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Majoran, Bohnenkraut (Eau de Cologne)

      Malerei: Heiliger Martin von El Greco. Dem Motiv liegt die Legende von der Mantelteilung zugrunde: Seelische Verbindung durch materiellen Ausgleich.

      Musik: Die Kunst der Fuge. Der Kontrapunkt in den Fugen von Bach.

      Schrift: Dekalog (= Zehngebot) oder die Magna Charta von Chester

       Im Alleinsein finde ich All-Eins-Sein.

       Der Alte mit der Laterne, Psychopompos, Seelenführer; auch: Samenspender, Befruchter, Lebensgeheimnisträger

      Astrologie: Saturn als Hüter der Schwelle

      I Ging: 52 Gen – Das Stillehalten (Der Berg)

      Rune: Isa (Eiszapfen) symbolisiert das Kristallisieren und Transformieren äußerer Ziele zu tiefer, innerer Erkenntnis.

      Licht: Weisheit, Erleuchtung (das innere Licht), innere Führung; Wahrheit, Selbsterkenntnis (Einkehr in sich selbst)

      Schatten: Erstarrung, Isolation, Rückzug, Verhärtung, seelische Unreife und Verbitterung

      Farben: Gelbliches Grün, Schiefergrau, Grüngrau, Pflaume (Liber 777)

      Tierkreis: Jungfrau1

      Kurzbeschreibung: Der Eremit begegnet uns inmitten eines üppigen Weizenfeldes. Unter seinem pflaumenroten Mantel trägt er das Geheimnis der Unsterblichkeit verborgen.2 Sein Körper bildet die Form des gewundenen Buchstabens Jod, dessen züngelnde Flamme der Ursprung aller hebräischen Ziffern ist. Der Schlangenstab hat die Form eines Spermiums, des zeugenden Impulses, aus dem alles entstehen kann. Man könnte etwas maliziös auch sagen, er meditiert so tief über das Geheimnis einer Samenzelle, dass er in seiner ganzen Haltung die Form eines Spermatozoons angenommen hat. In der Linken hält er eine Laterne, in der sich eine Sonne befindet. Während die aus der Tiphareth-Laterne nach oben schießenden Lichtbündel die sieben kosmischen Strahlen der Kabbala darstellen3, symbolisiert das Licht-Pyramiden-Schiff (die auf einer dreieckigen Fläche ruhende Strahlenpyramide), das die Spitzen der Lichtbündel miteinander verbindet, die göttliche Erkenntnis oder die Erleuchtung der Jünger Jesu durch den Heiligen Geist. Davor schwebt in einer Lichtinsel das Orphische Ei, das uns schon in den Karten des Narren und der Liebenden beschäftigt hat.4 Das Licht in der Hand des Eremiten geht aber nicht zum Ei hin (dieses tanzt im Ausschnitt des von außen einfließenden Lichts), sondern leuchtet als Seelenführer in die Herzen all derer, die ihm vertrauen und ihm folgen. Am unteren Bildrand sehen wir Zerberus, den der Tiefe entsprungene und ins Licht drängende dreiköpfige Höllenhund.

      Analyse

      Hinter der oft schweren Pranke der Ausgleichung mit ihrer drückenden Last von Recht und Ordnung und des teilweise unbewussten Über-Ichs mit seinen komplexen Verschachtelungen von Gewissen und Moralität erwartet uns der wohl bekannteste Archetyp in seiner überlieferten Rolle als alter Mann mit Laterne. Es ist der geheimnisvolle Alte aus der Karte der Liebenden, wo er als hoher Priester das königliche Brautpaar miteinander vermählte. Hier führt er uns nun von der äußeren Welt in die Tiefe unseres inneren Seelenraums. Das ist der nächste Schritt zur Ausweitung unseres Bewusstseinsrahmens, denn mit der Karte VIIIAusgleichung haben wir die Oberfläche der Außenwelt ausreichend erschlossen. Der Eremit findet sich überall dort, wo wir versuchen, etwas zu beschreiben, was sich nicht unmittelbar im dualen Erleben ausdrückt, sondern sich in einer tieferen Einsicht im Leben niederschlägt. Der Laternenträger als Platzhalter für das, was C. G. Jung als das Selbst bezeichnen würde, ist Wegweiser und Führer in der Innenwelt und steht in unmittelbarem Zusammenhang mit intuitiven Begegnungen der Dritten Art, die man in der Kunst, in Träumen oder Phantasieerlebnissen erfahren kann.

      Die Karte zeigt an, dass der Eremit in seiner Funktion als höhere Einsicht nicht nur als geheime Erkenntnis in dunklen Seelenfalten funkelt, sondern in tiefgründigen Momenten mit seinem Licht auch ins Bewusstsein des Menschen hineinleuchten kann. Seine gebeugte, abgewandte Haltung steht für die Erkenntnis, nicht an den trügerischen Höhepunkten des Lebens festzuhalten. Seine (verdrehte) Gestalt erinnert an die Form des Buchstaben Jod, und die Farbe seines Mantels ist das erdfarbene Rot von Binah, in deren Schoß er wächst, fährt Crowley fort. In seiner Hand hält er eine Lampe, in deren Mitte die Sonne ist, die dem Siegel des großen Königs des Feuers nachempfunden wurde.5 Man könnte es auch so ausdrücken: Jod entspricht der Hand in der Mitte des Bildes, die den Kristall hält, mit dem Licht in das Dunkel geworfen wird. Dort verbirgt sich die Urerkenntnis, aus der alle anderen Erkenntnisse hervorgehen. Erst in der Meditation über unseren kreativen inneren Willen können wir diesen tief in uns verborgenen Persönlichkeitspunkt erfahren, der sich normalerweise nicht im alles miteinander in Bezug setzenden Denken offenbart. Sehen wir uns zur Verdeutlichung die Rhythmen der biologischen Zyklen einmal an: In den beiden ersten Lebensdritteln strömen die Energien noch leicht und mühelos in unsere materiellen Ziele, und die Psyche findet ihr natürliches Streben in der Unterstützung der Absichten des Ichs.6 Doch im Herbst und Winter des Lebens kehrt sich dieser Ablauf normalerweise ins Gegenteil. Es geht dann darum, die Widerborstigkeit des kindlichen Ichs und die trotzige Anmaßung des königlichen Ego an die reiferen Bedürfnisse des Selbst anzupassen. Wenn es uns nicht gelingt, die natürlichen Rhythmen des Lebens an uns heranzulassen, lassen uns auch Weisheit und Reife nicht an sich heran. Wie immer es sich auch nach außen darstellt, es ist die Entwicklung der Seele, die Erfahrung des Selbst, die dem Sein Sinn und Erfüllung verleiht. Es geht hier darum, die tieferen Schichten des Lebens zu ergründen und uns mit dem verborgenen Auftrag unserer Ahnen zu beschäftigen.

      Kommen wir nun zu den verschiedenen Requisiten auf dem Bild: Die leuchtende Laterne in der Form eines Oktaeders (Achtflächner) mit der sechzehnstrahligen Sonne, die an einen strahlenden Diamanten erinnert, ist das Licht der Erkenntnis oder der Schnittpunkt, an dem sich unbewusstes Wissen mit bewusster Erinnerung vermischt.7 Es ist die Stelle, an der sich persönliche Einsicht und kollektive Weisheit verbinden. Wenn wir selbst einem Weisen begegnen, werden wir uns auf diesen Punkt ausrichten und ihn in seinem äußeren Erscheinungsbild erfassen, und zwar in dem Rahmen, wie uns das unser eigener geistiger Führer erlaubt. D. h. im Grunde löst der alte Mann mit der Laterne das Bild in uns aus, wie wir unsere eigene Lebenserfahrung und Reife wahrnehmen können. Die Strahlenpyramide, die das Licht des Diamanten mit der Sonne potenziert und in geometrischen Lichtbündeln über das ganze Bild verteilt, steht für geistige Vision, spirituelle Befreiung und Erleuchtung. Das Ganze ist wie ein Strahlencluster, der die Flammen der Erkenntnis in der Dunkelheit des menschlichen Materialismus und der Oberflächlichkeit verstreut, und die sich wahrnehmende Erkenntnis entspricht exakt dem Eremiten. Es ist die durch Askese in mächtigem Umfang freigesetzte Libido, die plötzlich losbricht. Wir können es auf den Punkt bringen und sagen, die diamantene Sonne ist des Alchemisten inneres Bild der Suche, das gespiegelte Bild seines inneren Feuers, und solange er dessen Glanz (noch) nicht erträgt, muss er sich abwenden (und masturbieren). Diese innere Kraft wird ihn aber trotzdem leiten, solange er die Bestätigung seines Ego im außen nicht braucht und ihn auch die Projektion nicht interessiert, wie die Welt seine Person wahrnimmt.1

      Das wichtigste Requisit ist das schlangenumwundene (= Orphische) Weltenei, dem es gelingt, die Aufmerksamkeit des Eremiten auf sich zu ziehen, auf den Ursprung aller Dinge und das Mysterium der Schöpfung, für das es steht, und damit seinen geistigen Kanälen die richtige Richtung zu geben. So wie das Ei die Lebendigkeit des Alten ausdrückt und seine geistig-imaginäre Kraft, entspricht das Spermatozoon

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