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Es war auch Brauch, dass während der Hochzeitsfeierlichkeiten der Braut der Schuh geraubt und dann versteigert wurde. Am Spätnachmittag zog die Hochzeitsgesellschaft in die Wirtschaft, wo getanzt wurde. Vor dem Haus des Bräutigams wurde am Abend mit allen möglichen Gegenständen eine „Katzenmusik“, „Schariwari“ genannt, gemacht. Sie hörte erst dann auf, wenn der Bräutigam sich bereit erklärte, etwas Trinkbares zu stiften.

      Wenn jemand in der Familie oder in der nahen Verwandtschaft gestorben war, stelle meine Mutter die Uhr ab, „damit der Tote in seiner Ruhe nicht gestört werde.“ Sie verhängte den Spiegel, um dem Toten nicht die „zweite Leich“ zu zeigen. Die Leiche wurde gewaschen und mit einem Totenhemd bekleidet. Des Mittags oder des Abends läuteten die Totenglocken. Um den Sarg stellte man vielfach brennende Kerzen. Abends kamen die Nachbarn und Verwandten zusammen, um zu beten. Ganz früher wurde auch Nachtwache gehalten. Am dritten Tage nach dem Tode wurde der Verstorbene beerdigt. Mit einem Pferdefuhrwerk wurde der Tote im Zug zum Friedhof gefahren. Nach der Beerdigung fand in der Wirtschaft das „Leichenimbs“ statt. Dazu gehörte vor allem Zuckerkuchen und Kranzkuchen.

       Als noch das „Heimsje“ auf dem Bauernhof auf der Pirsch war

      Mit dem Schwinden der bäuerlichen Struktur nahm die Zahl der Hauskatzen in den letzten Jahrzehnten bei uns rapide ab. Früher spielten sie auf dem Bauernhof eine wichtige Wächterrolle. Mit dem Anlocken „Heimsje oder Heimiche komm“ verband man die enge Beziehung der Hauskatze zu Haus und Hof. Daher kommt auch der liebevolle Name „Heimiche“: „Zum Heim gehörend“. Ein „Heimchen“ war früher auch die Hausgrille, ein kleiner Hausbewohner, auf dessen erstes Zirpen man im Sommer wartete. Und schließlich war eine gute Hausfrau ein „Heimchen am Herd“.

      Einst war die Hauskatze der Wächter auf dem Hofe. Von großen Weizen-, Gerste- und Roggenhaufen wurden Mäuse und andere Nager geradezu magisch angezogen. Ganze Heerscharen taten sich oft an den Körnerbergen gütlich, solange keine Samtpfote einen Abschreckungseffekt erzielte. Mehr noch: Der Mäusekot und die schimmelnden Essensreste galten als höchst ungesunde Beimischungen für den Getreideschrot, der ja schließlich an Rinder und Schweine verfüttert werden sollte. Mit reichem Hunger und Jagdfieber ausgestattet, bewachten die Katzen auch die Futterübenhalde vor Mäusen und größeren Nagern, verscheuchten Ratten schon alleine durch die geschickt platzierten Duftmarken vom Komposthaufen und hielt zuweilen sogar im Gemüsegarten Wacht, um beispielsweise Amseln von den Beeten abzuhalten.

      Auch kundige Obstbauern wussten die Arbeit des Schnurrers zu schätzen, denn kräftige Kater waren in der Dämmerung in den Obstanlagen auf der Pirsch, verharrten mucksmäuschenstill vor dem Eingang ins Reich einer Wühlmausfamilie und erwischten an einem Abend gleich drei der Schrecken. Kater „Tom“ hatte sich allein an diesem Abend schon bezahlt gemacht. Die wenigen nächtlichen „Gesangsarien“ der „Miezen“ wurden leicht verziehen.

      Allerlei Schabernack trieben wir Jungen abends auf dem Dorf. Konnten wir einen Hausbewohner nicht leiden, so legten wir frische Baldrianwurzeln vor die Haustür. Dass Baldrianduft Katzen magisch anzieht, wussten wir. Die sich dann auf der Treppe tummelnden Katzen miauten so laut, dass der Hausherr nicht schlafen konnte. Meine Mutter brachte die erste Katze in unsere Familie mit. Es war eine schwarze Katze, und obwohl schwarze Katzen damals noch als Unglücksbote galten, waren wir hochzufrieden mit unserer „Mieze“. Meine Mutter Berta war mit meiner Tante Lina und der „Tilchegoth“ an einem Sonntagnachmittag den weiten Weg über den Berg von Steinbach nach Ottweiler ins Kino gegangen. Es war mitten im Winter. Auf dem Rückweg mitten in der Nacht fing es an zu schneien. Da kamen sie an einem kleinen Wäldchen vorbei und hörten ein klägliches Miauen. Es war ein schwarzes Kätzchen, das ihnen entgegenkam. Meine Mutter hatte Leid mit dem Kätzchen und nahm es mit nach Hause.

       Der „Pfingstquak“ im Ostertal

      Alljährlich zu Pfingsten findet in Werschweiler im Ostertal (Saarland) auch heute noch der uralte Brauch des Pfingstquakes statt. Was bedeutet „Pfingstquak“ und woher stammt dieser Brauch?

      Sehr wahrscheinlich war der Quak ursprünglich ein Vegetationsdämon. Die Germanen glaubten, in diesem sei der Dämon selber und er würde so das Wachsen und Gedeihen der Natur günstig beeinflussen. Sie hüllten jemanden aus ihrer Mitte in das grüne Laubwerk des jungen Frühlings und schmückten ihn mit den ersten Blumen. Durch das Herumtragen von Haus zu Haus sollte er Segen spenden. So war wohl unseren Vorfahren dieses Umhertragen des Quakes eine sehr ernste, aber auch feierliche Angelegenheit.

      Heute ist der Pfingstquak in Werschweiler nur noch ein Kinderbrauch. Das Wort „Quak“ wird unterschiedlich ausgelegt. Der Quak kommt außer in einigen Gegenden des Saarlandes noch im Hunsrück, Elsass und in der Pfalz vor. Man bringt damit etwas Junges, noch Unentwickeltes zum Ausdruck. Der Jüngstgeborene ist der Nestquak, unreife Kirschen werden ebenfalls als „Quaken“ oder „Quakerte“ bezeichnet. Der Pfingstquak wäre demnach das junge frische Maiengrün, die erste Gabe der überreichen Natur.

      Jedes Jahr, wenn um Pfingsten die Natur sich zu entfalten beginnt, sich im Walde die ersten zarten Blätter zeigen, der Ginster am Wegrand und auf den Höhen seine goldenen Farben erstrahlen lässt und der Frühling sich in seiner schönsten Pracht zeigt, dann schenkt er der dörflichen Schuljugend den herrlichen Laub- und Blumenschmuck zum Pfingstquak.

      Schon zehn oder auch vierzehn Tage vor Pfingsten, wenn die Rotbuchen ihr erstes zartes Grün zeigen, ziehen die älteren Jahrgänge der Schulbuben unter der Führung des Abschlussjahrganges – das sind die „Quakherren“ – mit zwei Handwagen hinaus in den Wald. Die Quakherren dürfen in den Handwagen Platz nehmen und werden in den Wald und später auch wieder nach Hause gefahren.

      Im Wald angekommen, werden nun junge Buchen ausgesucht und die Äste, die sich gut zum Flechten eignen, abgeschnitten. Damit werden die beiden Handwagen voll geladen und noch ein Dach darüber geflochten, unter dem die Quakherren Platz nehmen.

      Bei dem zweitältesten Quakherren zu Hause wird dann der Quak hergerichtet. Die Buchenreiser werden jetzt nochmals zurechtgeschnitten und damit das Gestell des Quakes umflochten. Das Gestell ist etwa 80 cm hoch, oben ist ein rundes Brett mit etwa 40 cm Durchmesser, am Rande sind 12 Löcher im gleichen Abstand gebohrt, in welche Haselnussstöcke gesteckt werden. Am unteren Ende sind die Stöcke an einem Blechreifen befestigt, der einen Durchmesser von 50 cm hat.

      Ist das Gestell bis auf ein kleines Guckloch vollständig umflochten, wird der Quak bis zu seiner Vollendung in den Keller gestellt, damit er sich frisch hält. An Pfingstsonntag schon in aller Frühe sieht man ein emsiges Treiben der gesamten Schulbuben. Die gehen von Haus zu Haus und sammeln Blumen, die in den Dorfgärten wachsen. Die so gesammelten Blumen werden nun zum Quak getragen, denn mittlerweile haben die Quakherren den Quak auf einen provisorischen Tisch aufgebaut und jeder von ihnen ist mit einem kleinen Holzspieß bewaffnet, mit denen Löcher in das Quakgeflecht gebohrt werden. In diese Löcher steckten dann die Buben die Blumen hinein.

      Ist das Flechtwerk nun vollends mit all den bunten Blumen behangen, kommt als Abschluss ein kleines Fichtenkrönchen obendrauf, das in dem runden Brett befestigt wird. Dieses kleine Krönchen wird nun ebenfalls mit Blumen und bunten Bändern geschmückt. Der nun fertige Quak strahlt die ganze Kraft der bäuerlichen Blumengärten aus; besonders herrlich wirkt er, wenn Pfingstrosen, Flieder und Schneeball verwendet worden sind.

      Am Nachmittag ziehen die vier ältesten Jahrgänge noch einmal in den Wald, aber diesmal ohne Handwagen. Jetzt werden die letzten Vorbereitungen für den nächsten Tag getroffen, die Anfertigung der „Taratschen“ (Schalmeien, Rindenflöten). Dazu müssen die Erlen herhalten, die sich besonders dafür eignen und an Waldbächlein gut gedeihen. Für jeden Schulbuben wird ein solches Instrument von den Erlen abgeschält.

      Sobald sie mit ihren „Taratschen“ im Dorf erscheinen, stehen schon die jüngeren Buben, die nicht mitgehen duften, um ihre „Taratschen“ in Empfang zu nehmen. Nun sind alle Vorbereitungen getroffen, den Quak nach alter Sitte den Dorfbewohnern aufs Neue vorzustellen. Die beiden ältesten Jahrgänge bewachen in der Nacht den Quak, damit er nicht gestohlen wird.

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