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Fröschen zu tun). Walkers Theorie, Hekate habe ihren Ursprung „in der ägyptischen Göttin der Geburtshelferinnen Heqit, Heket oder Hekat, die sich wiederum aus der heq oder Stammesmutter des vordynastischen Ägyptens entwickelte“58, entbehrt allerdings jeder Grundlage.

      Bedenkenswerter sind die Überlegungen, die Alfred Laumonier anstellt. Als ursprüngliche karische Namensform der Hekate rekonstruiert er *Akta, was als Namensbestandteil auch in Aktaion, Aktis und Hektor enthalten sein soll. Hektor sei eigentlich Hekator, und auch Frauennamen wie Hekabe, Hekamede, Hekaerge wiesen einen Bezug zu unserer Göttin auf. Da der phrygische Name „Hek(a)tor“ einer Notiz bei Hesychius zufolge wörtlich „der Weise“ bedeutet habe, hält es Laumonier für möglich, dass auch Hekate wörtlich „die Weise“ sei – eine durchaus ansprechende These.

      Ihre Darstellung ändert sich im Lauf der Jahrhunderte kaum. Ihre Attribute sind: Schlüssel, ein Apfel, Fackel, Dolch und Schwert, ein Hund, Schlangen, eine Geißel. Sie wird häufig mit drei Leibern dargestellt, was auf die drei Phasen des Mondes bezogen wird, auf die Wegkreuzungen, an denen sich die Hekataien meist befanden, oder auf die drei Elemente Erde, Wasser, Himmel, über die sie Gewalt hatte. Letzteres ist die ältere Zuordnung.

      

Spätantike Gemme, nach Roscher

      Schon von den antiken Gelehrten wurde die Dreigestalt der Hekate unterschiedlich erklärt. Wenn Vergil etwa in der Aeneis von der „am Himmel und in der Unterwelt mächtigen Hekate“ (voce vocans Hecaten, Caeloque Ereboque potentem; VI, 247) spricht, greift er Hesiod auf, bei dem Hekate, wie wir noch sehen werden Allgöttin über Himmel, Erde und Meer ist. Der Verfasser des als „Servius auctus“ bekannten spätantiken Vergil-Kommentars deutet Hekates Macht genauer als Macht über Geborenwerden, Leben und Sterben (potestas nascendi valendi moriendi) und stellt sie als Triade Lucina-Diana-Proserpina neben die Moiren, macht Hekate also zur Schicksalsgöttin, die das zyklische Werden und Vergehen der Lebewesen beherrscht. Augenscheinlichstes Beispiel für zyklisches Werden sind die Mondphasen, mit denen Hekate zuerst in der römischen Kaiserzeit von dem stoischen Philosophen und Astronomen Kleomedes gebracht wird (Kleomedes 2,5; ähnlich auch L. Annäus Cornutus, De natura deorum, c. 34). Allerdings nennt Kleomedes die Mondgöttin Artemis, und nicht Hekate, so dass die Übertragung der Mondphasen auf Hekate erst durch die Gleichsetzung Hekate-Diana zustande gekommen sein kann, die allerdings durch einen Vers Vergils (Aeneis IV,511) nahe gelegt wird, in dem der Dichter sowohl Hekate als auch Diana als „dreiköpfig“ (tergeminamque Hecaten, tria Virginis ora Dianae) bezeichnet. Dass solche späten naturphilosophisch-theologischen Spekulationen aber für die künstlerische Darstellung maßgebend gewesen sein sollten, wird von Theodor Kraus zu Recht bezweifelt, da die dreigestaltige Darstellung ja schon lange vor der Stoa aufkam. Dass die drei Herrschaftsbereiche in den drei Leibern dargestellt sein sollten, erscheint auch unwahrscheinlich; und wenn die Auffassung von Hekate als einer Mondgöttin zur Dreigestalt geführt hätte, hätte eigentlich auch die eigentliche Mondgöttin Selene dreigestaltig abgebildet werden müssen, was aber nicht der Fall ist. Plausibler erscheint da, dass die drei Körper etwas mit den drei Wegen zu tun haben, an deren Kreuzung Hekate verehrt wurde. Ist die τριοδίτις (trioditis, lateinisch: trivia) also zur τρίμορφος trímorphos, geworden, die Wegegöttin zur Dreileiber-Statue?

      Dafür spricht insbesondere eine Stelle bei Ovid, in der der römische Gott Janus sich selbst mit Hekate vergleicht (Fasten I, 142 f.). Janus ist der Gott der Schwelle (ianua), und als solcher wie Hekate ein Gott, der den Übergang und die Zeit des Übergangs symbolisiert (er wird daher auch von Proklos neben Hekate gestellt, wie wir später noch sehen werden). So wie Janus nach innen und außen schaut bzw. in die Zukunft und in die Vergangenheit, schaut Hekate in die drei Richtungen der Wegkreuzung:

      Ora vides Hecates in tres vergentia partes,

      Servet ut in ternas compita secta vias.

      Nach drei Seiten gekehrt erscheint dir auch Hecates Antlitz,

      Theodor Kraus erscheint auch das nicht überzeugend genug. Er verweist vielmehr darauf, dass vor allem Gottheiten der Unterwelt dreigestaltig dargestellt werden: Neben dem dreiköpfigen Hadeswächter Kerberos, neben Hermes, der als Totengott mehrköpfig wurde, wurde auch der Riese Geryon dreiköpfig dargestellt, der wie alle Titanen ein Kind der Erdgöttin Gaia ist. Dass Hekate eine chthonische Gottheit ist, haben wir bereits gesehen, und dass sie von Titanen abstammt, werden wir gleich bei Hesiod sehen. In ähnlicher Weise ist auch die germanische Hel eine Tochter Lokis und der Riesin Angrboda (die Parallele geht sogar noch weiter: eine Variante des Mythos erzählt, Hekate sei von Zeus in die Unterwelt hinabgeworfen worden, ähnlich wie auch Hel von Wotan unter die Erde verbannt wird).

      Kraus spekuliert, ob es nicht einen Brauch gegeben haben könnte, an den Dreiwegen an einem Pfahl drei Masken aufzuhängen, die die Göttin darstellen sollten, und dass hieraus die Dreigestalt entstanden sei. Das ist denkbar, es gibt jedoch keinerlei Beleg dafür. Eine befriedigende religionswissenschaftliche Erklärung für die Dreigestalt der Hekate gibt es jedenfalls bis heute nicht, wie Karin Zeleny 1999 feststellt. Denkbar wäre es, die Dreigestalt der Göttin mit den drei Parzen und Nornen in Verbindung zu bringen, und die drei Leiber als Symbole für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu sehen, wofür auch der oben zitierte Vergil-Kommentar spricht. Dies ließe sich dadurch plausibel machen, dass Hekate schon in der Antike mit Janus in Verbindung gebracht wurde, der offensichtlich ein Gott der Zeit ist. Dass die Römer den Janus von den Etruskern übernahmen, und dieser Gott wohl wie Hekate kleinasiatischen Ursprungs war, macht die Zeit-Symbolik ebenfalls wahrscheinlich.

      bild%2023.tif Dreigestaltige Hekate, St. Petersburg

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