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Kartell Compliance. Max Schwerdtfeger
Читать онлайн.Название Kartell Compliance
Год выпуска 0
isbn 9783811453098
Автор произведения Max Schwerdtfeger
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
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Wettbewerbsbeschränkungen durch Einkaufskooperationen kommen grundsätzlich auf zwei Märkten bzw. Marktstufen in Betracht, zum einen auf dem Einkaufsmarkt, auf dem die Kooperationspartner als Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen deren Anbietern gegenüberstehen, und zum anderen auf dem nachgelagerten Verkaufsmarkt, auf dem die Kooperationspartner die Waren oder Dienstleistungen – ggf. in verarbeiteter Form – an Verbraucher bzw. die nächste Marktstufe weiterveräußern.[104]
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Eine Wettbewerbsbeschränkung auf dem Einkaufsmarkt geht von Einkaufskooperationen i.d.R. schon deshalb aus, weil sie durch die Bündelung der Nachfrage die Anzahl der Absatzmöglichkeiten für die Anbieter auf diesem Markt verringert.[105] Das gilt besonders, wenn die Kooperationspartner auf einen selbstständigen Einkauf neben der Einkaufskooperation verzichten.[106] Eine Wettbewerbsbeschränkung auf dem Einkaufsmarkt ist nur dann nicht zu erwarten, wenn die teilnehmenden Unternehmen erst durch die Einkaufskooperation Zugang zum Einkaufsmarkt erhalten, z.B. weil sie individuell die von den Anbietern geforderten Mindestabnahmemengen nicht erfüllen würden.[107] Der bloße Umstand, dass die Einkaufskooperation den teilnehmenden Unternehmen günstigere Einkaufspreise als bei individuellem Bezug ermöglicht, ist dagegen nicht geeignet, eine Wettbewerbsbeschränkung auszuschließen, kann aber aufgrund der hiermit verbundenen Effizienzvorteile zu einer Freistellung vom Kartellverbot führen.[108] Wettbewerbsbeschränkungen auf dem Einkaufsmarkt können sich auch aus der Schaffung oder Bündelung von Nachfragemacht ergeben, wodurch die Angebotsvielfalt beeinträchtigt werden kann. Zudem können konkurrierende Nachfrager von notwendigen Bezugsquellen abgeschnitten werden, wenn die wesentlichen (effizienten) Anbieter auf dem Einkaufsmarkt durch Einkaufskooperationen gebunden sind und einen darüber hinausgehenden Bedarf nicht im erforderlichen Umfang decken können.[109]
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Wettbewerbsbeschränkungen auf einem nachgelagerten Verkaufsmarkt können zum einen unmittelbare Folge von Wettbewerbsbeschränkungen auf dem Einkaufsmarkt sein. Beispielsweise kann ein Nachfrager auf dem Einkaufsmarkt, der durch die Einkaufsgemeinschaft von notwendigen Bezugsquellen abgeschnitten wird, auch auf dem nachgelagerten Verkaufsmarkt nicht wirksam mit den Teilnehmern der Einkaufsgemeinschaft konkurrieren. Durch die Einkaufsgemeinschaft verursachte Einschränkungen der Angebotsvielfalt wirken sich auf dem Einkaufsmarkt ebenso aus wie auf dem nachgelagerten Verkaufsmarkt. Darüber hinaus können sich aus Einkaufskooperationen selbstständige Wettbewerbsbeschränkungen auf nachgelagerten Märkten ergeben. Das gilt insbesondere für eine Koordinierung der Verkaufspreise. Diese kann sich nicht nur aus ausdrücklichen Vereinbarungen (z.B. über Mindestverkaufspreise)[110] oder einem Informationsaustausch[111] im Rahmen der Einkaufskooperation ergeben, sondern auch aus der Einkaufskooperation an sich, da der gemeinsame Einkauf gerade in Branchen, in denen die Einkaufspreise einen wesentlichen Teil der variablen Kosten ausmachen, neben der Angleichung der Einkaufspreise auch eine Angleichung der Verkaufspreise bewirken kann.[112]
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Aufgrund der mit Einkaufskooperationen verbundenen Effizienzvorteile kommt eine Freistellung vom Kartellverbot nach Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 Abs. 1 GWB häufig in Betracht. Bei Einkaufskooperationen von kleinen und mittleren Unternehmen kann im deutschen Recht zudem § 3 GWB greifen. Im Rahmen ihrer Verwaltungspraxis zu Art. 101 Abs. 3 AEUV sieht die Europäische Kommission die Erfüllung der Freistellungsvoraussetzungen als wahrscheinlich an, wenn die Teilnehmer der Einkaufskooperation sowohl auf dem Einkaufsmarkt als auch auf den nachgelagerten Verkaufsmärkten einen geringen gemeinsamen Marktanteil von nicht mehr als 15 % haben.[113] Grund ist, dass wesentliche wettbewerbliche Bedenken bei Einkaufskooperationen mit der Schaffung von Marktmacht (auf den Einkaufs- und/oder Verkaufsmärkten) zusammenhängen, die bei derart geringen Marktanteilen aber unwahrscheinlich ist.
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Obwohl die Verwaltungspraxis der Europäischen Kommission für die nationalen Kartellbehörden und Gerichte nicht bindend ist, haben sich das Bundeskartellamt und teilweise auch die Rechtsprechung der Auffassung der Kommission angeschlossen.[114] Eine Freistellung kommt aber auch bei höheren gemeinsamen Marktanteilen im Einzelfall in Betracht, insbesondere wenn es darum geht, ein Gegengewicht zu starken Anbietern bzw. einer hohen Konzentration auf der Anbieterseite zu schaffen.[115] Freistellungsfähig sind in jedem Fall aber nur solche Wettbewerbsbeschränkungen, die zur Erzielung der mit der Einkaufsgemeinschaft angestrebten Effizienzvorteile unerlässlich sind (Art. 101 Abs. 3 AEUV/§ 2 Abs. 1 GWB). Aus diesem Grund scheidet die Freistellung einer Bezugspflicht über die Einkaufsgemeinschaft bei gleichzeitigem Ausschluss eines parallelen, eigenen Einkaufs der Teilnehmer regelmäßig aus[116] und kommt allenfalls in Betracht, wenn sie zur Erreichung des für die Erzielung von Größenvorteilen erforderlichen Einkaufsvolumens notwendig ist.[117]
3. Produktionskooperationen
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Es gibt vielfältige Arten der Kooperation bei der Herstellung von Waren oder der Vorbereitung und Durchführung von Dienstleistungen.[118] In Betracht kommen neben der gemeinsamen Produktion (ggf. durch ein Gemeinschaftsunternehmen) insbesondere auch Zuliefervereinbarungen, bei denen ein anderes Unternehmen die Produktion im Auftrag des „Herstellers“ übernimmt, sowie Spezialisierungsvereinbarungen, bei denen Unternehmen (ggf. wechselseitig) die Produktion bestimmter Produkte einstellen und diese künftig beim jeweiligen Kooperationspartner beziehen.[119] Derartige Produktionskooperationen eröffnen weitreichende Möglichkeiten für Wettbewerbsbeschränkungen, können auf der anderen Seite aber auch zu erheblichen Effizienzgewinnen zum Vorteil der Verbraucher führen, die mit der Produktionskooperation verbundene Wettbewerbsbeschränkungen wieder aufwiegen und somit zu einer Freistellung vom Kartellverbot führen können.
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Typische Wettbewerbsbeschränkungen im Zusammenhang mit Produktionskooperationen können sich bspw. aus einer Verringerung der Produkt- bzw. Angebotsvielfalt, der Produktqualität, der Produktionsmenge oder des Innovationswettbewerbs sowie aus einer Abstimmung der Verkaufspreise oder – insbesondere im Falle der wechselseitigen Spezialisierung – aus einer Markt- oder Kundenaufteilung ergeben.[120] Schon der bloße Umstand, dass bei der Produktion kooperiert wird, kann zudem in wesentlichem Umfang zu einer Angleichung der Kosten der kooperierenden Unternehmen und somit zu vergleichbaren Ergebnissen führen wie eine Abstimmung über die Verkaufspreise, weil sich mit den Kosten häufig auch die Verkaufspreise der Unternehmen angleichen werden.[121]
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An einer Wettbewerbsbeschränkung wird es dagegen regelmäßig fehlen, wenn es sich bei den im Rahmen der Produktion kooperierenden Unternehmen nicht um (potentielle) Wettbewerber in Bezug auf die von der Kooperation betroffenen Produkte handelt. Das kommt vor allem in Betracht bei Zuliefervereinbarungen, bei denen ein Unternehmen als (bloßer) Auftragsfertiger für ein anderes Unternehmen auf dessen Weisung produziert. Die Europäische Kommission hat die Grundsätze ihrer – für