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im offenen Schott und blickte zu Mary, die nach dem Frühstück mit dem Aufklaren beschäftigt war.

      Die „Empress of Sea II.“, die „Golden Hen“, die „Wappen von Kolberg“ und die „Pommern“ ankerten in der Cherokee-Bucht an der südlichen Ostseite der Insel Great Abaco. Bei der Ankunft der Schiffe hatte es einigen Wirbel mit den Piraten des Mubarak gegeben, doch bei einem Nachtangriff der „Alis“ hatten die Männer des Bundes der Korsaren sich erfolgreich zu verteidigen gewußt. Inzwischen war keiner der algerischen Freibeuter mehr am Leben.

      Jetzt warteten die Männer auf das Eintreffen der „Isabella IX.“, der „Caribian Queen“ und des Schwarzen Seglers. Der Seewolf, die Rote Korsarin und der Wikinger waren hierher unterwegs. Es konnte nicht mehr lange dauern, und auch sie hatten den gemeinsamen Treffpunkt erreicht.

      Probleme gab es derweil – außer mit dem alten O’Flynn – mit der Dreimastkaravelle „Golden Hen“. Ihr Ruder war auf der Fahrt nach Great Abaco von einem Hai gerammt worden und zu Bruch gegangen.

      Jean Ribault hatte einen der Langriemen, mit denen das Schiff ausgerüstet war, als Notruder benutzt, doch natürlich war dies keine Dauerlösung. Damit man das Ruder reparieren konnte, mußte die „Golden Hen“ jedoch gekielholt werden. Das war eine langwierige, schweißtreibende Arbeit.

      Old O’Flynn schaute seine Mary an, und der Wunsch nach Versöhnung wurde in ihm übermächtig. Was für ein Prachtweib war sie doch! Jetzt würde sie sogar Nachwuchs auf die Welt bringen, was erstens ein Beweis für ihre Gesundheit und Fruchtbarkeit und zweitens für seine Mannes- und Zeugungskraft war. Das mußte man sich mal vor Augen halten! Der Alte tat’s und war jetzt versessen darauf, sich mit der werdenden Mutter auszusöhnen.

      Er räusperte sich, aber Mary schien es nicht zu hören. Sie war mit den Töpfen und Pfannen beschäftigt und hantierte ziemlich laut herum.

      „Na, Mary“, sagte der Alte. „Wie geht’s uns denn heute morgen so?“

      Sie antwortete nicht. Eigentlich nahm sie ihn überhaupt nicht zur Kenntnis. Beim Wassermann, dachte der Alte, das geschieht mir wohl ganz recht.

      Was war der richtige Weg, erfolgreich Abbitte zu leisten? Old O’Flynn scharrte ein bißchen mit dem Holzbein herum und sann angestrengt darüber nach. Er kam sich idiotisch vor, wußte aber gleichzeitig auch, daß er die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen konnte.

      „Ja“, sagte er, „wenn ich mir das recht überlege, ist heute doch ein feiner Tag, nicht? Wäre das nicht ein Grund zum Feiern?“

      Mary sah ihn plötzlich an. Sie hielt mit ihrer derzeitigen Tätigkeit, dem Scheuern der Pfannen, inne. „Sag mal, bist du immer noch in deiner verdammten Geisterhöhle, Mister O’Flynn?“

      „Ich? Nein, wieso?“

      „Weil du Selbstgespräche führst.“

      „Ich bin doch hier an Bord der ‚Empress‘“, sagte er und versuchte es mit einem Grinsen, das ihm allerdings mißlang und zu einer Grimasse geriet.

      „Und du hast nichts zu tun?“

      „Doch, ja, jede Menge.“

      „Dann tu deine Pflicht“, sagte sie frostig. „Und halte hier keine dummen Reden.“

      Am liebsten wäre er gleich wieder „aus der Haut gefahren“, wie er das nannte – aber nein, er hatte ja beschlossen, sich mit Mary wieder zu versöhnen. Doch, sie hatte allen Grund, gekränkt zu sein. Das mußte wieder ins rechte Lot gebracht werden. Und so fuhr der Alte fort, um seine „Miß Snugglemouse“, sein trautes Weib, herumzuscharwenzeln. Er war hartnäckig, aber sie ließ ihn zappeln.

      Schließlich brach ihm der Schweiß aus. Er war froh, als Jean Ribault erschien und zum Alle-Mann-Manöver aufrief.

      „Versammelt euch am Strand!“ rief er. „Wir brauchen jede Hand!“

      „Beim Donner!“ stieß Old O’Flynn hervor. „Das hätte ich fast vergessen! Hölle, die ‚Golden Hen‘ soll kielgeholt werden!“

      Mary schwieg wieder und bemühte sich, der Pantry so viel Glanz zu verleihen, daß man von ihren Planken essen konnte. Old O’Flynn warf ihr noch einen Schmachtblick zu, dann wandte er sich ab und stiefelte über das Deck der „Empress“ zum Schanzkleid.

      Er verharrte dort, stützte die Hände auf und rief: „Ich komme! Es kann gleich losgehen!“

      Mary konnte sich ein Lächeln jetzt doch nicht verkneifen. Sie lächelte auch noch, als Gotlinde die Pantry betrat und sie ansah.

      „Was ist denn mit dir los?“ fragte Gotlinde.

      „Ach, ich denke nur über dieses und jenes nach. Ob’s wohl ein Junge oder ein Mädchen wird beispielsweise.“

      „Ich wollte eben nicht stören, weil du wohl eine Aussprache mit deinem Knurrhahn hattest.“

      Mary schüttelte den Kopf. „Wir hatten keine Aussprache. Ich lasse den alten Dickschädel noch ein wenig in der Luft hängen, das hat er verdient.“

      Gotlinde lachte. „Ihr seid wirklich ein herziges Pärchen, ihr beiden.“

      „Ja, aber auf unsere Weise haben wir uns gern“, sagte Mary. „Und was sich liebt, das neckt sich. Ist es nicht so?“

      „Sicher.“ Gotlinde trat zu ihr und half ihr beim Aufräumen und Saubermachen. Dabei dachte sie an den Wikinger. Mit dem hatte sie auch nicht immer leichtes Spiel. Wenn sie an die Eifersuchtsszenen dachte, die er manchmal wegen des Störs anzettelte – nicht zu fassen! Man hatte es eben nicht leicht mit den Männern. Doch die Hauptsache war, daß in ihrer rauhen Schale ein guter Kern steckte – und ein Herz.

      Old O’Flynn war unterdessen in sein Beiboot geklettert. Martin Correa und Ray Hoback gingen mit ihm von Bord der „Empress“. Sie pullten mit der Jolle an Land. Mulligan, der vormals mit zur Crew der „Empress“ gehört hatte, befand sich seit der Ramming an Bord der „Golden Hen“. Dort hatte er genug Holz und Material gefunden, um ein neues Ruder für die Karavelle herzustellen. Inzwischen war das Ruder fertig. Jetzt mußte die „Golden Hen“ am Nordstrand der Bucht kielgeholt werden, damit das neue Ruder eingepaßt werden konnte.

      Die Männer versammelten sich am Strand. Hesekiel Ramsgate leitete die Arbeiten und verteilte sie an die verschiedenen Taljen, die bereits am Vortag von der „Golden Hen“ zum Land geschoren worden waren.

      Auch Old O’Flynn, Hoback und Correa reihten sich ein. Die „Golden Hen“, mußte auf den flachen Strand gezogen werden – das kostete Ausdauer und Muskelkraft.

      „Es kann losgehen!“ rief Ramsgate. „Alles hört auf mein Kommando!“

      „Aye, Sir!“ schrien die Männer.

      „Klar bei Taljen?“

      „Klar bei Taljen!“ brüllten die Männer.

      „Paßt auf mit den Pallhölzern!“ mahnte Ramsgate.

      „Klar bei Pallhölzern!“ rief Jean Ribault, der die Gruppe leitete, die für das seitliche Abstützen des Rumpfes eingeteilt war.

      Es waren Ramsgates Männer, die mit den Pallhölzern zu beiden Seiten bereitstanden. Sie würden die Hölzer im richtigen Moment gegen die Bordwände der „Hen“ stemmen, damit sie auf ebenem Kiel blieb, sobald sie nicht mehr aufschwamm.

      „Los!“ schrie Ramsgate.

      Die Männer packten die Läufer der Taljen, holten die Lose durch, bis die Leinen straff standen, und dann setzte das eigentliche Manöver ein: Mit Hauruck wurde die Karavelle Zug um Zug an Land gezogen. Kräftig packten die Männer zu, und ihren Gesichtern war die Anstrengung nach den ersten energischen Zügen deutlich anzusehen.

      „Hauruck!“ rief Ramsgate, der nun selbst mit anfaßte. „Willig!“

      „Vorwärts!“ schrie Jean Ribault, und Ramsgates Männer, die ins Wasser gewatet waren, begannen mit den Pallhölzern zu hantieren. Die ersten Hölzer wurden gegen die

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