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ist in Rage. Sie reißt die Mädchen an den Haaren von den Stühlen, schlägt wahllos auf die armen Dinger ein, schmeißt sie auf den Boden, tritt mit den Füßen nach ihnen.

      Gott sei Dank ist gerade Thereses Schwester zu Besuch da. Sie hört das Schreien, stürzt in die Küche und reißt ihre Schwester von den Kindern zurück. „Bist du verrückt? Hör sofort auf!“

      Da lässt die Rabiate von den Kindern ab, die mit blutenden Nasen am Boden liegen. Nun ist Ruhe und Theres verlässt die Küche. Die Tante nimmt sich der Mädchen an und versorgt sie.

      Als Georg am Abend von der „Schlägerei“ erfährt, hat er mit seiner Frau unter vier Augen eine ernsthafte Auseinandersetzung. Er droht, bei Wiederholung die Mädchen zu seinen Eltern zu bringen. Damals ist es zwar noch gang und gäbe, dass Kinder von den Eltern geschlagen werden. Aber Georg ist einfach dagegen.

       Theres verspricht hoch und heilig, die Kinder nicht mehr zu schlagen und hält sich auch daran.

       UND WIEDER GEHT DAS LEBEN WEITER

      Das Familienleben geht seinen normalen Gang weiter.

      Na ja, Theres ist nicht mehr ganz so schlank, sondern ist schon ein wenig „füllig“ geworden. Sie trägt ihr Haar inzwischen kurz. Die schwere Haarpracht hat bei ihr immer wieder starke Kopfschmerzen verursacht. Nun liegen die Zöpfe abgeschnitten in einer Schublade. Theres findet ihren „Bubikopf“ sehr chic. Sie ist in ihrem Können durch nichts zu überbieten. Sie ist eine perfekte Köchin und kann aus einfachen Mitteln immer noch schmackhafte Mahlzeiten zaubern. Ihr Haushalt ist perfekt. Keine schmutzige Wäsche und auch keine Bügel- oder Flickwäsche liegt umher, das Geschirr ist immer abgespült, die Gläser, Töpfe, alles erstrahlt in Sauberkeit und Hochglanz. Sie kocht, backt, putzt, poliert, bügelt. Alte Wollsachen werden aufgetrennt und neu verstrickt. Sie schneidert und zwar alles! Jedes Stückchen Stoff findet Verwendung. Sie geht zu keinem Kaffeeklatsch oder zu Nachbarinnen. Sie lädt auch keine Freundin zum Kaffeetrinken ein. Nein, für so etwas hat sie keine Zeit.

      Aber der Kontakt zu Verwandten wird gepflegt. Das ist ja etwas anderes!

      Beide freuen sich über jeden Besuch und fahren auch gerne ins „Fränkische“, zu Georgs Familie. Es gibt keine Streitereien. Wenn sie dann zusammen sind, ob in Ingolstadt oder in der Fränkischen, wird es immer sehr heiter. Da wird mit Besen, Löffeln, Kamm und Seidenpapier musiziert. Es wird auch viel gesungen. Aber was wird gesungen? Es heißt doch, wenn die Bayern lustig sind, singen sie traurige Lieder. Da kommt „Der Wildschütz Jennerwein“, „Des schönste Bleamerl auf der Welt“, „Der arme Waisenbub“, „Wenn der Auerhahn balzt“, „In Nußdorf draußen“ und noch viele andere. Aber nicht nur traurige Lieder, sondern auch bayerische Schnaderhüpferl tragen zur Unterhaltung bei. Natürlich wird auch gejodelt. Der „Erzherzog-Johann-Jodler“ und der „Andachtsjodler“ fehlen da nie.

       DAS SCHUSTEREHEPAAR

      Also Theres braucht keine Ratscherei in der Nachbarschaft. Sie hat alles, was sie liebt und braucht.

      Nur ein Ehepaar ist für Theres interessant. In der Nachbarschaft hat ein Schuster seine kleine Werkstatt. Er lebt mit seiner Frau in sehr bescheidenen Verhältnissen. Dies sind die einzigen Menschen, zu denen sie einen lockeren Kontakt pflegt. Es sind auch wirklich nette Leute.

      Leni, die Schustersfrau, kann Karten legen und davon ist Theres fasziniert. Leni erklärt ihr die Legungen. Zu ihrer Überraschung bekommt sie eins Tages von dieser ein Kartendeck geschenkt. Theres praktiziert zwar das Kartenschlagen nicht, aber sie freut sich über ihr Können.

      Zu Hause verwahrt sie die Karten in einer Schublade, denn Georg hat für solche Dinge kein Verständnis. Auch nicht dafür, dass sich seine sonst so praktische und bodenständige Frau mit solchen Dingen befasst.

      Auch der Schuster Josef übt eine Faszination auf Theres aus.

      Sie will lernen, wie man Schuhe macht, zwar nicht aus Leder, aber aus Stoff. Bald beherrscht sie dieses Handwerk fast aus dem FF. Als ihr dann Josef eines Tages erklärt, dass er seine Tätigkeit aus Gesundheits- und Altergründen aufgeben will, erwirbt sie sein Werkzeug (Leisten, Nadeln, Scheren, Lederfeilen, Dechse (Nägel, und was eben so da ist) zu einem günstigen Preis.

      Diese Sachen kommen in ihr Näh- und Arbeitszimmer, damit sie alles „beieinand“ hat.

      Inzwischen schreibt man das Jahr 1927.

       1927 DER GEBURTSTAG VON GEORG STEHT BEVOR, ABER …

      Über zehn Jahre sind Georg und Theres nun glücklich verheiratet. Sie mögen sich immer noch sehr. Töchterchen Thea wird schon ihre Erstkommunion feiern. Das Leben läuft wie am Schnürchen. Es sind keine Wünsche offen!

      Gerade heute denkt Theres über die schöne Zeit zurück. Ach ja, übermorgen hat Georg Geburtstag. Da ist es doch selbstverständlich, dass sie ihm seinen Lieblingskuchen backen wird.

      Als Georg Feierabend hat, sagt sie ihm kurz Bescheid, dass sie noch kurz zur Krämerin geht, um die fehlenden Zutaten zu besorgen. Sie will den Kuchen gleich morgen machen, damit er zum Geburtstag am Frühstückstisch steht.

      Georg ist aber heute mit seinen Gedanken irgendwie abwesend.

      „Du brauchst doch nicht extra unter der Woche wegen dem Geburtstag einen Kuchen backen.“

      Er freut sich aber doch, dass seine Ehefrau wie immer auch für ihn das „Verwöhnprogramm“ auflegt. Für Theres gibt es da sowieso kein Pardon. Das wäre ja noch schöner, keinen Geburtstagskuchen zu haben.

      Schon ist sie aus dem Haus, erledigt schnell ihre Einkäufe und kehrt bald nach Hause zurück.

      Georg sitzt ganz in Gedanken versunken am Küchentisch und hat eine Mappe vor sich liegen.

      „Was machst du denn da?“, ist ihre Frage.

      Georg meint: „Ich habe heute erfahren, dass ich zum Beamten ernannt werde. In der Mappe sind alle unsere Papiere, falls mal etwas mit mir sein soll, dann weißt du, wo die Dokumente sind.“

      „Jetzt hör aber auf. Übermorgen wirst du sechsunddreißig Jahre alt. Du sollst dich auf den guten Geburtstagskuchen freuen! Komm, freuen wir uns über deine Beförderung. Wir haben doch ein schönes, glückliches Leben.“

      „Hast Recht, Theres, aber ich habe in der letzten Nacht schlecht geschlafen und geträumt.“ Er steht auf, küsst sie auf die Wange und drückt sie an sich. Sie verbringen gemeinsam mit den Kindern noch einen schönen Abend.

      Mit der Beförderung haben sie doch wieder einen Aufstieg im Leben erreicht.

      Der nächste Tag beginnt wie immer. Die Welt ist total in Ordnung. Theres backt für Georgs morgigen Geburtstag einen wunderbaren Kuchen. Der Duft zieht verführerisch durch die ganze Wohnung.

      Die Mädchen halten sich am Nachmittag in dem Glacis auf. Von dort aus wollen sie gleich in die Maiandacht gehen. Theres besucht die Maiandacht nicht, aber sie hat für sich einen eigenen kleinen Maialtar, den sie jedes Jahr aufstellt.

      Der Nachmittag schreitet schnell voran. Georg will noch einige Waggons überprüfen. Er freut sich schon auf den nahenden Feierabend.

      Gerade beugt er sich zu einem Waggon herunter und schaut, was da repariert werden muss. Dabei sieht er nicht, dass sich in seinem Rücken ein Waggon selbstständig gemacht hat und auf ihn zurollt. Er hört noch ein leises Quietschen. Ein Kollege schreit noch: „Georg Vorsicht!“

      Er erhebt sich; will schauen. Aber es ist alles zu spät!!

      Der Waggon ist schon unmittelbar hinter ihm. Georg befindet sich gerade zwischen den Puffern, schon wird sein Brustkorb eingequetscht. Es wird ihm schwarz vor den Augen, er verliert das Bewusstsein. Schnell kommen die Kollegen gelaufen und lösen die Bremse von einem Waggon, damit dieser ein wenig weiter rollt. Nur so können sie Georg frei bekommen.

      Der

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