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und PneumaPneuma bei Paulus*

      * Zuerst erschienen: Friedrich Wilhelm Horn, Kyrios und Pneuma bei Paulus, in: Udo Schnelle/Thomas Söding (Hg.), Paulinische Christologie, Exegetische Beiträge. Hans Hübner zum 70. Geburtstag, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2000, S. 59–75.

      Ein Blick in die Forschungsgeschichte zur Theologie des Paulus zeigt, dass eine Verhältnisbestimmung von Kyrios und Pneuma an folgenden Vorgaben insbesondere erarbeitet bzw. problematisiert worden ist.1 Vielfach wurde 2Kor 3,17 als paulinischer Beleg für einen christologischen Geistbegriff oder für ein pneumatisches Verständnis des erhöhten Kyrios angesehen und somit für die paulinische Theologie insgesamt vorausgesetzt. Diese identifikatorische Sichtweise von Kyrios und Pneuma wurde im Umfeld anfänglicher religionsgeschichtlicher Betrachtungsweise des Neuen Testaments auf dem Hintergrund frühchristlicher Kultmystik in den hellenistischen Gemeinden erklärt, es wurden jedoch in dieser Perspektive erhebliche gedankliche Unschärfen in Kauf genommen. Die genannte Textstelle ließ gleichwohl daran festhalten, im Zentrum der paulinischen Christologie eine pneumatische ChristusmystikChristusmystik zu sehen. Wahrscheinlich wurde hierbei einem einzelnen Beleg, nämlich 2Kor 3,17, eine recht hohe Bürde aufgeladen, denn etliche Beobachtungen stellen diesen so gewonnenen bzw. behaupteten christologischen Geistbegriff in Frage. Der paulinische Geistbegriff behält mit seiner jüdischen Begriffsgeschichte in den meisten Fällen eine klare Zuordnung zu Gott. Umgekehrt ist in der atl.-jüd. Tradition eine Identität von Messias und endzeitlichem Geist nie bezeugt, selbst von der jüdischen Tradition der endzeitlichen Geistbegabung des Messias macht Paulus keinen Gebrauch. Das Wirken des Geistes kann Paulus wohl als dem Wirken des erhöhten Kyrios entsprechend beschreiben. Es gibt eine gemeinsame Schnittmenge. In den meisten Fällen jedoch ist das Wirken des Geistes und dasjenige Christi unterschiedlichen Bereichen zugeordnet.

      Da aber die Diskussion immer wieder die wenigen paulinischen Belege, in denen eine Nähe oder gar eine Identität von Kyrios und Pneuma bezeugt ist, in das Zentrum der Betrachtung gerückt hat, soll nach einem begriffsgeschichtlichen Überblick mit einer Analyse dieser Texte eingesetzt werden.

      1. Zur Begriffsgeschichte

      Der Sprachgebrauch des Paulus bezüglich des πνεῦμα zeigt überwiegend eine theologische Zuordnung oder Ausrichtung an. Dies ist zunächst erkennbar in folgenden Wortverbindungen.1

      1 τὸ πνεῦμα (τοῦ) θεοῦ bzw. αὐτοῦ: Röm 8,9.11.14; 15,19 (v.l.); 1Kor 2,11.12.14; 3,16; 6,11; 7,40; 12,3; 2Kor 3,3; Phil 3,3.

      2 b)τὸ πνεῦμα (τὸ) ἅγιον: Röm 5,5; 9,1; 14,17; 15,13.16; 1Kor 6,19; 12,3; 2Kor 6,6; 13,13; 1Thess 1,5.6; 4,8

      3 c)τὸ πνεῦμα ἁγιωσύνης: Röm 1,4.

      Bei τὸ πνεῦμα (τὸ) ἅγιον (vgl. Jes 63,10f; Ps 50,13; 142,10 v.l.; Dan 5,12; PsSal 17,37; Sus 45 Theod; außerdem IQS III 7; IV 21; IX 3 u.a.) und τὸ πνεῦμα ἁγιωσύνης (vgl. TestLev 18,11) lässt die atl.-jüd. Vorgeschichte beider Begriffe an nichts anderes als an theologischen Sprachgebrauch denken. Vom Kontext her ist theologischer Sprachgebrauch bei folgenden absoluten Verwendungen von τὸ πνεῦμα gegeben: Röm 8,11.16.23.26; 15,30; 1Kor 2,4.10.13; 12,13; 2Kor 1,22; 3,8; 4,13; 5,5; 11,4; Gal 3,2.5.14; 5,5.16.22.25; 6,8; Phil 1,27; 2,1; 1Thess 5,19; evtl. in theologischem Sinn Röm 12,11.

      Die absolute Verwendung von πνεῦμα entzieht sich häufig einer präzisen Zuordnung. Sie fungiert als Gegenbegriff zu γράμμα (Röm 2,29; 7,6; 2Kor 3,6), ἁμαρτία (Röm 8,2), σάρξ (Röm 8,4.5.6.9; 1Kor 6,16f; Gal 3,3; 4,29; 5,16.17), σῶμα (evtl. Röm 8,10.13), νόμος (Gal 5,18). Gott gegenüber, aber auch vom menschlichen Geist zu unterscheiden, steht τὸ πνεῦμα in Röm 8,27; 1Kor 2,10; 12,4.7.8.9.11; 14,2. Der Plural πνεύματα steht für charismatische Äußerungen (Prophezeiungen) in 1Kor 12,10; 14,12.32.

      Wenige Male ist ein eindeutig anthropologischer Sprachgebrauch gegeben: τὸ πνεῦμα μου/αὐτοῦ (Röm 1,9; 1Kor 14,14.15.16; 16,18; 2Kor 2,13; 7,13), τὸ πνεῦμα ἡμῶν/ὑμῶν (Röm 8,16; Gal 6,18; Phil 4,23, Phlm 25), τὸ πνεῦμα (τοῦ) ἀνθρώπου (1Kor 2,11); πνεῦμα in Verbindung mit σῶμα (1Kor 7,40), σάρξ (2Kor 7,1) oder neben ψυχή und σῶμα (1Thess 5,23); absolutes τὸ πνεῦμα (evtl. in anthropologischem Sinn Röm 12,11; 1Kor 5,5; 2Kor 12,18).

      Schließlich sind folgende Verbindungen zu benennen, in denen πνεῦμα in der Regel durch einen Genitiv der Sache näher beschrieben wird: τὸ πνεῦμα δουλείας bzw. υἱοθεσίας (Röm 8,15), τὸ πνεῦμα κατανύξεως (Röm 11,8), τὸ πνεῦμα τοῦ κόσμου (1Kor 2,12), ἐν ἀγάπῃ πνεύματι (1Kor 4,21), ἐν πνεύματι πραΰτητος (Gal 6,1).

      Natürlich ist im Einzelnen manche Zuordnung strittig. Die Differenz zwischen dem theologischen und dem anthropologischen Sprachgebrauch ist nicht immer präzise auszumachen, insofern die Gabe des Geistes Gottes an die Glaubenden diese zu Geistbegabten, zu πνευματικοί (1Kor 2,13.15; 3,1; 12,1; 14,37; Gal 6,1) gemacht hat.

      Gegenüber diesem theologischen Sprachgebrauch und Wortfeld sind Zuordnungen von πνεῦμα zu Kyrios bzw. Jesus Christus selten, begrifflich uneinheitlich, und die Interpretation der wenigen Belege ist in ihrem jeweiligen Kontext zudem noch ausgesprochen unsicher. Es sind dies: Röm 8,9 (εἰ δέ τις πνεῦμα Χριστοῦ οὐκ ἔχει), 1Kor 15,45 (ὁ ἔσχατος Ἀδὰμ εἰς πνεῦμα ζῳοποιοῦν), 2Kor 3,17a (ὁ δὲ κύριος τὸ πνεῦμά ἐστιν), 2Kor 3,17b (οὗ δὲ τὸ μνεῦμα κυρίου, ἐλευθερία), 2Kor 3,18 (καθάπερ ἀπὸ κυρίου πνεύματος), Gal 4,6 (τὸ πνεῦμα τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ) und Phil 1,19 (τὸ πνεῦμα Ἰησοῦ Χριστοῦ). In einem weiteren Umfeld wären noch Röm 8,15 (πνεῦμα υἱοθεσίας) und 1Kor 6,17 (ὁ δὲ κολλώμενος τῷ κυρίῳ ἓν πνεῦμά ἐστιν) zu bedenken. Die Frage nach dem Verhältnis von Christologie und Pneumatologie bei Paulus darf aber nicht auf die Auslegung dieser wenigen im Verhältnis zu der überwiegend theologischen Ausrichtung geradezu peripheren christologischen Belege reduziert werden.2 Es stellt sich doch grundsätzlich die Frage, wie Paulus die Wirksamkeit des erhöhten Kyrios in ihrem Verhältnis zur Wirksamkeit des der christlichen Gemeinde übereigneten und des in ihrer Mitte zugleich frei wirkenden Geistes Gottes sieht. Ist sie als voneinander unabhängig zu denken, oder bietet Paulus Ansätze für einen christologischen Geistbegriff, der freilich über die wenigen genannten Belege allein nicht zu erfassen ist?3 Es sollen nun in einem ersten Schritt die wenigen direkten Zuordnungen von Kyrios, Sohn Gottes, letzter Adam bzw. Jesus Christus und πνεῦμα in gebotener Kürze und unter Berücksichtigung der neueren Forschung analysiert werden.4

      2. Die direkten Zuordnungen von κύριος, υἱὸς θεοῦ, ἔσχατος Ἀδάμ bzw. Ἰησοῦς Χριστός und πνεῦμα in den paulinischen Briefen

      Die Variabilität der christologischen Bezeichnungen steht der These einer klaren Identität von Kyrios und Pneuma durchaus im Wege. Daher ist zu vermuten, dass die Zuordnung zum Pneuma von einer spezifischen christologischen Aussageabsicht aus, wie sie in den unterschiedlichen Titeln und ihrer kontextuellen Verwendung zum Ausdruck kommt, vollzogen wird.

      2.1 „Wenn aber einer den Geist Christi nicht hat, ist dieser nicht sein“ (Römer 8,9c$Röm 8,9c)

      Dieser geradezu juridisch1 wirkende Satz steht zu dem ihn umgebenden Kontext in einer gewissen Spannung. Paulus erwähnt erstmals das πνεῦμα Χριστοῦ,

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