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um nach der Ursache des Pfiffes zu forschen. Karl von Hutten, Don Juan und Renke Eggens schlossen sich ihm an.

      „Na, hör mal!“ rief Donald Swift gerade, als sie bei ihm eintrafen. „Es ist doch wohl klar, daß es die ‚Isa‘, die ‚Queen‘ und der Schwarze Segler sind!“

      „Klar ist bei mir nur, was ich genau sehe“, entgegnete Pierre von der Krone der Abakoskiefer. „Es können genausogut Dons sein. Nun sei mal nicht so zappelig.“

      Ribault mußte unwillkürlich grinsen. Pierre Puchan war ein ruhiger Mensch, er wurde nur grantig, wenn man ihn wegen seiner Perücke aufzog. Nichts konnte ihn so leicht aus der Fassung bringen. Er versah seine Aufgabe ernst und mit der erforderlichen Gründlichkeit.

      „Wartet hier auf mich“, sagte Ribault zu seinen Begleitern. „Ich sehe selbst mal nach, von wem wir offenbar Besuch erhalten.“ Er kletterte am Stamm der Kiefer hoch und gesellte sich zu Pierre.

      „Drei Schiffe“, brummte dieser. „Aber ich kann sie immer noch nicht genau erkennen.“

      Er reichte seinem Kapitän das Spektiv, und dieser sah ebenfalls zu den Mastspitzen, die sich über die südliche Kimm schoben.

      „Sie könnten es sein“, sagte Jean Ribault. „Ja, jetzt kann ich es erkennen: Eins der Schiffe ist ein Viermaster.“

      Kurz darauf stand es fest. Die Schiffe waren die „Isabella IX.“, die „Caribian Queen“ und der Schwarze Segler.

      Jean Ribault händigte das Spektiv wieder seinem Ausguck aus und sagte: „Pierre, wir erlauben uns einen kleinen Spaß mit ihnen. Wir spannen sie ein bißchen auf die Folter. Wir zeigen uns nicht und warten ab, ob sie uns hier entdecken.“

      Pierre Puchan entblößte seine weißen Zähne zu einem Grinsen. „Ob Hasard, Siri-Tong und der Wikinger das so witzig finden, weiß ich aber nicht.“

      „Humor muß der Mensch haben“, sagte Jean Ribault leise lachend. „Außerdem will ich wissen, wie gut unsere Schiffe hier versteckt sind.“

      Er enterte wieder ab und trat zu den Freunden. Sie sahen ihn erwartungsvoll an.

      Don Juan fragte: „Sie sind es wirklich, nicht wahr?“

      „Ja“, erwiderte der Franzose. „Aber ich schlage vor, wir spielen ihnen einen kleinen Streich. Wir melden uns vorerst nicht, sondern halten uns versteckt. Ich bin gespannt, wie weit unsere Schiffe in dieser Bucht nach außen hin abgeschirmt sind.“

      „Einverstanden“, sagte Renke Eggens. „Aber ich kann mir schon jetzt vorstellen, wie Carberry fluchen wird.“

      „Ich auch“, sagte Karl von Hutten. „Aber sein Gepolter fehlt mir. Ich bin richtig versessen darauf, den guten, alten Ed mal wieder tüchtig losröhren zu hören.“

      Sie lachten, dann liefen sie zur Bucht zurück. Donald Swift blickte ihnen ein wenig irritiert nach. Verrückte Bande, dachte er.

      Auch Old O’Flynn, Ramsgate und die anderen hatten keine Einwände: Der Seewolf, die Rote Korsarin und der Wikinger sollten ruhig mal ein bißchen nach ihnen suchen. Hier würde sich herausstellen, wie gut die Cherokee-Bucht als versteckter Ankerplatz geeignet war. Gewiß, nach Süden hin wurde die Bucht durch ihre hakenförmige Halbinsel samt dem Baumbestand abgeschirmt. Reichten diese Bäume als Tarnung aber wirklich aus?

      Die Männer verteilten sich auf die Halbinsel und verfolgten das Heransegeln der drei Schiffe.

      Old O’Flynn kicherte und rieb sich die Hände. Die Sache war ganz nach seinem Geschmack. Er stellte sich bereits vor, wie betroffen die Kerle dreinschauen würden, besonders Carberry, Shane und Ferris Tucker. Aber auch sein Sohn Dan, dieser Schlauberger, würde dieses Mal keinen Rat wissen. Und Hasard? Na, der würde auch Augen machen!

      Mary, Gotlinde und Gunnhild waren bei den Kindern an Bord der „Empress of Sea II.“ zurückgeblieben. An Bord der „Wappen von Kolberg“, der „Pommern“ und der „Golden Hen“ befanden sich die Männer, die als Ankerwachen eingeteilt waren – beispielsweise Tom Coogan, Eric Winlow und Gordon McLinn, die ihren Dienst auf der Karavelle versahen.

      „Ich versteh’ das nicht ganz“, sagte Gordon McLinn. Er blickte zu den Gestalten, die zwischen den Kiefern der Halbinsel verschwanden. „Was soll denn das? So ein Quatsch.“

      Er gehörte wie Dave Trooper und Paddy Rogers von der „Isabella“ zu den „Schnellmerkern“ des Bundes und brauchte immer etwas mehr Zeit als die anderen, um die simpelsten Zusammenhänge zu begreifen.

      „Mach dir darüber keine Gedanken“, sagte Winlow. „Die Hauptsache ist, daß unsere Freunde endlich da sind.“

      „Ja. Aber warum lotsen wir sie nicht gleich in unsere Bucht?“

      Tom Coogan seufzte. Eric Winlow legte Gordon die Hand auf die Schulter und entgegnete: „Komm mit in die Kombüse, Gordon. Wir heizen schon mal kräftig die Feuer für die Suppe an, die es heute abend gibt. Dabei erkläre ich dir noch mal genau, was es mit dem Späßchen auf sich hat.“

      Sie verschwanden in der Kombüse der „Golden Hen“. Winlow schürte das Feuer unter den Kesseln, dann schickte er Gordon in den Proviantraum, wo er noch eine Speckseite holen sollte. Als Gordon wieder die Kombüse betrat, hatte er bereits vergessen, welches das Problem war, über das er sich die ganze Zeit den Kopf zerbrochen hatte.

      Währenddessen hatten sich die „Isabella“, die „Caribian Queen“ und „Eiliger Drache über den Wassern“ so weit Great Abaco genähert, daß die Gestalten an Bord bereits mit dem bloßen Auge zu erkennen waren.

      Old O’Flynn stand neben Jean Ribault, Renke Eggens, Don Juan und Oliver O’Brien. Sie hatten in einem Gebüsch Stellung bezogen, von dem aus sie die See beobachten, selbst aber nicht gesehen werden konnten.

      Old O’Flynn spähte mit dem Spektiv zur „Isabella“ und sagte: „Sie scheinen schon ziemlich unruhig zu sein.“

      „Und gleich sind sie ganz aus dem Häuschen“, sagte Ribault.

      „Lassen wir sie zappeln“, sagte Oliver O’Brien grinsend. Er warf ebenfalls einen Blick durch seinen Kieker und glaubte sehen zu können, wie der Wikinger bereits ratlos an seinem Kupferhelm kratzte. Aber das war natürlich vorerst noch eine reine Einbildung.

      Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, stand auf dem Achterdeck der „Isabella IX.“ und beobachtete durch sein Spektiv unausgesetzt Great Abaco. Ein Irrtum war ausgeschlossen: Sie hatten den Treffpunkt erreicht. Doch von der „Golden Hen“, der „Empress of Sea II.“, der „Wappen von Kolberg“ und der „Pommern“ war nirgends etwas zu entdecken.

      „Vielleicht sind sie an der anderen Seite vor Anker gegangen“, sagte Ben Brighton, der unmittelbar neben seinem Kapitän Posten bezogen hatte.

      „Nein, das kann nicht sein“, widersprach der Seewolf. „Wir haben vereinbart, daß wir uns in der großen Bucht an der südlichen Ostseite treffen. Daran hätten die Freunde sich auf jeden Fall gehalten.“

      „Du meinst, es ist was passiert?“ fragte Big Old Shane. Er stand etwas weiter achtern neben Pete Ballie, dem Rudergänger. „Aber was sollte ihnen zugestoßen sein?“

      „Hölle und Teufel!“ brüllte Carberry, der jedes Wort mitgehört hatte, auf der Kuhl. „Hoffentlich hängt das nicht mit den verfluchten Alis zusammen!“

      „Dir gehen die Alis wohl nicht aus dem Kopf, was?“ rief Blacky. „Aber da liegst du falsch. Eine Handvoll verlauster Piraten kann doch vier Schiffen nichts anhaben. Entweder sind die Alis längst krepiert, oder sie sind seit einiger Zeit weg von der Insel. Eine dritte Möglichkeit ist, daß unsere Leute ihnen mit den Kanonen den Marsch geblasen haben, als sie eingetroffen sind.“

      „Na schön“, sagte der Profos grimmig. „Und wo sind sie jetzt?“

      Darauf wußte keiner eine Antwort. Die Schiffe segelten auf Great Abaco zu. An Bord der „Caribian Queen“ und des Schwarzen Seglers herrschte genauso großes Rätselraten wie auf der „Isabella“.

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