Скачать книгу

schlug ihm die Tür vor der Nase zu und klemmte ihm dabei fast die Finger ein.

      „Was ist denn bloß los mit dir, Beck?“, fragte Hunter irritiert, riss die Tür wieder auf und wies Anstruther an, in ein paar Minuten noch einmal wiederzukommen.

      „Ich bin schwanger“, sagte sie und ließ sich auf dem Stuhl zurückfallen.

      „Du bist …“ Er wurde kreidebleich und verlor fast das Gleichgewicht. „Wie bitte?“

      „Ich bin schwanger.“ Dieses Mal kam ihr Geständnis sehr leise.

      „W… wie … kannst du denn … W… wer ist der Va…?“

      Sie warf ihm einen schiefen Blick zu und er stolperte rückwärts in seinen Aktenschrank. Er war der Vater.

      Schon seit einem Jahr flirteten sie völlig harmlos miteinander. Im Sommer waren sie dann nach einem fehlgeschlagenen Undercover-Einsatz noch in Rosie’s Bar gegangen, hatten getrunken, ihre Wunden geleckt, getanzt und geflirtet und dann noch mehr getrunken, und … na ja.

      Sie löschte das Bild von ihnen beiden, eng umschlungen in einem Abstellraum, rasch wieder aus ihrem Kopf.

      „Das ist fünf Monate her“, sagte er mit gerunzelter Stirn, während sein Blick gleichzeitig zu ihrer Körpermitte wanderte. „Bist du sicher?“

      Beck verschränkte ihre Finger miteinander und nickte. „Ganz sicher.“

      „Beck, meine Frau …“ Er zog sie vom Stuhl hoch. „Wieso hast du nichts dagegen …?“

      „Ich?“, entgegnete sie heftig. „Also wenn ich mich richtig erinnere, war ich in der Abstellkammer nicht allein.“

      „Aber du hast gesagt, es könnte nichts passieren.“

      „Hab ich das? Ich kann mich nicht erinnern, dass einer von uns sich die Zeit genommen hätte, die Verhütungsfrage zu erörtern. Wir waren beide betrunken, Hunter.“

      Er fuhr sich mit der einen Hand durchs Gesicht. „W… was sollen wir denn jetzt machen? Meine Frau, sie ist … ich kann nicht …“, sagte er und ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen. „Sie weiß von dem Abend im Rosie’s. Ich konnte es ihr einfach nicht mehr verschweigen, weil unsere Ehe auf Vertrauen beruht und …“

      „Du hast es ihr gesagt? Oh, mein Gott! Es war doch nur ein Mal. Eine dummes, unbedachtes Mal.“

      „Ich habe es ihr gesagt, weil sie mich eines Abends mit ihren großen, braunen Augen angesehen und mich gefragt hat, was ich zu unserem Hochzeitstag gern unternehmen möchte, und alles, was ich gehört habe, war Betrüger, Betrüger, Betrüger.“

      „Dann hast du ihr also das Herz gebrochen, um dein Gewissen zu erleichtern?“

      „Nachdem sie mich aus dem Bett geboxt hat …“

      „Die Frau gefällt mir.“

      „… haben wir die ganze Nacht geredet. Wir haben die Probleme in unserer Ehe zu lange einfach ignoriert und wussten, dass wir Hilfe brauchten. Ob du’s glaubst oder nicht, aber sie hat mir verziehen.“

      Daraufhin sah Beck ihn lange an und sagte schließlich: „Aber wird sich das nicht ändern, wenn sie von dem Baby erfährt?“

      „Ich weiß es nicht. Ich habe ihr versichert, dass du nicht …“ Es folgte ein weiterer tiefer Seufzer. „Es wird sie zerstören. Du hast ja keine Ahnung.“

      „Dann sag’s ihr nicht. Ich krieg das auch allein hin.“

      „Ach ja? Wirklich? Du bist gerade für vier Wochen suspendiert, Beck. Du stehst am Rande des Abgrunds. Du wohnst noch bei deinen Eltern. Bist du sicher …“

      Sie sprang so heftig und abrupt auf, dass der Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, umkippte. „Ausgerechnet du willst mich über mein Leben belehren?“, fragte sie. „Darauf kann ich echt verzichten.“ Dann salutierte sie ironisch vor ihm und ging zur Tür.

      „Warte“, sagte er da und stellte sich ihr in den Weg. „Wie …wie willst du denn das allein schaffen?“

      „Ich weiß es nicht. Das ist wahrscheinlich eine der Fragen, über die ich während meiner Suspendierung nachdenken kann.“

      „Dieses Baby ist nicht nur dein Problem, sondern auch meins, Beck. Wenn dir das nicht klar wäre, hättest du es mir doch gar nicht gesagt.“

      „Ich weiß nicht, warum ich es dir gesagt habe.“

      „Weil ich Vater werde“, antwortete er, fluchte, zog sein Jackett aus und lockerte seine Krawatte. „Also, wie ist der Plan?“

      „Na ja, da das Zurückdrehen der Zeit keine Option ist …“

      „Ich habe so etwas davor noch nie gemacht. Ich meine, sie zu betrügen“, erklärte er, legte die Hand auf seine Brust und atmete in kurzen, hastigen Stößen. „Der Captain wird mich …“

      „Es braucht doch niemand zu erfahren, Hunter. Ich habe vor zu sagen, dass es von einem Ex-Freund ist.“

      „Du brauchst mich nicht zu decken, Beck.“

      „Das tue ich nicht für dich, sondern für mich, Hunter. Meinst du, ich will den Ruf bekommen, dass ich mit Vorgesetzten schlafe? Ich habe so etwas auch noch nie gemacht.“

      „Und was ist mit dem Baby? Hat es nicht ein Recht darauf zu erfahren, wer sein Vater ist?“

      „In einer perfekten Welt schon. Aber die hier ist ja offensichtlich alles andere als perfekt. Ich kümmere mich schon um die Sache, Hunter.“ Erneut versuchte sie, die Tür zu erreichen, aber er rührte sich nicht von der Stelle.

      „Lass mich wissen, was du brauchst, Beck. Ich versuche, für dich da zu sein. Warst du schon beim Arzt?“

      „Ich habe am 3. einen Termin.“

      „Hältst du mich auf dem Laufenden?“

      Ihre Blicke begegneten sich und sie sah seine Schuldgefühle, sah, wie leid es ihm tat, dass er seiner Frau – und dem Baby – so viel Leid zufügte.

      „Ich glaube, du überlässt die ganze Angelegenheit am besten mir. Ich komme schon zurecht. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob ich will, dass das Kind bei mir aufwächst. Ich überlege, ob ich es vielleicht zur Adoption freigebe.“

      „Adoption? Bist du sicher?“

      „Nein, sicher bin ich nicht, aber es gibt in der ganzen Sache gar nichts, was sich sicher oder richtig anfühlt.“

      Da trat Hunter zur Seite und Beck ging ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei durch den Mannschaftsraum davon. Vorbei an den Schreibtischen, die überliefen von Aktenbergen und leeren Kaffeebechern, vorbei an Detectives und Sergeants und den Leuten, die Innendienst hatten.

      Im Umkleideraum zog sie sich um, verließ das Revier und trat hinaus auf die dunklen, belebten Straßen der Stadt. Sie ging die Treppe zur U-Bahn hinunter und fühlte sich eins mit den schwarzen Schatten und den fast leeren Wagen, die unter der Stadt entlangrasten, die niemals schläft.

      KAPITEL 6

       Everleigh

      Mai 1953

      Sie wachte spät auf und reckte und streckte sich im Vormittagssonnenlicht, das durch das Schlafzimmerfenster hineinschien.

      Rhetts Seite des Bettes war schon leer und das Laken kühl unter ihrer Hand. Er war immer schon vor Sonnenaufgang auf den Beinen. Das Leben eines Ranchers war arbeitsreich.

      Sie schob ihre Lockenpracht zurück, die ihr ins Gesicht fiel, und schaute zum anderen Ende des kleine Raumes auf den Blumenstrauß,

Скачать книгу