Скачать книгу

noch wenige Menschen stehen bei ihm. Dicht hinter ihm verweilen Bodyguards oder Security, die dafür sorgen, dass die Fans auch wieder gehen. Wieso ist er hier herausgekommen? Wieso ist er nicht irgendwo geschützter an die frische Luft gegangen? Oder warum ist die Band nicht gleich im Anschluss an das Konzert ins Hotel gefahren? Er scheint wohl den Trubel um seine Person zu mögen.

      Der letzte Fan bedankt sich überschwänglich bei ihm und geht zurück ins Gebäude. Chris stülpt sich die Kapuze über den Kopf, wechselt ein paar Worte mit seinen Bodyguards und kommt anschließend schnurstracks auf sie beide zu. Panik kriecht in ihr hoch, doch als sie mitbekommt, dass er gar nicht zu ihnen will, sondern lediglich aus dem Schein der Straßenlampe treten möchte, wird sie wieder etwas ruhiger. Sie wendet sich der Programmtafel zu, um ihn nicht anstarren zu müssen. Hastig zündet sie sich erneut eine Zigarette an, um sich von ihrer eigenen Nervosität abzulenken.

      »Entschuldigt bitte«, sagt der Sänger plötzlich, als er neben ihnen steht. Ihre Freundin dreht sich zu ihm herum. »Oh, Hallo. Sonja, richtig?«

      »Ja, genau«, erwidert diese.

      Nun kann er auch noch Namen perfekt den Gesichtern zuordnen, schießt es ihr durch den Kopf. Gibt es irgendetwas Negatives an ihm?

      »Hättet ihr ein Feuer für mich? Ich habe meins drinnen liegen lassen.«

      Die Gefragte zupft an Liliths Bluse. Tief Luft holend dreht sie sich zu ihm herum und reicht ihm ihr Feuerzeug.

      »Vielen Dank.« Kurz blickt er sie an, und als er das Feuer anzündet, betrachtet sie ihn. Sie beißt sich auf die Unterlippe, um ein Seufzen zu unterdrücken. Dieses Gesicht ist einfach …

      »Lilith?«, fragt er erstaunt.

      »J … ja«, stockt sie. ›Lass ihn bitte weiterhin glauben, dass wir uns auf einem Konzert getroffen hätten.‹ Schluckend nimmt ihr Feuerzeug entgegen.

      »Hi!« Damit reicht er ihr seine Hand.

      Zögerlich ergreift sie sie, doch sie bekommt kein Wort über ihre Lippen. Seine Stimme, seine blauen Augen! Eine sanfte, aber doch kräftige Hand erwidert ihren Händedruck. Ihr wird plötzlich ganz anders zumute. Als er ihre Hand wieder freigibt, blickt sie sich kurz um, ob irgendwo eine Bank steht, auf die sie sich setzen kann. Weit und breit ist keine zu sehen.

      »Entschuldige bitte«, sagt sie ganz leise und setzt sich im Schneidersitz auf den Boden. Ob er nun denkt, dass sie komplett durchgeknallt ist? Ist ja auch egal!

      Erst jetzt fällt ihr auf, dass die beiden Security, etwas weiter entfernt, Position bezogen haben. Dann blickt sie wieder hinauf. Noch immer steht er neben ihrer Freundin und hat sich auch nicht abgewendet, um seine Ruhe zu haben. Im Gegenteil, er lächelt Lilith sogar an und meint: »Wenn du erlaubst?«

      Mit dem Rücken zur Konzerthalle setzt er sich ihr gegenüber auf den noch warmen Asphalt und zieht die Kapuze etwas tiefer in sein Gesicht. ›Ich weiß nicht, was ich zu ihm sagen soll!‹, schießt es ihr durch den Kopf. Aber er erwartet anscheinend keine Unterhaltung, er raucht ebenfalls wortlos. Nur hin und wieder schaut er sie mit seinen lächelnden Augen an, dabei errötet sie etwas und hofft, dass er dies nicht bemerkt.

      Längst haben beide ihre Zigaretten ausgedrückt, doch noch immer sitzen sie sich schweigsam gegenüber. Als sie an ihm vorbei zur Konzerthalle blickt, spürt sie seine Blicke auf sich ruhen. Sie weiß, dass sie nicht stundenlang so dasitzen können, irgendwann muss er wieder hinein.

      »Ich danke dir für das Autogramm«, sagt sie unvermittelt und könnte sich dafür auch sofort ohrfeigen. Etwas Besseres konnte ihr nicht einfallen!

      Er sieht sie schmunzelnd an. »Sehr gern.«

      Dankbar registriert sie, dass Sonja sich neben sie beide kauert und ein Gespräch mit ihm beginnt. Somit lenkt die Freundin ihn von ihr ab und sie kann ihn etwas beobachten und mal wieder einen klaren Gedanken fassen. Wenn er lächelt oder gar lacht, schmilzt sie regelrecht dahin. Verzweifelt versucht sie die aufwallende Empfindung zu unterdrücken. Es wäre verdammt dumm, sich jetzt in einen Typen zu verknallen, den sie nie wieder treffen wird und zudem so unerreichbar ist. Nur weil er ihr gegenübersitzt, heißt das noch lange nichts! Doch es fällt ihr sehr schwer, nicht seiner faszinierenden Stimme zu verfallen oder sich in seinen blauen Augen zu verlieren. Immer wieder schaut sie zu Boden, um sich von seinem Anblick loszureißen.

      Währenddessen kommen ab und an Leute aus dem Gebäude, um zu rauchen oder zu gehen. Doch keiner beachtet die Drei am Boden Sitzenden. Einige gehen auf die Bodyguards zu und sprechen sie an. Wahrscheinlich wollen sie wissen, wo sie den Sänger antreffen können, es hat sich bestimmt herumgesprochen, dass er sich hier draußen aufhalten soll. Belustigt beobachtet sie, wie die Männer immer wieder achselzuckend den Kopf schütteln.

      Als sich die Tür ein weiteres Mal öffnet, tritt Joe heraus. Er sucht anscheinend den Frontmann und entdeckt dabei die Drei. Langsam kommt er näher und erkennt den Sänger, der mit dem Rücken zu ihm sitzt.

      »Chris? Wir suchen dich schon überall. Du musst unbedingt reinkommen«, sagt der Drummer, als er direkt hinter ihm steht.

      Obwohl sie kaum ein Wort miteinander gewechselt haben, schaut dieser sie bedauernd an. »Ich komme gleich«, sagt er, wobei er sie nicht aus den Augen lässt.

      »Okay bis gleich.« Damit dreht sich der Bandkollege herum und geht wieder hinein.

      »Es tut mir wirklich sehr leid«, lässt Chris verlauten. »Vielleicht trifft man sich wieder?«

      »Bestimmt irgendwann auf einem der nächsten Konzerte«, antwortet Lilith leise.

      Seufzend erhebt sich der Sänger. »Das wird leider etwas dauern«, entgegnet er mit einem abbittenden Unterton.

      Als sie sich erheben will, reicht er ihr seine Hand, um ihr aufzuhelfen. »Schreibt mich an. Ich werde euch und eure Namen so schnell nicht vergessen.«

      Anschreiben? Hat sie etwas verpasst? War sie so sehr in Gedanken versunken, dass sie das Gespräch vollkommen verbummelt hat? Fragend blickt sie auf Sonja herab und sieht sie zustimmend nicken. Das wird sie gleich erfragen, sobald er fort ist.

      »Ladys, es war mir eine Ehre euch kennengelernt zu haben.« Er reicht der immer noch am Boden sitzenden Freundin die Hand und verabschiedet sich von ihr.

      Dann wendet er sich an sie und blickt sie mit einem umwerfenden Lächeln an. »Es hat mich wirklich sehr gefreut.« Sie errötet erneut und diesmal bemerkt er es. Schmunzelnd reicht er ihr noch einmal die Hand, die sie sofort ergreift. Völlig unerwartet gibt er ihr eine Kusshand und raunt: »Ich würde mich besonders über eine Nachricht von dir freuen.«

      Nur langsam lässt er ihre Hand los und geht zum Eingang. Die Bodyguards folgen ihm nun wieder auf dem Fuß. An der Tür dreht er sich noch einmal um und hebt seine Hand zum Abschied. Dann entschwindet er ihrem Blickfeld.

      »Du lieber Himmel!«, entfleucht es ihren Lippen.

      »Sag ich doch«, erwidert Sonja, die sich nun auch erhebt. »Und? Was meinst du? Ist er nun so wie erwartet?«

      »Tausendmal besser!« Lilith lächelt verträumt und seufzt auf. Plötzlich erinnert sie sich wieder an seine Worte. »Was meinte er mit anschreiben?«

      »Wo warst du in der letzten halben Stunde? Er hat gemeint, wir sollen die Band in irgendeinem der sozialen Netzwerke anschreiben. Er liest die meisten Nachrichten selbst, wenn auch im Schnelldurchgang. Wir sollen unsere Namen unbedingt erwähnen, dann schreibt er uns sofort zurück«, erklärt sie.

      »Wow! Ob er das öfter macht?«

      »Was?«

      »Na Fans persönlich zu schreiben?«

      »Mittlerweile bestimmt nicht mehr. Dann käme er wahrscheinlich zu nichts mehr. Und ich möchte auch gar nicht wissen, was manche so schreiben!«, sagt die Freundin kichernd.

      »Da hast du wohl recht!« Gemeinsam schlendern sie gemütlich um das runde Gebäude herum, Richtung Parkplatz. Verträumt denkt sie darüber nach, dass er sie tatsächlich um eine Nachricht gebeten hat, er sich sogar

Скачать книгу