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Maltesische Märchen Gedichte und Rätsel. Dr. Hans Stumme
Читать онлайн.Название Maltesische Märchen Gedichte und Rätsel
Год выпуска 0
isbn 9783742750839
Автор произведения Dr. Hans Stumme
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
wollte, konnte er sie nicht wiederfinden, denn
die Vögel waren gekommen und hatten sie gefressen.
Man guckte hierhin, man guckte dahin: die Jungen gerieten
nur um so tiefer in den Wald! Nun begann es
noch zu regnen, und sie wurden nass zum Ausringen.
Unser Kugelchen aber – anstatt den Mut zu verlieren
– stieg jetzt auf einen Baum, spähte nach allen
Richtungen aus und entdeckte endlich in weiter Ferne
einen ganz winzigen Lichtschein; doch als er vom
Baume heruntergeklettert war, sah er ihn nicht mehr.
Nachdem die Jungen lange im Finstern umhergewandert
waren, fanden sie einen Weg und kamen aus dem
Walde heraus; jetzt sah Kugelchen auch den Lichtschein
wieder. Sie gelangten nach der Behausung
(von der der Lichtschein ausging) und klopften an die
Haustür, worauf ihnen eine Frau öffnete.
Kugelchen teilte ihr mit, dass sie sich im Walde
verirrt hätten, und bat sie, sie für die Nacht zu beherbergen.
Als die Frau hörte, was die Jungen wollten,
begann sie laut zu jammern und sprach zu ihnen:
»Wehe euch! Ihr wisst also nicht, wohin ihr gelangt
seid? Mein Mann ist ein Zauberer und Kinderfresser!
« »Aber,« begann Kugelchen wieder, »was sollen
wir tun? Wenn du uns hier nicht übernachten lässt,
fressen uns sicher die wilden Tiere heute Nacht draussen
im Walde auf! Lass uns hinein. Vielleicht frisst
uns dein Gemahl nicht auf!« Da die Frau ein sehr
gutes Herz hatte, überlegte sie sich die Sache und
wurde schliesslich der Ansicht, dass sie die Jungen
vielleicht verstecken könne; so liess sie sie denn ein
und nahm sie mit in die Küche, damit sie sich wärmen
könnten. Über dem Feuer kochte eine ganze Kuh, um
dem Zauberer zum Mahle zu dienen.
Plötzlich hörten die Jungen, während sie zusammen
dasassen, das Tor erdröhnen: puff! puff! Das war
der Zauberer! Die Frau versteckte die Jungen unter
dem Bette und öffnete die Tür. Der Zauberer fragte,
ob das Essen fertig sei, denn er war hungrig; zugleich
begann er herumzuschnüffeln. »Was für ein Geruch
nach Menschen ist nur hier?« sprach er zu seiner
Frau. »Es kann sein, du riechst das Blut der Kuh!«
»Nein! Nein! Was für ein Geruch nach Menschen ist
hier?« beharrte er und erhob sich von seinem Bette,
um gradaus auf das andere loszugehen und die Jungen,
halbtot vor Furcht, dort zu finden! Da wurde er
sehr böse über die Frau und sagte ihr, wenn er sie
nicht auch auffrässe (so geschähe dies bloss deshalb
nicht), weil sie nicht zart genug sei! Dann äusserte er:
»Wie passend mir die Jungen gekommen sind! Denn
morgen will ich drei anderen Zauberern ein Frühstück
geben und wusste eigentlich gar nicht, was ich ihnen
zu essen vorsetzen sollte!« Und damit holte der Zauberer
die Jungen, indem er sie an den Beinen anpackte,
einen nach dem andern hervor. Die Knaben warfen
sich auf die Kniee und baten den Zauberer um Gnade;
doch er wollte nichts hören, denn er hatte ein sehr hartes
Herz. Er holte sich ein Messer und begann es auf
einem Steine zu wetzen; und er machte sich daran,
einen der Jungen zu packen und ihn abzuschlachten,
als seine Frau sprach: »Ist's nicht besser, du lässt sie
bis morgen am Leben? Für heute Nacht hast du ja
eine Menge zu essen da! Was meinst du?« »Du hast
recht!« versetzte ihr der Zauberer. »Gib ihnen zu
essen, damit sie nicht etwa bis morgen dürr werden;
und dann kannst du sie zu Bett bringen!« Die Frau
freute sich über diese Worte und brachte den Jungen
etwas zu essen.
Der Zauberer hatte nun zehn Töchter, die sehr
hübsch waren, denn sie assen stets rohes Fleisch; aber
Zähne hatten sie wie die der Hunde. Auch waren sie
sehr grausam; denn wenn sie irgendwo einen Jungen
oder ein Mädchen sahen, so wollten sie diese beissen
und ihnen das Blut aussaugen. Diese Mädchen schliefen
zusammen in einem Bette; doch befand sich in der
Kammer, in der sie schliefen, noch ein Bett, und in
diesem leerstehenden brachte die Frau des Zauberers
jene Knaben unter. Kugelchen hatte bemerkt, dass die
Mädchen des Zauberers eine goldene Krone auf dem
Kopfe trugen, und da er Angst bekam, der Zauberer
möchte ihn und seine Brüder vielleicht doch in der
Nacht töten, erhob er sich ganz leise, nahm die Mützen
seiner Brüder nebst der eigenen her, begab sich
zum anderen Bette, nahm den Mädchen die Kronen
ab, setzte ihnen die Jungenmützen auf – während er
und seine Brüder die Kronen erhielten – und legte
sich wieder schlafen.
Gegen Mitternacht erhob sich der Zauberer und begann
zu überlegen, ob es nicht besser sei, die Knaben
sogleich zu töten, damit sie bis zum Morgen ordentlich
ausbluten könnten. Er stieg also aus dem Bette,
nahm ein grosses Messer zur Hand, begab sich nach
der Kammer, in der die Jungen schliefen und tastete in
der Dunkelheit umher. Er gelangte an das Bett, in
dem die zehn Knaben schliefen, und bekam die Kronen
zu fassen; da rief er: »Bravo! Was wollte ich jetzt
mit eigenen Händen anrichten! Ich wollte meine Kinder
töten!« Nun trat er an das andere Bett, bekam die
Mützen zu fühlen und schlachtete deren Trägerinnen
allesamt ab, – eine nach der anderen; dann legte er
sich wieder schlafen. Als ihn die zehn Jungen schnarchen
hörten, schlichen sie sich ganz leise in den Garten
hinunter, öffneten das Tor und flohen davon. Als
der Zauberer am nächsten Morgen erwachte, rief er
seine Frau herbei und sprach zu ihr: »Geh! Mach' mir
jetzt die zehn Jungen