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haben, dann geht das Konzert richtig los. Einer trägt jetzt den Quak von Haus zu Haus, gefolgt von den „Taratschenmusikanten“.

      Vor dem Zuge, aber hinter dem Quak, marschieren die Quakherren mit einem Eierkorb, einem Eimerchen für Speck und Butter und der Zigarrenkiste, die zum Aufbewahren des gespendeten Geldes benötigt wird. In diesen Geräten werden die Gaben eingesammelt. Es wird vor jedem Hause so lange musiziert, bis die Hausfrau oder der Hausherr an die Haustür kommen und ihnen etwas Essbares oder Geld geben.

      Manchmal lehnt sich der Bauer neugierig über die Stalltür hinaus, da um diese Zeit das Vieh gefüttert wird und sagt mit einem ernsten Gesicht: „Ihr Buwe, es langt mit dem Krach“. Dabei kann er aber ein Lächeln kaum verbergen und denkt an seine eigene Schulbubenzeit zurück. Der Bauer nebenan, dem der Schalk schon von weitem aus dem Gesicht lacht, sagt: „Ihr Buwe, aber jetzt mal ordentlich geblasen.“

      Sind die Buben mit ihrem Umzug durch das Dorf fertig, so geht es zum Haus des ältesten Quakherren. Hier werden jetzt die Eier entweder mit Butter oder mit Speck gebacken und von sämtlichen Quakbuben verspeist. Das Geld und den Rest des Speckes und der Eier teilen sich die Quakherren untereinander auf. Zu einem gewissen Ritual gehört auch das Zerstören der „Taratschen“ nach dem Umzug.

      Das Quakgestell bleibt erhalten. Der nächstjährige Quakherr nimmt es mit nach Hause und bewahrt es auf. So endet jedes Jahr mit dem Eieressen an Pfingstmontag der schöne Brauch des Werschweiler Pfingstquakes.

       Als die Frösche noch quakten

      Erinnerungen werden wach, wenn wir an das „Märchen vom Froschkönig“ denken. Im richtigen Leben können Frösche und Kröten sich nicht wie im Märchen in Prinzen verwandeln, um die Sympathie des Menschen zu gewinnen. Im Mittelalter wurden sie als Teufelswesen verdammt und zu geheimnisvollen Salben und Tinkturen verarbeitet. Vor allem die Kröte galt in den volkstümlichen Vorstellungen unserer Vorfahren als Unglücksbote. Sie war das verfluchte Tier schlechthin, das Tier der Schatten, das Tier des Satans, der sich den Menschen häufig in dieser „hässlichen“ Gestalt präsentierte. Das Bild von der „hässlichen Kröte“, vor der man sich „ekelte“, ist zum Teil bis in unsere heutige Zeit erhalten geblieben.

      Die Kröte war zum einen wichtiger Bestandteil der unheilvollen Absude und Tränke der Hexen, zum anderen aber auch – und das seit frühesten Zeiten bis Anfang des 20. Jahrhunderts – bedeutsam für die Behandlung von Rheuma oder Geschwüren. Man band sie lebend auf den erkrankten Körperteil. Zur Fieberbekämpfung schloss man sie in einem kleinen Säckchen ein, das man um den Hals trug.

      Den Fröschen ging es bei uns ganz besonders „an den Kragen“: Sie galten als Delikatesse in der Landbevölkerung. Noch in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts hat man die Teich- und Wasserfrösche im Frühjahr zur Zeit der Laichwanderungen massenhaft gefangen, ihnen bei lebendigem Leib die Schenkel abgerissen, um sie zu verspeisen. Der obligatorische Feuerlöschteich im Dorf war immer der Froschteich. Hier vor allem trieb man das grausame Spiel. Ich habe als Kind miterlebt, wenn in meinem Heimatdorf Anfang März die „Froschjagd“ begann. Bei Einbruch der Dunkelheit – Frösche wandern bei Regenwetter nachts zu ihren Laichtümpeln – versammelten sich die jungen Männer an der Hanauermühle im Bereich der Oster, um die umherziehenden Frösche zu sammeln. Einmal war auch ich dabei und noch heute denke ich mit Grausen zurück, wenn man ihnen die Schenkel aus dem Leib riss. Und das passierte in einer Nacht Hunderten von Fröschen. Ich erinnere mich, wie mein Patenonkel daheim Froschschenkel in der Pfanne briet. Und da sah ich was Unfassbares: Die Schenkel zappelten in der heißen Pfanne. Ich habe nie Froschschenkel gegessen. Heute stehen alle Frösche und Kröten unter Schutz; trotzdem werden die Froschlurche immer seltener, und manche Arten verschwinden sang- und klanglos.

      „Froschkonzerte“ gehören der Vergangenheit an. „Wo Frösche sind, da sind auch Störche“, heißt es in einem alten Sprichwort. Das war einmal! Und da im Volksglauben „der Storch die kleinen Kinder bringt“, muss man sich nicht wundern, dass die Geburtenrate bei uns so niedrig ist.

      Ich erinnere mich auch an den Laubfrosch, der gerne als Wetterprophet gehalten wurde. Seiner leuchtend smaragdgrünen Hautfarbe und seines „netten“ Gesichtsausdrucks wegen, war er früher der Liebling unter den Fröschen. Der Klettermaxe rutscht auch auf glatten Fensterscheiben nicht ab und springt mit einzigartiger Geschwindigkeit durchs Blättergewirr. Als Wetterpropheten siechten früher unzählige Laubfrösche in Einweckgläsern vor sich hin. Eine Leiterchen war die einzige Ausstattung. Das Geheimnis ihrer Wetterfühligkeit ist einfach zu lüften: Sie stiegen in die Höhe, wenn es ihnen im engen Behälter zu heiß wurde und sie unten keine Luft mehr bekamen. Dann sollte „schönes“ Wetter bevorstehen. Blieben sie im Glas unten sitzen, sollte Regen im Anmarsch sein. Und eine alte Bauernregel besagt: „Wenn im Mai die Laubfrösche knarren, magst du wohl auf Regen harren.“

      Das Verhalten der Frösche und Kröten spielte bei unseren bäuerlichen Vorfahren als Wetterprophezeiung eine große Rolle. Besonders im Frühjahr, wenn Frösche und Kröten als „Frühaufsteher“ aus ihrer Winterstarre erwachten, wurden diese Amphibien als Wetterkundschafter angesehen, wobei häufig zwischen Fröschen und Kröten kein Unterschied gemacht wurde. Dies beweist auch die Redensart „einen Frosch im Hals haben“, vielfach bei uns abgewandelt „eine Kröte (Krott) im Hals haben“, wenn einer heiser spricht und nur noch „quaken“ kann.

       Als die „Kersche“ noch „bockich“ waren

      Wenn „Kersche“ „bockisch“ oder „wormisch“ sind, dann ist kein „Bock“ (im Volksmund beinlose Insektenlarven) und auch kein „Wurm“ drin, sondern die Made der Kirschfruchtfliege. Also sind solche Kirschen „madig“. Unreife Kirschen heißen im Volksmund „Quake“ oder „Quakerte“. Wer noch „grün“ hinter den Ohren ist, ist noch „unreif“, eben nicht erwachsen. So sollte auch der Pfingstquak, der heute noch im Ostertal (St. Wendel) nach uralten Riten gefeiert wird, den noch jungfräulichen Sommer herbeilocken.

      „Kirschen in Nachbars Garten“ wurden früher von Jungen „gestrebbt“ oder „gestranzt“ („gestohlen“), weil sie eben besser schmeckten als die eigenen. Dabei musste man immer auf der Hut „vorm Schitz“ sein, der als Feldhüter die Fluren bewachte oder vor Frevlern „schützte“. Mit dem Dorfschütz war eben „nicht gut Kirschen essen“. Wurde man dann vom „Schitz“ erwischt, konnte man vor lauter Angst nur noch „quaken“, weil einem die Angst den Hals „zudrückte“. Wurden wir Buben beim Kirschenstranzen erwischt, kam am anderen Morgen der „Schitz“ in die Schule und „zeigte uns beim Lehrer an“. Hin und wieder gab es dann auch mal eine „Tracht Prügel“.

      Die „Meikersche“ (Maikirschen) waren bei uns Jungen besonders beliebt, waren sie doch schon Ende des Monats reif. Es waren die ersten Kirschen, die uns anlockten. Doch da gab es auch einen „Kirschendieb“, der uns die Maikirschen immer „abpickte“. Es war der Pirol, der Pfingstvogel, dessen Lieblingsspeise eben Kirschen waren. Reife Kirschen wurden „gebrochen“, was pflücken bedeutet, aber „abbrechen“ heißt. Und sicherlich waren oben auf dem „Kerschbaam“ (Kirschbaum) noch ein Vogelnest mit einem „Quakerchen“ oder „Quakelchen“, was das Jüngste der Nestjungen war, eben das „Nesthäkchen“. Der Stein in der Kirsche ist im Volksmund der „Kerschekääre“, obwohl es kein Kern ist. Die „Kerschekääre“ wurden „ausgespauzt“ oder ausgespuckt. Im pfälzischen Dorf Altenkirchen gab es früher sogar einen Wettbewerb mit dem „Kirschenkern-Weitspucken“.

      Die „Spatze- und Molkekersche“ schmeckten uns Jungen am besten und eben die schwarzen hoch oben im Baum, die von der Sonne „gebrannt“ waren. „Rote Kirschen ess ich gern, schwarze noch viel lieber …“

      Die Kirschreife fiel früher immer mit der Heuernte zusammen, die oft zum Leidwesen der Bauern von schweren Gewittern begleitet wurde: Dann regnete es „Heigawwele“ (Heugabeln).

       Mit der Schelle unterwegs: „Pass off, de Schitz kommt meddem Stecke“

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