Скачать книгу

       Die neue Wirklichkeit Gottes ist wie ein reisender Händler, der überall schöne Perlen suchte. Eines Tages fand er eine Perle, deren Wert alle anderen übertraf. Sofort ging er weg und verkaufte alles, was er besaß, und kaufte dann diese eine Perle.

      MATTHÄUS 13, 45 - 46

      Was ist Jesus uns wert? Wie wichtig ist er für uns? Was sind wir bereit, für ihn einzusetzen? Inmitten der Abwanderungsbewegung vom Christentum, die wir in Europa in den letzten Jahrhunderten erleben, muss jeder ganz persönlich die Frage beantworten, die Jesus seinen Nachfolgern in einer ähnlichen Situation stellte: „Wollt ihr auch gehen?“ (Johannes 6, 67). Und wie Petrus damals wollen auch wir antworten: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“ (Johannes 6, 68 - 69)

      Erst, wenn wir an diese Grenze gekommen sind, an der wir uns letztgültig entscheiden müssen, merken wir, wer Jesus für uns ist. Dann erkennen wir, ob er mehr ist als ein Gast in feierlichen Stunden, mehr als eine religiöse Gallionsfigur, die wir mit uns herumführen.

      Christen sind Menschen, die ohne Jesus gar nicht mehr existieren können. Ihre Identität und die seinige sind so eng verknüpft, dass es sie gar nicht mehr ohne ihn geben kann. Christen sind Menschen, die die unvergleichliche Bedeutung von Jesus erkannt haben. Frauen und Männer, die Jesus an die erste Stelle ihres Lebens setzen. Menschen, die ihren Anfang, ihre Mitte und ihr Ziel in ihm gefunden haben.

      Christen sind Leute, die wie der Kaufmann in der Beispielgeschichte alles auf eine Karte setzen. Menschen, die alles verkaufen, um die eine, kostbare Perle zu besitzen, Jesus Christus.

      Und wir dürfen eine weitere Bedeutung erkennen: Auch Jesus ist der Kaufmann, der alles aufgibt, um die Perle zu kaufen. Das sind wir. Wir sind für Jesus konkurrenzlos wichtig.

       Gnade vor Recht

       Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.

      RÖMER 5, 8

      In diesem einen Satz findet sich das ganze Evangelium. Vier Hauptworte stecken da drin: Gott. Liebe. Christus. Sünder. Vier Worte voller Power, voller Aussagekraft.

      Und auch ihre Reihenfolge ist voller Bedeutung: Gott steht auf der einen Seite des Satzes, die Sünder auf der anderen Seite. Noch genauer müsste es wohl heißen: Gott steht auf der einen Seite der Kluft, wir Sünder auf der anderen. Denn es geht nicht um Worte oder Konzepte, sondern um unsere Lebenswirklichkeit.

      Dass wir Menschen schuldig geworden sind und immer wieder schuldig werden, aneinander und vor Gott, das hat Paulus am Anfang seines programmatischen Briefs ausführlich dargelegt. In dieser Schuldverfallenheit sind alle Menschen gefangen, die Juden und die übrigen Völker, die Religiösen und die Gottesleugner. Kein Mensch kann aus seiner Kraft oder Frömmigkeit vor Gott bestehen.

      So klafft eine schier unüberbrückbare Kluft zwischen den beiden Polen: Gott auf der einen, wir Sünder auf der anderen Seite. Und doch: Mitten in dieser Spannung finden sich zwei weitere Begriffe: Liebe und Christus. Und auch hier geht es nicht um Worte oder Theorien, sondern um Realitäten. Zwischen uns und Gott gibt es einen Vermittler. Der ist Jesus Christus selbst. Sein Kommen, sein Leben und sein Sterben sind Ausdruck der alle Grenzen überwindenden Liebe Gottes.

      Gott. Liebe. Christus. Sünder. Gott sendet aus Liebe Jesus Christus zu uns, den Sündern. Und so dreht sich die Reihenfolge um: Wir Sünder erfahren durch Jesus Christus die Liebe Gottes. Gott kommt in Jesus zu uns, damit wir durch Jesus zu ihm kommen können. Jetzt lautet die Reihenfolge: Sünder. Christus. Liebe. Gott.

      Das ist das Wesen der Gnade. Alles wird umgedreht. Es ist Gottes vorauslaufende Gnade, die all das schenkt und all das tut, was wir selbst nicht tun oder uns erarbeiten können.

       Doppelt hält besser!

       Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!

      PSALM 103, 1 - 2

      Das scheint sich David, der Dichter dieses Psalms, gedacht zu haben: „Lobe den Herrn, meine Seele!“ So fängt er an. Die Aufforderung ist klar und braucht keine weitere Erklärung. Trotzdem wiederholt er sie umgehend: „Und was in mir ist, seinen heiligen Namen!“ Doppelt hält eben besser, mag er sich gedacht haben. Was ich zu sagen habe, ist so wichtig, dass ich es wiederholen muss!

      Bibelleser wissen, dass diese Doppelung des Gedankens häufig in der Bibel erscheint, ganz besonders in dichterisch durchgeformten Aussagen. Die Wiederholung ist ein Stilmittel althebräischer Poesie. Der gleiche Gedanke wird mit leichter Veränderung noch einmal aufgenommen.

      Dieses Motiv begegnet uns vor allem in den Psalmen. Besonders stark wirkt es, wenn sich, so wie hier, die einzelnen Satzglieder überkreuzen. Die Wiederholung soll die Aussage verstärken und vertiefen: „Lobe den Herrn, meine Seele!“ Das ist der Grundton. Und dann folgt das Echo: „Und was in mir ist, seinen heiligen Namen!“

      Doch das, worauf es ankommt, ist ja der Inhalt. Die dichterische Form soll diesen nur hervorheben. Und dabei helfen, dass wir uns ihn besser einprägen können. Denn wir sollen nicht beim Äußeren, bei den Worten, steckenbleiben, sondern zum Kern durchdringen. Wenn wir diesen in uns aufnehmen, dann kann es unser Denken und Fühlen erneuern, ja, und auch unser Tun verändern. Das ist das Ziel.

      Wichtig ist nicht, in welcher Stimmlage, Melodie, Sprache oder Musikrichtung wir Gott loben, ob mit Worten oder Melodien, ob nur in Gedanken oder laut. Sondern es kommt darauf an, dass wir es wirklich tun.

      Denn Gott zu loben – das ist angemessen und richtig. Von ihm kommt alles, was wir sind und haben. Jeder Tag, jeder Augenblick, jeder Atemzug. Er ist Ursprung und Ziel unseres Lebens. Gerade darum soll dieses doppelte Lob uns prägen: „Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen!“

       Aufbruch ist angesagt

       Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

      HEBRÄER 13, 14

      Ist der Glaube ein Standpunkt? „Hier steh ich nun, ich kann nicht anders! Und ich will auch nicht anders!“ Oder ist Glaube nicht eher ein Weg? Ist die Gemeinde eher ein Schiff oder mehr wie ein Hafen?

      Schon die ersten Glaubenden, von denen die Bibel erzählt, standen vor dieser Frage: Sollen wir bleiben oder gehen? Sollen wir uns hier einrichten oder sollen wir aufbrechen? Von Anfang an ist dies eine Lebensfrage für Menschen, die mit Gott ernst machen wollen. Was entspricht dem Willen und Wesen Gottes? Zuerst Vorsicht walten lassen, keine Risiken eingehen? Oder sollen wir Dinge ausprobieren, die nicht zum Üblichen und Althergebrachten gehören?

      Es stimmt: Die Pioniere in der Geschichte der Christenheit wurden zu Lebzeiten meist angefeindet und erst im Nachhinein gefeiert und verehrt. William und Catherine Booth zum Beispiel, die Gründer der Heilsarmee. Sie taten Unerhörtes: Sie benutzten zur Evangelisation Blasmusik. Die war als weltlich verschrien, gerade richtig für ein Schützenfest! Sie ließen Frauen predigen und leiten. Sie ließen ihre bürgerliche Kleidung hinter sich und zogen sich eine Uniform an. Sie gingen in die Lasterhöhlen und Bordelle, um den Ärmsten der Armen und den Verworfenen und Abgeschriebenen die gute Nachricht der Erlösung zu bringen. Von der vornehmen Gesellschaft verachtet, vom Pöbel mit faulen Eiern beworfen, von anderen Christen mit Argwohn beäugt, veränderten sie doch das Gesicht der englischen Gesellschaft und erreichten Abertausende, die sonst keine Berührung mit dem Evangelium gehabt hätten.

      In der Bibel merke ich: Glaube ist Aufbruch. Der Auftrag Gottes an Abram und Sarai, ihre Heimat zu verlassen, der Ruf von Jesus an seine Jünger, alles zu verlassen und ihm nachzufolgen, der Ruf des Heiligen Geistes am Ende der Bibel: „Komm!“

Скачать книгу