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bedarf andernfalls der Genehmigung.“ So wanderte der „Dorfschitz“ mit der „Schell“ in der Hand von Straße zu Straße im Dorf und rief seine Bekanntmachungen an die Bevölkerung aus. Die Menschen öffneten Fenster und Türen, um jedes Wort richtig verstehen zu können. Im Juli 1940 war es in Werschweiler „Feldschitz“ Karl Müller, der von 1933 bis ausgangs der 50er Jahre dieses wichtige Amt als Feldhüter und Ortspolizeidiener ausübte.

      Dessen Vorgänger, so erinnern sich heute noch ältere Werschweiler Bürger, war Konrad Stoll. Im Februar 1953 „schellte“ Karl Müller weithin durch das Dorf, dass „aufgrund der letzten Untersuchung des staatlichen Instituts für Hygiene und Infektionskrankheiten das Trinkwasser hygienisch einwandfrei ist. Die bisherige Anordnung, das Wasser vor dem Genuss abzukochen, ist damit hinfällig.“

      Der Dorfschütz von Niederkirchen machte am 9. Oktober 1952 den Tag der Obstversteigerung bekannt, der in früheren Jahren immer ein besonders Ereignis für die Ostertaler Bevölkerung war. Der Termin fiel immer auf den Selchenbacher Kirmessonntag. An der Gemarkungsgrenze in Werschweiler war vormittags Treffpunkt. Dann wurde Baum für Baum an den Meistbietenden versteigert. Natürlich war auch der Schitz dabei, der auf den regelmäßigen Ablauf der Versteigerung achten musste. Am Nachmittag war man dann in Selchenbach angelangt, und die Teilnehmer verbrachten dann den Rest des Tages auf der Kirmes.

      Übrigens wird auch heute noch der Brauch der Obstversteigerung auf der Werschweiler Gemarkung durchgeführt, organisiert vom Obst- und Gartenbauverein. Vor dem „Schitz“ hatten die kleinen Dorfbuben auch Angst und einen Heidenrespekt. Mit dem „Schitzestecke“ (Stock) in der Hand, der Schirmmütze auf dem Kopf und dem Hund hinterdrein durchwanderte er Tag für Tag die Flure und achtete peinlich genau auf das, was sich aufc den Feldern, Äckern und Wiesen abspielte. „Pass off, de Schitz kommt mit dem Stecke“, wurden die Jungen von ihren Eltern bedroht, wenn sie was angestellt hatten. „Schitz“ kommt von „schützen“. Er war als Ortspolizeidiener auch zuständig für den Schutz der Felder, Wälder, Bachauen und Obstpflanzungen, eben der Gemeindefeldhüter. Feldfrevel wurde von ihm streng geahndet. Auch ich habe heute noch Erinnerungen an meine Kindheit, wenn uns Buben der „Schitz“ erwischte und dann verfolgte. Besonders zur Kirschenzeit waren wir vor ihm nicht sicher. Wir Jungen „stranzten“ besonders gerne die ersten „Maikirschen“.

      Noch viel später, als ich als Junglehrer 1959 nach Hoof kam, wurde ich vom Leitersweiler „Schitz“ erwischt, als ich auf Leitersweiler Gemarkung auf der „Fröhn“ Brombeeren pflückte. Das durfte man nicht, so meinte jedenfalls „de Herrgott“, wie der Leitersweiler „Schitz“ im Volksmund genannt wurde. Als junger Mann war der spätere Werschweiler „Schitz“ Karl Müller, Feldhüter von 1933 bis 1959, Bergmann unter Tage. Er war dort im „Schlafhaus“ und als Koch berühmt. Natürlich war Karl Müller bei der jährlichen Bachschau als Feldhüter anwesend. Jeder Anlieger musste nach der Heuernte den Bach von Gestrüpp freimachen. Zur Inspektion kam eine Kommission mit dem Amtsbürgermeister, dem Ortsgendarmen und dem Feldhüter. Letzterer kannte die Parzellen genau. Wehe, wenn der Bachsaum nicht in Ordnung war! Der wurde gemaßregelt und musste binnen weniger Tage für eine Nachbesserung sorgen. Das Gebot, dass die Wiesen „zu“ waren, galt vom 1. April bis zum 24. Juni, dem Johannistag.

      Auch bei der Aufteilung der „Rodhecke“ war der „Schitz“ der wichtigste Mann im Dorf. Er teilte sie in Schneisen auf, die er mit Stangen abmaß und kennzeichnete die die Schneisen mit Nummern. Der „Schitz“ achtete darauf, dass bis zum Johannistag die eingeteilten Parzellen in der „Rodheck“ als Stangenholz und „Fache“ (Reisigbündel) abgefahren wurde. Dann ging der Förster mit dem Feldhüter durch die „Rodheck“, ob auch die Wurzelstöcke ordnungsgemäß herausgeschlagen waren.

      Ganz früher hatte der Dorfschütz auch die Aufgabe, darauf zu achten, dass bei der Bekanntmachung im Dorf die Fuhrwerke mindestens 60 Meter vor ihm anhielten, damit der Lärm nicht störte. Im Krieg hatte der Feldhüter eine weitere Aufgabe: Tag für Tag kloppte er die Kartoffelkäfer ab und passte auf, dass keine „Grombiere“ (Kartoffeln = Grundbirnen) geklaut wurden. Er musste auch bei der Zwangsablieferung von Kartoffeln beim Verladen in den Waggon dabei sein. Im Herbst 1944 wurden auf dem Werschweiler Bahnhof 212 Zentner Kartoffeln abgeliefert. Im Krieg musste der „Schitz“ auch das Getreide nach dem Dreschen abwiegen, denn ein bestimmter Prozentsatz musste abgeliefert werden. Bei den Hausschlachtungen wog er das Fleisch. Pro Person war ein bestimmtes Kontingent für den eigenen Hausverbrauch erlaubt. Was darüber hinausging, musste abgeliefert werden. Und am frühen Morgen ging der „Schitz“ durchs Dorf und schellte lauthals aus: „Heute Mittag um zwei Uhr gibt es in der Wirtschaft Ulrich die Lebensmittel- und Kleiderkarten.“ Immer gab es für den „Schitz“ einen Trunk Wein dazu, wenn er im Dorf ausschellte, zum Beispiel sein Getreide gegen Hagel versichern zu lassen. Am Dorfende stand er dann oft auf wackeligen Füßen.

       Vom Großknecht und vom Kleinknecht auf dem Bauernhof

      Der Großknecht war die erste Kraft und der Vertreter des Herren auf dem Bauernhof. Wenn er „gedingt“ (gemietet) wurde, dann musste er ein gesetztes Alter haben. Er durfte nicht unter 25 Jahre alt sein, und musste länger schon als Klein- oder Mittelknecht auf Höfen gedient haben, bevor von ihm erwartet werden konnte, die ihm obliegenden Arbeiten zum Vorteil seiner Herrschaft auszuführen. Wer geistig oder körperlich etwas zurückgeblieben war, konnte natürlich den Platz als Großknecht nicht einnehmen, er musste seine arbeitsfähige Zeit als Kleinknecht dienen. Bei dem Großknecht war es sehr wichtig, dass er morgens pünktlich wach wurde. Nicht jeder hatte damals schon eine Weckuhr. Der Großknecht hatte nach dem Erwachen für Licht und Feuer zu sorgen. Dafür hatte er einen Zunder, einen Feuerstein, Stahl- und Schwefelsticke. Fing der Zunder durch Streifschläge auf dem Feuerstein, als aus einem Funken an zu glimmen, dann hielt man einen Schwefelsticken daran, und daraus bildete sich eine Flamme. Diese wurde an den in Rüböl getränkten Docht des anzusteckenden Lichtes gehalten, bis das Öl zum Sieden kam und sich zur Leuchtflamme entfaltete. Petroleum war damals noch sehr rar, es gab es erst so seit 1920. Hatte der Knecht nun licht, dann musste er für die Pferde das Futter auf der Lade, auch Zappelbock genannt, am ganz frühen Morgen schneiden. In dieser Zeit fütterte er auch die Pferde und weckte den Kleinknecht zum Putzen der Pferde und die Mägde zu ihrer Morgenarbeit.

      Beim Pflügen hatte der Großknecht sämtliche Ackerstücke zu furchen. Seine Aufgabe war es auch, das gesamte Korn auf die Furche breitwürfig auszusäen. Der Bauer selbst und sein Kleinknecht hatten mit Eggen zu tun. In der Ernte musste der Großknecht vorweg mähen und vor Sonnenuntergang mit der Sense schon einen Teil zu Boden gelegt haben. Im Winter wurden abwechselnd Mist, Erde und Holz gefahren. Es wurde aber die meiste Zeit mit dem Flegel gedroschen.

      Abends wenn die Frauen und Mägde spannen, der Kleinknecht die Pferde fütterte und das Kuhfutter schnitt, musste der Großknecht auf der Rolle Stricke aus Grobhede spinnen. Man benötigte sehr viele Stricke zum Anbinden der Kühe und Pferde, sowie für Stränge an Wagen-, Pflug- und Eggenschwengel.

      Der Knecht ging sogar an den langen Winterabenden mit Rolle und Hede ins Dorf. Zugleinen, Gartenstricke, Sackbänder, Garnstricke für die Egge, Kuhstricke sowie sämtliche Pflug- und Eggenschwengel wurden an den Sonntagnachmittagen gemacht. Das war eine Arbeit für drei Personen, gewöhnlich für den Bauern, den Groß- und den Kleinknecht. Mittagspause gab es nur während der Mähtage in der Ernte. Selbst an Feiertagen, außer der Zeit d es Gottesdienstes, wurde gearbeitet. In der Mittagspause während der Ernte tranken die Mägde ihren Ziggoriekaffee. Der Bauer trank in der Regel ein Malzbier.

      Meine Mutter war als Magd beim Bauer Nauhauser beschäftigt. Dort arbeitete in den letzten beiden Kriegsjahren eine polnische Magd, die von den Nazis deportiert worden war. Die Polin war eine sehr fleißige Magd. Meine Mutter sagte mir viele Jahre später, dass sie wohl merkte, was sich da hin und wieder in der Tenne abspielte. Bauer und Magd hatten eine Liebelei, damals durfte das natürlich bei Strafe nicht sein. Polinnen waren ja keine Arier. Und wie es dann der Zufall wollte: Kurz nach dem Krieg heirateten die beiden.

      Ganz früher wurde noch das Korn in der Winterzeit mit dem Flegel gedroschen, der Roggen mit Hilfe der Tagelöhner. Die Abend- oder Abarbeit des Kleinknechtes bestand darin, dass er die Schafe abfütterte und den Stall

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