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Maltesische Märchen Gedichte und Rätsel. Dr. Hans Stumme
Читать онлайн.Название Maltesische Märchen Gedichte und Rätsel
Год выпуска 0
isbn 9783742750839
Автор произведения Dr. Hans Stumme
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
alles ist ins. Nichts zerflossen!« Mit diesem f o r -
m e l h a f t e n S c h l u s s e – denn ein solcher liegt
vor – endet die obenerwähnte Legende. Wir besitzen
jetzt eine treffliche systematische Arbeit über diesen
Punkt der Technik der Märchenkomposition aus der
Feder des Würzburger Privatdozenten Dr. R o b e r t
P e t s c h ,13 und durch die Lektüre dieser inhaltsreichen
Schrift angeregt, wollen wir hier nicht versäumen,
einmal nachzusehen, was von dahingehörigem
Material in unserer Sammlung zu finden ist. Der üblichste
der formelhaften Schlüsse lautet in diesen maltesischen
Geschichten: »sie (d.h. die Geschichte, maltes.
h. râfa oder stôria) ist zu Ende« oder (häufiger)
»und sie ist zu Ende«, – z.B. o h n e das Bindewort in
XXIV (spoččo¸-t); mit dem Bindeworte in XI
(uspiččât), XXV (ospoččôt), XXVI und XXVIII
(ospyččo¸-t), XXXIV (wyspyččo¸-ăt), XXXV
(ospyččo¸-ăt). W e i t l ä u f i g e r heisst es in X: tómbi,
tómbi uspidíĕt! kwárt sapûn ęrba h. abbíĕt = »Tombi,
tombi (Worte ohne Bedeutung!), und sie ist zu Ende!
Ein Viertel Seife kostet vier Centimes!« oder in XX:
támbo, támbo, uspidîĕt, úkolh. át imûr malwíĕt =
»Tambo, tambo! Die Geschichte hat ihren Schluss, –
und jedermann schwimmt (wörtl. geht) mit dem
Fluss!« oder ferner in XV: wizzíĕmel taššama, uh. árja
fuýč min-'âl umin-sáma = »und das wächserne
Pferd, – und Dreck (caca) ins Gesicht dessen, der (die
Geschichte) gesagt, und dessen, der sie gehört hat!«
Über die auch ziemlich weitläufige Schlussformel von
XIV sprachen wir oben. In einigen Erzählungen, die
ich in der vorliegenden Sammlung jedoch nicht publiziere,
schloss der Erzähler mit dem Ausdrucke tîri,
tîri, támbo (oder tîri, tîri, támbar), dem dann eine
ganze Anzahl sehr obszöner Reime zu folgen pflegte,
die aufzuschreiben man sich genieren musste und die
übrigens ganz witzlos waren. Über andere Formelschlüsse
als diese allgemeinen, am Schlüsse jeder
volkstümlichen Erzählung des Maltesers anbringbaren
W o r t f o r m e l n beabsichtigte ich hier nicht zu
reden.
Über die Diktion der hier veröffentlichten Erzählungen
will ich mir zunächst nur die allgemeine Äusserung
erlauben, dass erstere natürlich keine gleichmässige,
gleich gute ist, – haben doch Personen von
ganz verschiedenem Alter und Berufe diese Stoffe
überliefert. Miserabel erzählt ist Nr. XIV, und auch
Nr. XXXVII tadelten wir schon (S. VI, Z. 4) in dieser
Hinsicht; überhaupt steht die Diktion der Stücke von
Nr. XXIII an bedeutend tiefer als die der vorhergehenden
Stücke, – am besten stilisiert sind doch wohl
die von der (S. IX, Anm.) erwähnten, jetzt verstorbenen
jungen Malteserin aufgezeichneten zehn Nummern,
die meine Sammlung eröffnen. Diese zehn Anfangsnummern
betreffend, mache ich auf eine in ihnen
öfters wiederkehrende Emphatisierungsphrase aufmerksam,
die sich technisch darstellt als: Wiederholung
eines in Erzählungsform gebrauchten Verbs im
Imperativ (der sich an den Zuhörer richtet) + weitere
Aufforderung an den Zuhörer, jemanden herzuholen,
der die betreffende Tätigkeit vormachen soll! Um hier
durch Zitieren längerer Satzkomplexe nicht weitläufig
zu werden, verweisen wir auf S. 22, 21 oder 34, 19
und 33. Verwandtes zeigt (S. 24, Z. 13 ff.) die Ausdrucksweise
»damit ging sie hin und holte sich einen
Band Schlüssel – probiere und hol' einen, der probiert!
– – und öffnete zuletzt die Tür« (der Unterschied
ist also der, dass das betr. Verbum hier gleich
im Imperativ einsetzt). Übrigens finden wir zur Emphatisierung
eines Ausdruckes in diesen Erzählungen
gelegentlich auch Wortwiederholung angewandt, so
steht Maltes. Stud. 17, 25 gbîra gbîra (was wir hier
19, 17 durch »riesengross« übersetzt haben) oder
Maltes. Studien 32, 2 (wir übersetzen hier 41, 20 das
in Frage kommende jímši, jimšî, jimšî durch »immer
weiter ritt er«).
Was den zweiten Abschnitt dieser Übertragungen,
also die »G e d i c h t e « (d.h. die in deutscher Prosa
gegebene Übersetzung der im Original wohlgefügten
und wohlgereimten poetischen Texte) betrifft, so sind
sie gleichfalls nicht einheitlich in Form und Inhalt
oder hinsichtlich der Überlieferung14. Die meisten
dieser 45 poetischen Stücke sind Vierzeiler, deren Inhalt
fast immer von Liebe redet – je nachdem in sehnsuchtsvoller,
verzweifelnder, übermütiger oder tändelnder
Ausdrucks weise; sie sind also gleichsam
maltesische »Schnadahüpf'ln«, oder wie diesen letzteren
auch den kurzen Vierzeilern der volkstümlichen
Dichtung der Romanen, besonders aber den tunisischen
»'Arôbis«15, sehr wohl zu vergleichen. Einige
Gedichte setzen sich aus m e h r e r e n (vierzeiligen)
Strophen zusammen, so z.B. Nr. 27, in dem ein Landmädchen
ihr Tagewerk besingt, oder Nr. 36, das uns
die Bedenken eines, der »eventuell« heiraten will, vor
Augen führt. Hinsichtlich der Diktion und hauptsächlich
in der Form der zur Ausschmückung des poetischen
Gedankens verwandten Bilder erinnern diese
Stücke oft weit mehr an tunisische oder überhaupt
orientalische Gedichte, als an abendländische. Mehrere
dieser Stücke sind übrigens ganz speziell als
K i n d e r r e i m e , einige noch spezieller als A u s -
z ä h l r e i m e zu bezeichnen: im ersten Sinne die
Nummern 23, 24, 37, 38 und 39, im anderen Sinne
die Nummern 25, 26