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vor mich treten: lasst Blut in meinem Namen fließen.

       Liber Legis III/​11

      Es ist eine alte Bekannte, der wir hier begegnen, die Göttin des Neuen Æon, die anstelle des Hierophanten nun den Strom der Entwicklung dirigiert. Das Schwert in ihrer Hand trägt das Wort des Gesetzes in die Klinge graviert: Qelhma. Im Gegensatz zum Ass der Schwerter, dessen Klinge die Himmelskrone durchbohrt, hält die Priesterin die Spitze gesenkt, was Crowley als das Symbol der befriedigten Frau deutet. Ihre Haltung sagt: Liebe ist das Gesetz – Liebe unter Willen! (I/​57)

      Das ist der zweite Teil der Formel, den Crowley dieser Karte zuordnet. Der erste lautet: Tu, was du willst! (I/​40)12 Es geht hier darum, die Libido der Feuerstäbe und den Willen der Flammenschwerter zu verbinden, um die Vereinigung von sexuellen und spirituellen Kräften zu erlangen. Nur die durch den Willen beherrschte Liebe entspricht der Schlangenkraft oder Kundalini und bedeutet, sich weder von den Instinkten beherrschen zu lassen noch die Triebenergie zu unterdrücken. Die Ausgleichung repräsentiert dabei die Fähigkeit, diesen unterschiedlichen Kräften eine gemeinsame Richtung zu geben.

      Die ganze Erscheinung erinnert auch an einen Diamanten, den härtesten, spröden, lichtbrechenden und wasserklaren kubischen Kristall. Das entspricht der Fortsetzung der Symbolik der Karte V.13 War sie dort noch die kleine Göttin, die sich vor dem Hierophanten in winziger Gestalt erhebt, dann ist sie hier die ausgewachsene Priesterin, die ihn mit dem Schwert des Willens besiegt – mitten ins Herz seines Sterbenden Gottes. Genauso hat sich ihre Präsenz auch aus Sicht der Karte Hohepriesterin verändert14: Sie ist nicht mehr Nuit, die Göttin der Nacht, die als Urmuster unseren Gefühlen und Gedanken zugrunde liegt, sie ist nun die Kraft oder das hier zur Entfaltung gekommene Potential, die Priesterin des Horus-Äons, die durch die rautenförmige Einrahmung in den Raum hinaustritt15 und das Neue Æon verkündet: Liebe ist das Gesetz – Liebe unter Willen!

       Der Narr und die Ausgleichung

      Die Ausgleichung ist die weibliche Entsprechung zum Narren, denn der Meister nennt sie die weibliche Ergänzung zum Narren16, was als verbindliche Behauptung aber eines Kommentars bedarf. Er meint den unschuldigen, schöpferischen Impuls des Mannes, der auf die Idee der (zukünftigen) Herrschaftsform der Hure trifft. Die Formel müsste heißen: Die Karte »Ausgleichung« ist Crowleys Vorstellung einer von ihm erkürten Göttin als weibliche Ergänzung zu seinem inneren Kind (Narr).

       Der Narr liest dieses Buch des Gesetzes und seinen Kommentar und er versteht es nicht.

       Liber Legis III/​63

      Man könnte auch sagen: Der Narr ist die unformatierte Datei, das leere (Bewusstseins-)Blatt, in das Justitia ihre Gesetzesformeln einprägt. Das verdeutlicht das Problem: Ist der Narr ein Narr, dann ist es nicht seine Aufgabe, die Formeln der Ausgleichung zu verstehen. Ist der Narr aber kein Narr und kann verstehen, dann ist er seiner kindlichen Unschuld im göttlichen Paradieszustand beraubt. Das heißt, die Ausgleichung zerstört den Narren. Anders herum: Um erwachsen zu werden, benutzt der Narr die Ausgleichung, um sich aus seiner Unschuld herauslocken zu lassen17 und erst noch jemanden zu haben, dem er dafür die Schuld in die Schuhe schieben kann. Auf der psychologischen Ebene entspricht das dem Aufstand der Jungen gegen das etablierte System. Die Ausgleichung sieht das natürlich anders: Sie betrachtet sich als die, die das närrische Kind auf eine höhere Ebene führt.

       AL – LA (31)

      Die beiden hebräischen Buchstaben AL(eph) und LA(med), die mit der Ausgleichung und dem Narren korrespondieren, ergeben das Wort AL und die Zahl 31. AL steht für Gott oder für die Vorstellung von Gott – also nicht für Kether, den unvorstellbaren Gott, sondern für die Sephira Chesed am Baum des Lebens –, LA für Nichts oder Nicht-Gott. Das ergibt zusammen die Formel Gott-Nicht-Gott oder, wie sich der Advocatus Diaboli ausdrückt: Es gibt keinen Gott – und das ist es!

      Crowley umschreibt das – wie üblich – etwas blumiger: Es gibt keinen Gott, und LA AL ist jenes Mysterium der Mysterien, welches Dein eigenes Auge bei Deiner Initiation durchdrang.18

      Liber 77719 und weitere Korrespondenzen

      Ausgleich! Rhythmus windet sich durch jeden Akt. Wild ist der Tanz; sein Gleichgewicht ist exakt.

      Titel: Die Tochter der Herren der Wahrheit – Der Regent des Gleichgewichts

      Bild: Eine konventionelle Figur der Gerechtigkeit mit Waagschalen und Waage

      Zahl: 30, 74 (ausgeschrieben)

      Buchstabe: Lamed = L/​LMD (Ausgestreckter Arm, Ochsenziemer). Dieser Buchstabe symbolisiert die Peitsche oder Zügel, mit dem das Individuum in die Gruppe eingebunden wird.20

      Pfad: 22 von Geburah nach Tiphareth. Geburah (Bewegung) zeigt die Abläufe von Zeit, in denen sich das Leben »bewegt«, und Tiphareth symbolisiert das Gleichgewicht zwischen Wachstum und Zerstörung und ist gleichzeitig eine Spiegelung der höheren Gottessphäre.

      Götter: Ma oder Themis, die Göttinnen der Wahrheit und Gerechtigkeit; in höherem Sinne auch Venus, die die Waage regiert, oder Nemesis, die ultimative automatische Gerechtigkeit der Natur

      Pflanze: Aloe

      Krafttiere: Elefant; alle Tiere, die symmetrische Muster machen (Spinne)

      Edelstein: Smaragd

      Wesen: Feen, Harpyien

      Dämonen (Qlipoth): A’Abiriron, die Lehmigen (aus Staub und Dreck geformte Zwerge)

      Magische Kräfte: Arbeiten der Gerechtigkeit und des Ausgleichs

      Magische Waffe: Das Kreuz des Gleichgewichts

      Parfüm: Galbanharz

      Droge: Tabak

      Geomantie: Puella

       Gematrische Korrespondenzen

      30: Judah, Es wird sein, traurig, mattfarbig, schwach, trübe, versagt, nachlassen, Löschung, Heilung, Wunde, Brandmal

      74: Ein Führer, Oberhaupt, Richter, Wogenschwall, Wellenschlag, Wissen, ein Ochsentreibstock, Lehrer, Schüler, Jünger, Beute, Zeugnis

      Gottheiten: Pallas Athene; Rhea Dictynna, die Gesetzgeberin; Libera, die Dame der Waagschalen; Maat, die ägyptische Göttin der Wahrheit und des Gerichtswesens

      Mythen: Moses als Verkünder der Gesetzestafeln; die Geburt der Pallas Athene aus dem Kopf von Zeus

      Symbole: Die Waage als Symbol des Ausgleichs und das Schwert der Justitia als Zeichen der Unterscheidung, Entscheidung und Vollstreckung; oder die salomonische Weisheit als Symbol der Einsicht, dass Recht und Unrecht das Gleiche sind und sich nur in den Köpfen der Wahrnehmenden unterscheiden

      Kultstätte: Panthéon

      Ritual: Rechtssprechung

      Sabbat: Equinox (Tag- und Nachtgleiche)

      Kraftstein:

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