßt mich um

       Christi willen ruhen!« Blancheflur erhob sich kopfschüttelnd:

       »Bei Gott!« sagte sie, »das ist meine

       Tochter nicht, die ich hier vorgefunden habe. Wenn

       sie halbtot wäre, so hätte diese mich umarmt und geküßt.

       « Dann rief sie ihr Gefolge und ließ trotz der

       Alten und Tyberts Widerstreben das Fenster öffnen

       und Licht bringen. Sie riß die Decken vom Bett herunter

       und betrachtete die Füße der Kranken: sie waren

       nur halb so groß wie die ihrer Tochter. »Verrat!«

       schrie sie, »Betrug! das ist meine Tochter nicht, es ist

       die Tochter der Margiste! Weh! Sie haben mir mein

       Kind getötet, meine Bertha, die mich so sehr liebte!«

       Als der König den Betrug erfuhr, ließ er die alte Hexe

       zum Feuertode führen, Tybert wurde von vier wilden

       Rossen totgeschleift, die falsche Braut wurde um ihrer

       Kinder willen geschont, doch mußte sie das Land verlassen.

       Einst hatte sich König Pippin auf der Jagd im

       Walde von Le Mans verirrt, da traf er auf Bertha, die

       ihn in das Haus Simons führte. Pippin, der schon

       lange im Sinn hatte, sich wieder zu verheiraten, fand

       an Simons sittsamer Pflegetochter Gefallen und ersuchte

       sie, ihm nach Paris zu folgen, um seine Gattin

       zu werden. Bertha wies die Werbungen des Fremden

       dadurch ab, daß sie sich ihm als Pippins Gattin offenbarte.

       Der König gab sich nicht zu erkennen, sondern

       ritt, nachdem er sich nochmals überzeugt hatte, daß er

       auch wirklich Bertha vor sich habe, nach Paris zurück.

       Dann ließ er das ungarische Königspaar einladen

       und entbot auch Simon mit seiner Pflegetochter

       an seinen Hof, wo er sich ihnen als König zu erkennen

      

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