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Bären an“, hauchte er, „vielleicht ist das eine Bärenhöhle.“

      „Das ist mir neu, daß es auf den Inseln Bären gibt“, sagte Jean Ribault. „Das muß was anderes sein. Folgen wir dem Geräusch.“

      Sie brauchten dem Geräusch nicht lange zu folgen. Es wurde auch immer lauter.

      Dann standen sie grinsend vor Old Donegal, der tief und fest schlief und so gewaltig und laut schnarchte, daß die Tropfsteine wackelten.

      Neben ihm lagen die kümmerlichen Überreste des Holzbeines, und sie sahen auch, daß er seinen Weg markiert hatte, um aus diesem Labyrinth herauszufinden.

      Beide Männer sahen sich grinsend an. Da war er ja, der alte Wüterich, und ihm fehlte offenbar nichts weiter als sein Holzbein, das vermutlich bei seiner Rutschfahrt in Trümmer gegangen war. Mit den Resten davon hatte er versucht, behelfsmäßige Fackeln zu entzünden.

      Aber jetzt war er total abgeschlafft und erledigt. Das Umherirren hatte ihn maßlos erschöpft.

      „Kerngesund“, stellte auch Martin fest, „aber total erledigt. Der muß hier fast verrückt geworden sein vor Angst.“

      Er bückte sich, um den „Admiral“ zu wecken. Doch auch als er ihn etwas gröber anstieß, reagierte der Alte nicht. Mit halboffenem Mund schnarchte er unverdrossen weiter.

      „Was jetzt? Der Bursche schläft so tief und fest wie noch nie in seinem Leben.“

      „Wir lassen ihn schlafen. Ich trage ihn, er ist ja nicht schwer. Halt du mal die Fackeln.“

      Jean Ribault lud sich den Schnarchsack kurzerhand auf den Rücken. Auch das merkte Old O’Flynn nicht, er ratzte weiter wie ein alter Biber.

      „Für die Höhle bleibt uns noch genügend Zeit“, sagte Jean, „jetzt müssen wir ihn erst einmal nach oben hieven.“

      Sie schafften es wesentlich schneller als Old O’Flynn, den Ausgang zu finden. Es wurde nur noch einmal problematisch, ihn durch den steilen Gang zu bringen. Aber nach einer endlos scheinenden Kraxelei war er endlich oben.

      Ribault legte ihn schnaufend in den Sand.

      „Da ist dein gutes Stück, Mary“, sagte er trocken. „Ihm fehlt nichts, nur sein Holzbein ist zertrümmert.“

      „Wir haben an Bord noch eins. Ferris Tucker hat ja immer gleich Ersatz hergestellt, weil das auch so eine Macke von ihm ist, mit dem Ding überall anzuecken, oder Haifische damit zu verprügeln. Aber ich bin heilfroh, daß ihm weiter nichts fehlt. Nur Väterchen O’Flynn schläft so fest, als hätte er einen Vollrausch.“

      Sie erzählten in knappen Worten, wie es da unten aussah. Dann begann Mary O’Flynn, den alten Zorngockel mit dem Finger zu pieksen, damit er aufwachte.

      „Das gibt es gar nicht“, sagte sie erstaunt. „Oder hat er doch eine Buddel dabeigehabt und einen gegluckert? Wundern würde mich das nicht.“

      „Er hatte jedenfalls nichts dabei. Aber die Geister da unten werden ihm recht übel zugesetzt haben.“

      „Hoffentlich“, sagte Mary inbrünstig, „kann sein, daß er dadurch etwas vernünftiger geworden ist.“

      „Oder noch bestußter“, fügte Martin respektlos hinzu. „Man kennt das ja zur Genüge.“

      „Gehen wir“, sagte Ribault und wollte sich wieder bücken. Doch diesmal kam ihm Don Juan zuvor.

      „Jetzt bin ich an der Reihe“, sagte er. Er schnappte sich den Ratzemann, nahm ihn huckepack und marschierte in die Richtung zurück, wo von ferne schwach das Feuerchen brannte und die anderen immer noch hockten und den restlichen Wein tranken.

      Als Don Juan ihn an den Stamm einer Palme lehnte und in den Sand setzte, ging das große Grinsen um. Old O’Flynn schlief immer noch, nur sein Schnarchen hatte er eingestellt.

      Staunend vernahmen die anderen, wo und unter welchen Umständen sie den Alten gefunden hatten und daß es eine riesige Höhle auf der Insel gab.

      „Wo ist denn sein Holzbein?“ fragte Hesekiel verwundert.

      „Das ist wieder mal in die Binsen gegangen“, sagte Jean. „Offenbar hat er es zertrümmert, als er auf seiner Rutschfahrt in die Unterwelt einen Kalkstein rammte. Aus den Überresten hat er sich Späne geschnitzt und Fackeln hergestellt.“

      „Und es sieht da wirklich wie in einer Geisterhöhle aus?“ erkundigte sich Gotlinde erstaunt.

      „Ja“, gab Jean Ribault zu, „auch für einen, der nicht an Geister glaubt, kann es da bei Dämmerlicht ganz unheimlich werden. Bei ihm muß regelrecht was ausgehakt haben.“

      „Wenn er erst morgen früh wach werden sollte, könnte man ihm ja noch eine kleine Lektion erteilen“, meinte Martin. „Vielleicht schläft er ja durch, und dann wird er sehr erstaunt sein, sich an Bord seines Schiffes wiederzufinden.“

      Ein paar Männer grinsten bereits, als sie sich das vorstellten.

      „Laßt ihn doch lieber in Ruhe“, meinte Hesekiel. „Er hat sehr viel durchgemacht. Es war bestimmt kein angenehmer Tag für ihn.“

      „Für mich auch nicht“, sagte Mary trocken und betrachtete die schillernden Beulen auf Donegals Schädel.

      Nanu! Soweit sie sich entsann, hatte sie dem alten Krakeeler doch nur einmal die Bratpfanne auf den Schädel gehauen, aber jetzt wuchsen dort wesentlich mehr Beulen. Hatten es ihm die Erdmännchen da unten auch noch einmal besorgt?

      „Wir bringen ihn an Bord“, sagte Mary, „und stecken ihn in die Koje. Er wacht ja doch nicht mehr auf.“

      So geschah es auch. Martin trug den Alten zur Jolle hinüber und setzte ihn zwischen die Duchten. Zur Überraschung aller schlief er immer noch, so daß Mary sich besorgt fragte, ob sein Schädel vielleicht doch etwas zu heftig erschüttert worden war.

      Am Strand gingen die Männer auseinander. Die Feier war für den heutigen Tag beendet.

      Als sie auf der „Empress“ waren, betteten sie Old Donegal in die Koje.

      „Wo ist das Ersatzholzbein?“ fragte Martin. „Das können wir ihm doch gleich anziehen.“

      „Es liegt unter seiner Koje in dem schmalen Schapp.“

      Das neue Holzbein wurde hervorgeholt. Es unterschied sich in nichts von dem anderen. Es hatte auch ein Geheimfach, in dem ein scharfes Stilett verborgen war.

      Sie banden ihm das Holzbein um und befestigten es. Old O’Flynn lag jetzt auf dem Rücken. Auch diese Behandlung entging ihm, er kriegte absolut nichts mit. Er schnarchte weiter, und als Gotlinde und Gunnhild nach ihm sahen, da rührte er sich immer noch nicht.

      Leise gingen sie aus der Kammer. Offenbar war Old O’Flynn ganz gesund, nur eben total erschöpft.

      „Der wird morgen früh aber Glubschaugen kriegen“, meinte Martin, „da ist bestimmt noch was los.“

      „Hoffentlich übernimmt er sich dabei nicht“, murmelte Mary besorgt.

      Am anderen Morgen lauerten die Kerle bereits unauffällig in Booten um die „Empress“ herum, damit ihnen ja nicht entging, wenn Donegal an Deck schlurfte. Mary hatte bereits verkündet, daß er bald erwachen würde, denn er drehte sich pausenlos in der Koje um.

      Jean Ribault war grinsend an Deck erschienen, um die Reaktion des Alten zu sehen. Auch Martin war angeblich „beschäftigt“ und spitzte schon neugierig die Ohren.

      Dann endlich erschien Old O’Flynn an Deck. Zerknautscht und zerknittert sah er aus. Auf seinem Schädel schillerten ein paar bunte Hörner, die Jean Ribault lebhaft an die farbigen Tropfsteine in der riesigen Höhle erinnerten.

      Old O’Flynn wirkte auch noch recht bestußt und wußte offenbar nicht, wo er sich befand. Er törnte über Deck, blieb alle Augenblicke stehen und sah sich in der lauernden Haltung eines Verfolgten um. Mißtrauisch beäugte er die Umgebung.

      Die

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