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stehen. Gerade als sie daran vorbeigehen, öffnet sich die Seitentür der Konzerthalle und Chris tritt heraus. Sichtlich erfreut lächelt er die beiden an. »So schnell sieht man sich wieder!«

      »Gib es zu! Du steigst uns doch nur nach!«, ruft Sonja ihm belustigt zu.

      Daraufhin folgt ein herzhafter Lacher, wobei er den beiden zuzwinkert. Joe kommt ebenfalls aus dem Gebäude und die Tür des Busses öffnet sich geräuschlos. Glucksend ahmt Lilith pantomimisch das Tippen auf einer Tastatur nach. Der Sänger nickt ihr zu und steigt in den Bus. Verdattert schaut der Drummer erst sie und danach seinen Bandkollegen an. Die Freundinnen drehen sich feixend herum und gehen weiter. Nach nur wenigen Metern verspüren sie wieder dieses allzu vertraute Gefühl. Verwirrt drehen sie sich langsam herum, doch niemand oder irgendetwas ist zu sehen. Irritiert schütteln sie die Köpfe und gehen plaudernd zum Parkplatz. Beide sind noch völlig aufgekratzt, sodass sie einige Male stehen bleiben und aufgedreht, wild gestikulierend das Konzert und die Begegnung mit dem Sänger immer wieder anreißen.

      Als sie schlussendlich im Wagen sitzen, dreht Sonja prompt die Musik auf und lotst das Auto auf die große Hauptstraße vor der Halle. Der Bus fährt in diesem Moment auf die linke Spur und die Freundin setzt sich rechts neben ihn. Lilith blickt hinaus, doch sie kann leider nichts als schwarze Scheiben sehen. Sie lässt das Fenster herunter und die laute Musik erschallt in den nahezu leeren Straßen. Grüßend hält sie die Hand aus dem Wagen und Sonja gibt lachend Gas.

      »Die erklären uns wahrscheinlich für verrückt«, sagt sie kichernd.

      »Glaub ich nicht, die verstehen den Spaß schon.«

      Im Seitenspiegel sieht sie den Bus nach links abbiegen, während sie weiter geradeaus Richtung Autobahn fahren.

      Auf der gesamten Rückfahrt singen und albern die beiden herum. Somit verfliegt die Zeit im Nu und schneller als erwartet sind sie wieder in ihrem geliebten Küstenstädtchen. Da es bereits sehr früh am Morgen ist, verabschieden sie sich rasch voneinander und verschwinden in ihren Häusern.

      Während sie sich bettfertig macht, muss sie wieder an Chris denken. Ob er noch einmal an sie gedacht hat? Morgen wird sie ihn anschreiben, dann hat er gleich ihren Profilnamen und kann daraufhin selbst entscheiden, ob er sich bei ihr melden wird oder nicht. Falls ja, würde sie sich darüber sehr freuen. ›Klar, wer würde das auch nicht?‹, denkt sie sich und legt sich in ihr Bett. Kurzentschlossen greift sie nach ihrem Handy und sucht das Bandprofil.

      Gestern Morgen hatten sie tatsächlich noch einmal etwas gepostet. Darin wünschten sie den Fans viel Spaß bei dem heutigen finalen Konzert in der fantastischen Location. Als sie weiter nach unten scrollt, entdeckt sie eine Bekanntmachung. Verwundert liest sie diese durch. Sie werden eine mehrmonatige Auszeit nehmen, kehren aber Ende des Jahres ins Aufnahmestudio zurück. Das ist völlig an ihr vorbeigegangen! Diese Information liest sie zum ersten Mal, aber wen wundert es. Schließlich giert sie nicht jeder Nachricht hinterher. Es ist zwar schade, aber verständlich.

      Kaum legt sie zufrieden das Smartphone auf das Nachtkästchen, schläft sie auch schon ein.

      A

      m nächsten Morgen erwacht er viel zu früh, dafür gut gelaunt. Norman liegt schlafend neben ihm in dem überbreiten Hotelbett. Nur noch das heutige Interview, dann haben sie erst einmal eine große wohlverdiente Pause.

      Ruhelos steigt er aus dem Bett und setzt sich an den Schreibtisch vor dem Fenster mit der fantastischen Aussicht auf den Hyde-Park, um sein Notebook aufzuklappen. Rasch überfliegt er die privaten Nachrichten. In keinem der möglichen Netzwerke hat sie sich gemeldet, aber es war gestern auch sehr spät und wer weiß, welch weiten Rückweg sie hatten. Er blickt auf die Uhr. Okay, es ist wahrlich viel zu früh, als dass jemand etwas schreiben würde, der auf dem gestrigen Konzert war. Außer es wäre eines dieser aufdringlichen Groupies, aber so ist sie sicherlich nicht. Vielleicht will sie ihn auch gar nicht kontaktieren, was wirklich bedauerlich wäre. Leise klappt er das Notebook wieder zu und geht ins Badezimmer.

      In dieser Nacht konnte er lange nicht einschlafen. Immer wieder musste er an diese blasse Schöne mit ihren grünen Augen denken, einer Katze gleich fällt es ihm schlagartig ein. Ihre Stimme war wirklich so samtig, wie er es sich vorstellte, auch wenn sie kaum etwas zu ihm sagte. Sie war sehr schüchtern, aber das machte ihm nichts. Er genoss schlicht und einfach ihre Nähe dort vor der Halle. Und ihren Anblick.

      Als er um Feuer bat, hatte er sie zunächst gar nicht erkannt, da sie im Gegenlicht stand. Erst als er ihr das Feuerzeug zurückgab, fiel ihm ihr vertrautes Gesicht auf. Sofort verspürte er den Drang, sie zu berühren. Kaum, dass sie zaghaft seine Hand ergriff und er ihre Stimme leise vernahm, war es um ihn geschehen. Noch niemals ist ihm etwas Vergleichbares passiert, zumindest nicht so einschlagend.

      Mit einem Schmunzeln registrierte er, wie sie errötete und sich völlig überraschend auf den harten Boden setzte. Das hatte er auch lange nicht mehr erlebt, dass sich jemand auf den Asphalt niederließ, einfach so. So etwas sieht man bei Teenagern häufig, aber nicht bei einer erwachsenen Frau, aber was weiß er schon. Unterdessen er ihr gegenübersaß und sie fixierte, dachte er angestrengt nach, wo er sie getroffen haben könnte. Er hätte sie einfach fragen können, aber er wollte nicht diese einmalige Atmosphäre zerstören und im Endeffekt war es egal.

      Grinsend erinnert er sich plötzlich daran, wie die beiden mit dröhnender Musik an ihrem Bus vorbeifuhren und sie ihre Hand aus dem Fenster hielt, als ob sie ihnen zum Abschied zuwinken würde. Die anderen Bandmitglieder drehten sich daraufhin feixend zu ihm herum und er gestikulierte achselzuckend, innerlich konnte er aber kaum an sich halten, um nicht laut loszulachen.

      »Na, da wird sich unser Chris doch nicht etwa eine kleine Romanze angelacht haben?«, prustet Joe.

      Spielerisch schmollend verneinte er und setzte sich demonstrativ seine Kopfhörer auf. Damit war jede weitere Diskussion beendet. Selbst als sie im Hotel ankamen, sprach er mit keinem darüber. Nur Norman schien etwas zu erahnen, seine Blicke verrieten es. Allerdings kannte er ihn auch eine halbe Ewigkeit. Nachdem er noch einige Autogramme vor dem Hoteleingang gegeben hatte, trottete er müde in die Suite. Doch an Schlaf war lange nicht zu denken.

      »Lässt du mich heute auch noch einmal rein?«, fragt der besagte Freund ihn unvermittelt durch die Tür.

      Verblüfft schaut er auf die Uhr. Er steht tatsächlich seit einer knappen Stunde hier. Schnell schlüpft er in sein Shirt und verlässt das Bad mit den Worten: »Entschuldige! Ich habe völlig die Zeit vergessen.«

      Norman grinst ihn vielsagend an. »Ich verstehe.« Dann schließt er die Tür hinter sich.

      Erneut setzt er sich an den Schreibtisch. Knapp zwanzig neue Nachrichten innerhalb einer Stunde! Die Leute haben nichts zu tun, scheint ihm. Kopfschüttelnd öffnet er eine Mitteilung nach der anderen. Wie immer dasselbe: Liebesbekundungen oder Hassnachrichten, sogar ein sehr anzügliches Angebot ist dieses Mal darunter. Perplex über die Naivität mancher Frauen oder gar Mädchen öffnet er die letzte Nachricht. Bevor er den ersten Satz liest, schaut er auf den Namen - Lilith Fairchild. Das muss sie sein! Sein Herz beginnt laut zu klopfen. Oh Mann, er fühlt sich wie ein pubertierender Teenager! Was ist nur mit ihm los.

      Wieder und wieder liest er ihre Zeilen:

      ›Hallo Chris,

      wie gestern oder besser gesagt heute früh angedeutet, schreibe ich dir nun. Ich hoffe mal, dass du dich noch an mich und Sonja erinnerst. Falls nicht: Wir waren die beiden, die du vor der Halle um Feuer gebeten hattest. Da ich nicht weiß, wer dies alles lesen wird, werde ich es erst einmal dabei belassen und harre der Dinge, die da kommen mögen.

      Liebe Grüße Lilith

      PS: Das Konzert war wirklich fantastisch!‹

      Hastig löscht er ihre Nachricht, nicht ohne sich ihren Namen eingeprägt zu haben, und wechselt auf sein privates Profil, das nur sehr wenige kennen. Doch bevor er sie suchen kann,

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