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       Ein seltsamer Zusammenhang

       Der Menschensohn muss erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.

      JOHANNES 3, 14B-15

      In der Nacht kommt Nikodemus, der Professor der Theologie, zu Jesus. Er will wissen, was es mit diesem Lehrer aus Nazareth auf sich hat. Doch er will noch mehr. Nikodemus fragt Jesus nach dem Weg zum ewigen Leben. Das ist die Frage nach dem Zentrum. Denn ohne die Dimension der Ewigkeit hat alles, was wir denken und tun, keinen bleibenden Bestand und keine wirkliche Bedeutung. Jesus versucht, dem jüdischen Theologen zu zeigen, welche Bedeutung er, Jesus, selbst für das ewige Leben hat: „Der Menschensohn muss erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“

      Ob Nikodemus das verstanden hat? Ob er verstand, dass Jesus selbst der Menschensohn ist, der Weltenherrscher, von dem Daniel im 7. Kapitel spricht? Ob Nikodemus verstand, was Jesus hier mit dem Wort „erhöhen“ meinte? Erhöhen – dieses Wort begegnet uns im ganzen Johannesevangelium. Damit beschreibt Jesus sein eigenes Sterben hoch am Kreuz. Und zugleich schwingt dabei schon die Überwindung des Todes mit.

      Eines wissen wir: Nikodemus wurde ein Nachfolger von Jesus. Zunächst heimlich. Doch nach dem Tod Jesu stellte er sich öffentlich zu ihm. Spätestens jetzt hatte er es verstanden, dass zwischen Jesu Sterben am Kreuz und dem ewigen Leben dieses kleine, erstaunliche, verbindende Wort steht, „damit“: „ … damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ Ein seltsamer Zusammenhang. Und doch ein notwendiger. Das Selbstopfer von Jesus am Kreuz ist der Schlüssel zum Leben.

      Dass sein Sterben mehr war als ein Justizmord, mehr als das furchtbare Leiden und die rasenden Schmerzen, mehr als der Spott und Hohn, das zeigt Jesus hier. Für ihn ist das Kreuz die Erhöhung. Der Anfang seiner Rückkehr zum Vater. Und dabei ist er nicht allein. Bei Jesus sind die, die durch ihn und von ihm das größte Geschenk überhaupt empfangen haben: Das ewige Leben.

       Was am Kreuz geschah

       Er hat unsre Sünde selbst hinaufgetragen an seinem Leibe auf das Holz.

      1. PETRUS 2, 14

      Gott weiß, dass wir Menschen aus eigener Kraft mit den Problemen der Sünde, des Unrechts und der Schuld nicht fertigwerden. Deshalb geht er bis zum Äußersten. Seine Antwort ist das Kreuz. Diese paar Meter Holz, an denen der Mann aus Nazareth, Jesus, hingerichtet wird.

      Doch was bedeutet das? Petrus schreibt es in seinem Brief: „Er hat unsre Sünde selbst hinaufgetragen an seinem Leibe auf das Holz.“ Genau das passierte an diesem Tag vor fast 2000 Jahren vor den Toren von Jerusalem. Dort am Kreuz geschah das Undenkbare: Gott, der Richter selbst, kommt und tritt an die Stelle des Schuldigen. Er nimmt die Last der Sünde auf sich.

      Es ist Gott selbst, der in Jesus die Schuld der Welt trägt. Manche missverstehen das, was hier geschieht. Sie meinen, dass die Bibel behaupte, dass Gott den unschuldigen Jesus hat sterben lassen, während er unbeteiligt vom Himmel herabschaute.

      Nein, Gottes Herz zerbrach dort am Kreuz. Er gab sich selbst in den Tod, um die von ihm getrennte Schöpfung wieder zu sich zurückzuholen. Das betont Paulus: „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst.“ (2. Korinther 5, 14)

      Das Leiden von Jesus am Kreuz ist das Leiden Gottes, des Vaters. Hier nimmt Gott selbst das Leiden der Menschheit auf sich. Es ist kein Fremder, der hier am Kreuz stirbt. In Jesus, dem ewigen Gottessohn, steigt Gott selbst in das tiefste Leiden ein. Er, der Gerechte, leidet das Los der Ungerechten, er, der Sündlose, gibt sich selbst für die Sünder. So ist das Kreuz der Ort, an dem sich Gottes Gerechtigkeit und Gottes Liebe in vollkommener Weise zeigen.

      So ist Gott: Er liebt uns so sehr, dass er das Leid, die Schmerzen, ja sogar die Schuld und den Tod der Menschen auf sich nimmt. Die Folge: Wir dürfen ohne Schuld, frei und mit einem guten Gewissen, voller Freude und Dankbarkeit leben. Jesus hat am Kreuz den Weg frei gemacht. Und so kann alles neu werden.

       Der Kuss des Vaters

       So stand er auf und kam zu seinem Vater zurück. Als er noch weit entfernt war, sah sein Vater ihn und wurde von Mitgefühl erfasst. Er rannte los und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.

      LUKAS 15, 20

      Wie sehen wir Gott? In der Vorstellung der Völker ist Gott meist weit entfernt und schwer zu erreichen. Die Religionen sind Versuche, eine Beziehung zu Gott oder den Göttern aufzubauen. Doch dabei muss immer der Mensch etwas leisten. Immer ist der Mensch auf dem Weg zu Gott. Doch er weiß nie, ob er ankommen wird. Er kann sich nicht sicher sein, ob er wirklich alles richtig gemacht hat und ob sein Gott in der Stimmung ist, ihn zu erhören.

      Die Bibel zeigt: Es ist genau anders herum! Der Mensch ist auf der Flucht vor Gott – auch in all seiner Religiosität. Gott dagegen ist auf der Suche nach uns Menschen. Er sehnt sich nach der Beziehung zu seinen Geschöpfen. Gott ist nicht fern oder uninteressiert, sondern ein Vater, der seine Kinder liebt. Er ist der Hirte, der sein verlorenes Schaf sucht. Er ist der König, der auf allen Straßen und Gassen zu seinem Fest einlädt. Das ist der Kern der Bibel, vorgezeichnet in der Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel und entfaltet in Jesus.

      „Wer mich sieht, sieht den Vater!“, so sagt es Jesus (Johannes 14, 9). Er ist „das Ebenbild des unsichtbaren Gottes“ (Kolosser 1, 15). Gott blieb nicht verborgen. Er hat sich auf den Weg gemacht zu uns, in Jesus.

      Das ist das Geheimnis der unvergleichlichen Geschichte vom „verlorenen Sohn“: Jesus selbst ist der Vater, von dem er erzählt: „Als er noch weit entfernt war, sah sein Vater ihn und wurde von Mitgefühl erfasst. Er rannte los und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.“ (Lukas 15, 20) Das ganze irdische Leben von Jesus war nichts anderes als dieser „Kuss des Vaters“. Menschen sollten erleben: So ist Gott.

      Wenn ein Mensch das begreift und in Gottes ausgestreckte Arme läuft, dann ist Freude angesagt. Bei dem Fest feiert der ganze Himmel mit!

       Etwas Schönes für Jesus

       Sechs Tage vor dem Passafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den Jesus auferweckt hatte von den Toten. Dort machten sie ihm ein Mahl und Marta diente ihm; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch saßen. Da nahm Maria ein Pfund Salböl von unverfälschter, kostbarer Narde und salbte die Füße Jesu und trocknete mit ihrem Haar seine Füße; das Haus aber wurde erfüllt vom Duft des Öls.

      JOHANNES 12, 1 - 3

      Der amerikanische Evangelist und Autor Leighton Ford, der mir seit vielen Jahren zu einem väterlichen Freund und Begleiter geworden ist, erzählt von einer Begegnung mit der albanischen Nonne Mutter Teresa in Kalkutta. Nachdem er einen Tag ihr Leben miterlebt hatte, fragte er sie, woher sie und ihre Schwestern die Kraft bekämen, tagein, tagaus die schwere Arbeit der Pflege von Schwerstkranken und Sterbenden durchzuführen. Als Antwort hob sie ihre Hand, deutete auf die fünf Finger und sagte: „Das kann ich in fünf Worten ausdrücken. Sie lauten: Do it all for Jesus!“ Tue es alles für Jesus.

      Als Christen wollen wir uns für Gott und seine Sache in dieser Welt einsetzen. Dass wir etwas tun müssen, steht für uns außer Zweifel. Doch wie wir das tun, mit welcher Einstellung und inneren Haltung, ist sicher ebenso wichtig wie das, was wir tun.

      Maria tat etwas Schönes: Sie opferte das, was sie hatte – die kostbare Narde, die aufgrund ihres hohen Wertes für sie eine Art Lebensversicherung darstellte –, um Jesus zu ehren und ihm ihre Liebe und Dankbarkeit auszudrücken. Ihr Handeln war nicht zweckmäßig, sondern einfach „etwas Schönes für Jesus“.

      Wir können viel Richtiges und Gutes tun. Aber das ist nicht alles.

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