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Monster. Manuel Blötz
Читать онлайн.Название Monster
Год выпуска 0
isbn 9783742777461
Автор произведения Manuel Blötz
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Soweit ich weiß, nicht. Aber die Kollegen der Wasserschutzpolizei prüfen das gerade.«
»Na schön.«, sagte ich und ließ meinen Blick über die Konsole schweifen. Ich muss zugeben, die ganzen Instrumente, Knöpfe und Anzeigen waren böhmische Wälder für mich. Aber lesen kann ich. Eine der vielen Informationen, die ich sehen konnte, betraf sowohl die Position, als auch die Verfügbarkeit der Rettungsboote. Und dass was dort angezeigt wurde, passte nicht ins Gesamtbild dieses Tatortes. »Wie viele Rettungsboote hat die Samphire?«
»Zwei und beide sind hier.« Er klappte das Buch zu und sah mich an. »Sie denken vermutlich das Gleiche wie ich, oder?«
»Möglich, was denken Sie denn?«
»Wenn es kein Monster war, sondern ein Mensch, wie ist er dann von Bord gekommen?«
»Vielleicht hat der Killer das Schiff nie verlassen.«
»Die Kollegen haben alles durchsucht, wenn sich jemand hier versteckt hätte, hätten wir ihn gefunden.«
»Was ist mit Svensson? Er war hier.«
»Er ist als Verdächtiger nicht auszuschließen, aber warum sollte er nach der Tat einen Notruf absetzen?«
»Um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Er erfindet einen Schiffbrüchigen, schreibt das ins Logbuch, killt anschließend seine Leute und setzt einen Hilferuf ab. Wir tauchen auf und suchen nach dem mysteriösen Fremden, den es nicht gibt und er ist raus aus der Nummer.«
»Unwahrscheinlich.« Ich konnte es nicht ausstehen, wenn mir einer überheblich kam. »Als die Kollegen von der Küstenwache ihn gefunden haben, lag er wohl bewusstlos vor dem Funkgerät da drüben. Der Notarzt hat gesagt, dass er irgendeine Droge im Körper hatte, aber was es ist, wusste er nicht. Er war von Kopf bis Fuß mit Blut bedeckt, so als hätte er in der Lobby auf dem Fußboden von beiden Seiten Schneeengel gespielt.«
»Der Mann war stinkreich. Vielleicht hat er irgendeine neue Sorte von Modedroge in sich reingepumpt, ist durchgedreht und hat seine Leute zum Abhängen in die Lobby gebracht. Dass er ein Monster gesehen hat, war nur eine Halluzination, die als Nebenwirkung von dem Zeug hervorgerufen wurde. Und zum Schluss ist er wie nach jedem guten Rausch hier oben eingepennt.«
»Und während seines völlig abgedrehten Trips hat er einen fehlerfreien und völlig rationalen Logbuch Eintrag gemacht?«
Ich sah ein, dass dieser Punkt wenig Sinn ergab. Er hätte wohl kaum einen Text mit einem geretteten Passagier erfunden und in sein Logbuch eingetragen, nur für den Fall, dass er nach seinem Rausch neben einem Haufen Leichen aufwacht.
»Sie haben recht. Wir übersehen etwas. Nur was?«, gab ich zu.
»Keine Ahnung.« Schmied zuckte mit den Schultern.
»In welches Krankenhaus haben sie den Kapitän denn geflogen?«
»Uniklinik Kiel.«
In mir zog sich alles zusammen. Genau in diesem Krankenhaus wurde ich vor zwei Jahren aus dem Koma geholt. Aber es nützte nichts, ich musste mit Svensson sprechen. Mir fiel das Boot der Küstenwache wieder ein und auch die Strickleiter und der darunter kreisende Hai drängten sich in mein Gedächtnis. Mir wurde schlecht.
»Rufen Sie mir einen Heli. Er soll auf dem Dach landen. Ich erwarte ihn dort.« Johann Schmied grinste mich an. »Leider müssen wir alle mit dem Boot fahren. Budgetkürzungen.«
»Schöner Scheiß. Aber wenn ich gefressen werde, dann war das Ihre Schuld!«
Er sah mich verwirrt an. »Gefressen, Herr Kommissar?«
»Vergessen Sie´s.«
Widerwillig ging ich die Treppe wieder hinunter zurück in die Lobby. Die Kollegen nahmen unter den wachsamen Augen von Florian langsam und behutsam die Leichen von der Decke und steckten sie in die dafür vorgesehenen Säcke. Ich zupfte zur Verabschiedung an meinem imaginären Hut und ging mit diesem stillen Gruß hinaus auf das Außendeck. Ich sog die kalte salzige Seeluft ein. Zum ersten Mal an diesem Tag genoss ich den Geruch des Meeres.
Ich ließ die gesammelten Informationen Revue passieren und versuchte mir ein einigermaßen sinnvolles Bild zu machen. Die Besatzung des Schiffes betrug vier Mann plus Kapitän. Laut Logbuch hatte die Samphire vor zwei Tagen einen zusätzlichen Passagier aufgenommen, der im Wasser trieb. Beide Rettungsboote waren da, und dennoch fehlte uns jetzt ein mysteriöser Mann. Vielleicht hat der Kapitän den Eintrag nur gefälscht, um von sich abzulenken. Den blinden Passagier konnte er wieder über Board geschmissen und seinem Schicksal überlassen haben. Aber dann wäre das Ganze eine geplante Tat gewesen und das passt irgendwie nicht zum Rest der Geschichte. Wieso hat er sich nicht aus dem Staub gemacht? Ich musste ihn befragen, also hieß es Arschbacken zusammenkneifen, Strickleiter runter und in der Nussschale zurück nach Kiel fahren.
Universitätsklinik, Kiel 2014
Die automatischen Türen des Universitätskrankenhauses in Kiel öffneten sich und ich stand wenige Sekunden später in einem riesigen Flur. Seit ich diesen Ort vor zwei Jahren das letzte Mal gesehen hatte, hat sich rein gar nichts geändert. Nachdem ich von meinem Exkollegen niedergeschossen worden war, wachte ich zwei Stockwerke höher in einem der Krankenbetten wieder auf. In dem Moment, als mich die Kugel traf, dachte ich eigentlich, dass mein Leben vorbei wäre. Aber irgendwie schafften es die Götter in weiß, nicht nur mich ins Leben zurückzuholen, sondern mich auch fast wieder fehlerfrei herzustellen. Nur bei starken Wetterumschwüngen tut die Narbe noch weh, aber damit komme ich klar.
Ich ging auf den Infoschalter zu und bemerkte, dass sich nicht nur der Raum nicht geändert hatte, sondern dass auch die dicke Dame am Empfang immer noch dieselbe war. Sie hatte große Mühe ihren Kopf zu heben, als ich mich demonstrativ über den Tresen lehnte, um sie zu begrüßen.
»Hallo Sonnenschein«, trällerte ich ihr entgegen.
»Guten Tag, was kann ich für Sie tun?« Die Lebensfreude in Person, wie damals.
»Mein Name ist Kommissar Logat, ich suche einen Ihrer Patienten. Sein Name ist Carsten Svensson. Wo kann ich ihn finden?«
»Moment.«, Sie tippte mit ihren kleinen dicken Fingerchen auf der Tastatur herum und fand schließlich, wonach ich suchte. »Er liegt im zweiten Stockwerk, Raum 217. Gehen Sie aber nicht einfach in das Zimmer, sondern melden Sie sich bei den Schwestern vor Ort.«
»Danke.« Ich drehte mich um und ging in Richtung der Fahrstühle. »Und bleiben Sie fröhlich!«
Ich stand im Fahrstuhl und suchte die Knopfleiste ab, um den zweiten Stock zu finden. Die Zahlen waren, wie auf meiner Fernsehfernbedienung, schon sehr ausgeblichen und so brauchte ich einen Moment. Schließlich fand ich ihn aber. Das Ding setzte sich in Bewegung und es knarrte und quietschte aus allen Ecken. Nur der Hinweis, der an der Wand hing, dass der Aufzug regelmäßig geprüft wurde, hielt mich davon ab, den Alarmknopf zu drücken.
Durchgeschüttelt und mit wackeligen Beinen kam ich im zweiten Stockwerk an und ertappte mich dabei, das Boot der Küstenwache, als gar nicht mehr so schlimm zu erachten. Ich nahm mir vor, auf dem Rückweg die Treppe zu nehmen.
Ich informierte die Damen am Stationspunkt über mein Erscheinen, in dem ich meinen Dienstausweis hochhielt und am Tresen vorbei ging.
»Ich kenn mich aus, hab´ hier mal gewohnt.« Schnurstracks ging ich den Flur hinunter. Die Wände waren in einem beigefarbenen Ton angemalt. Zwischen den Türen waren Bilder aufgehangen worden, die versuchen sollten, den tristen Anblick dieses Ganges ein bisschen aufzulockern. Leider ohne Erfolg. Der Fußboden hatte ein Muster, das selbst, als es in den Fünfzigern verlegt wurde, schon out war. Meine braunen Lederbrogues klackerten auf dem hässlichen Steinboden.
Ich erreichte Zimmer 217, welches erstaunlich nah an meiner ehemaligen Unterkunft gelegen war. Mein Magen krampfte sich zusammen, als die Erinnerungen an die Zeit wieder aufkamen, in der ich hier fast gestorben wäre. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich in meinem weißen Nachthemd den Flur hinunter schleichen. Meine Hände krallten sich