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Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner
Читать онлайн.Название Sagenbuch der Bayrischen Lande
Год выпуска 0
isbn 9783742772664
Автор произведения Alexander Schöppner
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
noch jetzt darin die eingedrückten Finger deutlich.
56. Der versteinerte Ritter.
Sage von C h a m m e r a u unweit C h a m im
B a y e r w a l d e . B . G r u e b e r u. A. M ü l l e r
der bayerische Wald. S. 296.
Der Ritter von Chammerau hatte sein Auge auf die
schöne Tochter eines Müllers im Regenthale geworfen,
fand aber bei der sittsamen Maid kein williges
Gehör. Eines Tages, als er in gewohnter Weise von
seiner Veste auf Raub auszog, überraschte er die
Jungfrau auf der Wiese ihres Vaters, wo sie das Linnen
bleichte. Straks faßte er den Entschluß, mit Gewalt
zu nehmen, was ihm nicht in Gutem gegeben
wurde, und lenkte sein Roß vom Wege ab auf den
Grasplatz hin. Das Mädchen aber merkte noch zeitig
genug des Ritters bösliche Absicht und suchte sich
durch die Flucht zu retten. Wie ein gescheuchtes Reh
lief es über die Fluren hin; nicht lange jedoch, so
stand es an dem Ufer des Regen, über welchen an
jener Stelle weder Brücke noch Steg führt. Vor ihr der
Tod im Flusse, hinter ihr Entehrung und Schande; die
Wahl war kurz, denn schon sprengte der Ritter mit
seinem Trosse näher heran. Mit dem Rufe: »Gott genade
meiner Seele!« stürzte sich die Jungfrau in die
Fluthen. Diese waren barmherziger als die Menschen,
und trugen sie nach einer Untiefe hin, wo sie festen
Fuß fassen konnte. Doch war sie noch nicht nicht gerettet,
denn der Verfolger setzte ihr auch in den Fluß
nach, und bald hörte sie dicht hinter sich das Schnauben
der Rosse und das Hohngelächter der wilden
Schaar. Mit einem Male aber war Alles still, und als
die Jungfrau sich umwendete, sah sie weder Ritter
noch Knappen mehr, wohl aber eine lange Reihe ungestalter
Felsblöcke, die vom Ufer bis über die Mitte
des Flusses sich erstreckte. Die Hand Gottes hatte
strafend den Wüstling und seine Helfershelfer erreicht.
Die Steine liegen noch heute im Regen, und
man sieht sie, wenn man von Chammerau nach Roßbach
hinunter geht.
57. Der Jungfernsprung bei Dahn.
Von F r a n z W e i ß . – D a h n in der P f a l z .
Nach Andern diente die Stelle zu Gottesurtheilen. Eine
angeklagte Jungfrau habe durch einen Sprung vom
Felsen ihre Unschuld bewiesen. Wo sie aufsprang, soll
die noch fließende Quelle hervorgesprudelt sein. J . K .
B r u c k n e r , das Haardtgebirge. S. 164. F. W e i ß ,
die mal. u. rom. Pfalz. S. 36.
»Unheimlich ist's in eurer Nähe,
Und Furcht und Grauen faßt mich an,
Wenn ich euch vor mir stehen sehe,
In euerm wilden Liebeswahn.«
»Nie wird mein Herz euch Liebe spenden:
Es hasset euch, und wird hinfort
Sich stets mit Abscheu von euch wenden,
Dies sei für euch mein letztes Wort!«
Die Jungfrau spricht's, und Rache tobet
Wild in des Jägers schnöder Brust;
Mit fürchterlichem Eid gelobet
Er sich zu stillen seine Lust.
In weichem Purpurscheine blühen
Die Berge von des Morgens Hauch,
Und tausend Demanttropfen glühen
Hellfunkelnd rings an Busch und Strauch.
Da wandelt in der duft'gen Frühe
Die Jungfrau zur Kapelle hin,
Sie scheuet nicht des Weges Mühe,
Zum fernen Gnadenschrein zu zieh'n.
Schon hält die Waldnacht sie umfangen,
Da hemmt sie angstvoll ihren Schritt,
Als plötzlich, lüsternes Verlangen
Im Blick, der Jäger vor sie tritt.
»Willkommen hier in meinem Reiche!«
Spricht er mit arger Freundlichkeit;
»Hier darf ich schlürfen bis zur Neige
Den Becher eurer Lieblichkeit.
Hier endlich wird sich mir erschließen
Der Liebe Quell an eurer Brust!
Wohlauf, mein Lieb', laß uns genießen
Der flücht'gen Stunde süße Lust!«
Und schon mit schreckenden Gebärden
Streckt er nach ihr die rohe Hand.
Wer soll ihr nur ein Retter werden,
Vom Himmel gnädig ihr gesandt?
Rasch hat sie sich zur Flucht gewendet;
Doch wie ein wutherfülltes Thier
Ihr nach der Jäger, bald geendet
Wird sein der Wettlauf, wehe ihr.
Schon fühlt sie ihre Kraft ermatten,
Und jeder Hoffnungsstrahl entschwand
Als sie, entflohn des Waldes Schatten,
Sich sieht an eines Abgrunds Rand.
Sie starrt, als ob der Tod ihr riefe,
Und schaudernd blicket sie hinab,
Wo in der schreckenvollen Tiefe
Sich öffnet ein gewisses Grab.
Und niederstürzt sie auf die Knie,
Und hebt die Hände himmelan;
»Der Unschuld Schützerin, Marie,
Nimm gnädig deiner Magd dich an.«
Sie ruft's, und zwischen Tod und Schande
Hat sie getroffen schnell die Wahl,
Und muthig springt sie von dem Rande
Der Felsenwand hinab zu Thal.
Doch sieh, vom sanften Rosenlichte
Erglänzt die Tiefe hell und hehr,
Und von des Himmels Angesichte
Ergießet sich ein Düftemeer.
Die Himmelsmutter hat vernommen
Das Flehen ihrer treuen Magd,
Und ihre Engel sind gekommen,
Ob ihr zu halten sich're Wacht.
Und leichten Fluges schwebt sie nieder,
Zur Seiten ihr der Engel Schaar,
Die als der Unschuld treue Hüter
Vor Tod sie schützen und Gefahr.
Noch steht das Kreuz, des Wunders Zeichen,
Auf steiler Felsenstirn erhöht,
Oft in der Nächte stillem Schweigen