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gegenüber abgegebene nicht verkörperte, also mündliche, telefonische oder konkludente Erklärung, geht sogleich zu, wenn sie vom Empfänger wahrgenommen worden ist und der Erklärende davon ausgehen durfte, der Empfänger habe sie richtig und vollständig verstanden.

      Die an einen Abwesenden – meist schriftlich – gerichtete Erklärung ist zugegangen, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen.

      Unter „Machtbereich“ (Zugriffsbereich) sind Wohnung, Geschäftsräume, auch der Haus- oder Geschäftsbriefkasten zu verstehen, ebenso das auf Empfang gestellte Faxgerät oder das E-Mail-Postfach. Dazu zählt auch die Übergabe an einen „Empfangsvertreter“ (z. B. Rechtsanwalt) oder an einen „Empfangsboten“, etwa an den Ehegatten, einen erwachsenen Hausangehörigen, einen kaufmännischen Büroangestellten oder den Pförtner.

      Was den Zeitpunkt des Zugangs angeht, der etwa bei einer innerhalb einer bestimmten Frist zu erklärenden Kündigung, einer fristgebundenen Rücktrittserklärung oder für die Annahme eines befristeten Angebots exakt zu bestimmen ist, ist maßgebend, wann unter gewöhnlichen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist: Übliche Zeit der Leerung des Briefkastens, des Leerens eines Postfaches, des Ausdrucks einer Faxnachricht, des Abhörens des Anrufbeantworters und bei Empfangsboten der Zeitpunkt, zu dem die Weitergabe des Dokuments an den Adressaten zu erwarten war. Bei Übermittlung einer Willenserklärung an den Adressaten selbst oder einen Empfangsvertreter ist hingegen von sofortigem Zugang auszugehen.

      Nachdem Post auch noch am Nachmittag zugestellt wird, gehen auch im Privatverkehr bis 18.00 Uhr eingeworfene Erklärungen noch am selben Tag zu. Im geschäftlichen Verkehr ist für das Zugehen von Postsendungen oder Faxmitteilungen auf die übliche Geschäftszeit abzustellen. E-Mails und SMS mit rechtsgeschäftlichen Erklärungen gehen zu, wenn sie im Postfach des Empfängers abrufbar gespeichert sind, nicht jedoch, wenn dies zur „Unzeit“ geschieht. Davon muss bei Eingang am Abend oder in der Nacht jedoch ausgegangen werden.

      Wird spät am Abend noch eine Kündigung in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen, so ist das Zugehen dieser Erklärung erst für den nächsten Morgen anzunehmen. Die am Abend abgesandte und aufgezeichnete Fax-Bestellung geht dem angeschriebenen Versandhaus erst am nächsten Vormittag zu.

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      Ein besonderes Problem kann entstehen bei der häufig praktizierten Versendung wichtiger Erklärungen durch Einschreibebrief. Er geht erst zu, wenn er dem Empfänger tatsächlich ausgehändigt wird. Wenn der Briefträger den Empfänger beim ersten Zustellgang nicht antrifft und deshalb den Einschreibebrief nicht übergeben kann, so kann die darin enthaltene Erklärung auch noch nicht zugehen. Holt der Empfänger aufgrund einer Benachrichtigung den Brief am nächsten Tag beim Postamt ab, dann geht er jetzt zu. Die Frist kann inzwischen versäumt sein.

      Ein sicherer Weg, der den Zugang gewährleistet und auch in einer amtlichen Urkunde dokumentiert wird, ist die amtliche Zustellung durch Vermittlung des Gerichtsvollziehers. Gemäß § 132 Abs. 1 BGB steht diese Möglichkeit jedermann offen.

      Weitere Einzelfälle zur Frage des Zugehens:

      > Nachsendungsantrag: Ist vom Adressaten der Erklärung ein Nachsendungsantrag gestellt, so erfolgt das Zugehen mit der Aushändigung der Sendung am Aufenthaltsort.

      > Abwesenheit: Ortsabwesenheit des Empfängers wegen Urlaubs, Krankheit, Haft steht einem Zugehen mit Einwurf in den Hausbriefkasten nicht entgegen.

      > Zugangsvereitelung: Bei böswilliger Zugangsvereitelung ist nach Treu und Glauben ein Zugehen zu dem Zeitpunkt zu unterstellen, zu dem Kenntnisnahme hätte erfolgen können (Abstellen des Faxgeräts, wenn Erklärung per Fax vereinbart war).

      > Unbegründete Annahmeverweigerung: Sie verhindert nicht das Zugehen; anders, wenn wegen fehlerhafter Anschrift oder unzureichender Frankierung (Strafporto) die Entgegennahme zu Recht abgelehnt wird.

      Trotz Zugang wird eine Willenserklärung nicht wirksam, wenn dem Empfänger vorher oder gleichzeitig ein Widerruf der Willenserklärung zugeht (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dieser „Widerruf“ ist jedoch nicht zu verwechseln mit dem 14-tägigen Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen (vgl. § 355 BGB).

      A sendet aus Verärgerung seinem Chef ein Kündigungsschreiben. Gleich danach reut es ihn. Wenn es ihm gelingt, dem Chef einen Kündigungswiderruf so zuzuleiten, dass dieser noch vor oder spätestens gleichzeitig mit dem Kündigungsschreiben dem Chef zugeht (etwa durch Eilbrief oder persönliche Übergabe des Widerrufsschreibens, Achtung Schriftformzwang gem. § 623 BGB, daher keine E-Mail), dann ist die Kündigung unwirksam.

      4.3.1 Der Vertragsabschluss

      Ein Vertrag kommt durch gegenseitig abgegebene, inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen zustande: Vertragsantrag und Vertragsannahme.

      V äußert gegenüber K, dass er ihm seine Uhr für 100,– € verkaufen wolle. K erwidert, er wolle die Uhr zu dem genannten Preis erwerben.

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      Damit ist der Vertrag geschlossen: Jeder kann vom anderen die Erfüllung der jeweils versprochenen Leistung verlangen.

      Der Verkäufer schuldet Eigentumsverschaffung an der Uhr, § 433 Abs. 1 BGB.

      Der Käufer schuldet Eigentumsverschaffung an dem Geld, Zahlung des Kaufpreises, § 433 Abs. 2 BGB.

      4.3.2.1 Begriff

      Vertragsantrag oder Vertragsangebot nennt man die Willenserklärung, durch die einem anderen die Schließung eines Vertrags angetragen wird (§ 145 BGB). Der Antrag kann vom Verkäufer oder vom Käufer ausgehen: Die zuerst geäußerte Erklärung ist der Antrag, mit der nachfolgenden Zustimmungserklärung wird der Antrag angenommen.

      Ein Vertragsantrag liegt nur vor, wenn er inhaltlich so bestimmt ist, dass er durch bloße Einverständniserklärung des Empfängers (z. B. durch Kopfnicken) angenommen werden kann.

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      Wenn A dem B lediglich erklärt, er wolle seinen Pkw verkaufen, ohne einen Preis zu nennen, so liegt darin kein Vertragsantrag. Die daraufhin geäußerte Zustimmung des B zum Kauf führt noch nicht zu einer vertraglichen Bindung der einen oder anderen Seite, weil eine Einigung über den Kaufgegenstand und dessen Preis erzielt werden muss.

      4.3.2.2 Vertragsantrag und bloße Werbemaßnahme

      Vom echten Vertragsantrag, dessen Annahme den Vertrag zustandebringt, sind solche „Angebote“ zu unterscheiden, die lediglich einen allgemein angesprochenen Personenkreis veranlassen sollen, mit dem Unternehmen in geschäftlichen Kontakt zu treten.

      Dazu gehören Werbemaßnahmen wie Schaufensterauslagen, Kaufhausprospekte, Warensortimente von Onlineshops, Zeitungsanzeigen

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