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Seewölfe Paket 6. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe Paket 6
Год выпуска 0
isbn 9783954394951
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Philip Hasard Killigrew wischte sich das triefende Haar aus der Stirn und löste die Taue, mit denen er festgebunden war.
Er war naß wie eine aus dem Wasser gezogene Katze, und er hatte ein paar Schrammen an Gesicht und Armen, wo ihn herumwirbelnde Splitter und Trümmerstücke gestreift hatten. Sein Blick wanderte über das Durcheinander. Die Fockmarsrah existierte nicht mehr, das Steuerbord-Hauptwant bestand aus Fetzen, das Kombüsenschott war Kleinholz. Eine der schweren Culverinen hing buchstäblich an einem Faden: das Brooktau drohte jede Sekunde zu brechen.
Hasard verzichtete darauf, sich auszumalen, was passiert wäre, wenn sich die Kanone selbstständig gemacht hätte. Mit einem tiefen Atemzug laschte er das Ruder fest und trat an die Schmuckbalustrade.
„Klar Schiff überall“, sagte er in die atemlose Stille hinein. „Al, würdest du freundlicherweise dafür sorgen, daß die verdammte Kanone da drüben nicht über Bord geht? Kutscher, Bill, ab in die Kombüse! Ferris, du …“
„Wasser im achteren Laderaum“, meldete Ferris Tucker, der bereit einen ersten Kontrollgang unternommen hatte. „Die Luke war gut verschalkt, aber jetzt sieht sie trotzdem aus wie Brennholz.“
„Hauptsache, der Kahn ist nicht leck. Klar bei Lenzpumpen! Dan – in den Großmars mit dir! Nimm den Kieker mit und sieh zu, ob du den schwarzen Segler sichtest.“
„Aye, aye, Sir!“
Donegal Daniel O’Flynn wollte besonders schnell sein und griff blindlings hinter sich nach der Webleine. Er griff ins Leere, weil das Steuerbord-Hauptwant keine Webleinen mehr hatte. Erschrocken schrie Dan auf, als er das Gleichgewicht verlor. In der nächsten Sekunde prallte er unsanft auf den Achtersteven und schnitt ein ziemlich verdattertes Gesicht.
Brüllendes Gelächter löste die Spannung.
„Donegal Daniel O’Flynn“, sagte Hasard sanft, „wenn du genau hinsiehst, wirst du entdecken, daß man notfalls auch über die Backbordwanten in den Großmars entern kann.“
Dan turnte wie ein geölter Blitz über die Nagelbank und enterte auf.
Al Conroy, der Stückmeister, hatte die Culverine mit dem beschädigten Brooktau klariert und ging daran, die restlichen Geschütze zu kontrollieren. Ed Carberry brüllte, fluchte, drohte mit sämtlichen Strafen der Hölle und noch ein paar anderen, bei denen der Teufel vor Neid erblaßt wäre, und jeder einzelne der Männer wurde plötzlich ungeheuer emsig.
„Dan!“ schrie Hasard zum Großmars hoch. „Kannst du den Schwarzen Segler entdecken?“
„Keine Spur, Sir!“ rief Donegal Daniel O’Flynn zurück. „Die See ist so leer wie …“
Er stockte abrupt.
Hasard runzelte die Stirn und wartete. Er glaubte, daß Dan nun doch die schwarzen Segel des „Eiligen Drachen über den Wassern“ gesichtet hätte. Siri-Tong und der Wikinger hatten mit dem Viermaster etwas zurückgehangen, als urplötzlich der Sturm über die „Isabella“ hereingebrochen war. Nach Hasards Meinung konnte der Schwarze Segler nicht viel abbekommen haben, von der Wasserhose schon gar nicht. Sobald es aufbriste, würde er wieder erscheinen, aber vorerst war es etwas anderes, das Dans scharfe Augen erspäht hatten.
„Deck!“ schrie der junge O’Flynn. „Boot Backbord querab. Der Kahn treibt kieloben! Scheint so, als hinge da jemand über den Planken.“
„Was heißt hier ‚scheint so‘, du grüner Hering?“ fluchte der Profos. „Reiß gefälligst deine Klüsen auf und …“
„Mann und gekentertes Boot ein viertel Strich Backbord querab!“ meldete Dan exakt. „Die Dünung treibt den Kahn auf uns zu.“
Hasard stand bereits am Backbord-Schanzkleid.
Inzwischen war das Boot auch mit bloßem Auge zu erkennen: eine winzige Nußschale, im Sturm gekentert, im Grunde nur noch ein trauriger Überrest mit geborstenen Planken und halb abgerissenem Kiel.
Der Mann, den Dan O’Flynn gesichtet hatte, schien sich mit letzter Kraft an das umgeschlagene Fahrzeug zu klammern. Er lag halb über dem zerfetzten Kiel, mit ausgebreiteten Armen. Erst nach Minuten hob er mühsam den Kopf, starrte zu der ranken Galeone herüber und bewegte die Hand in einer matten Geste, die vermutlich ein Winken darstellen sollte.
Im Großmars spähte Dan O’Flynn angestrengt durch das auseinandergezogene Spektiv.
„He!“ schrie er so schrill, als sei er wieder in den Stimmbruch zurückgefallen. „Der sieht ja wie der leibhaftige Tod aus!“
„Willst du ihn deshalb absaufen lassen?“ fragte Hasard trocken. „Setzt Großsegel und Fock! Pete, du übernimmst …“
„Klar Ruder!“ meldete Pete Ballie, der längst seinen Platz eingenommen hatte und über beide Ohren grinste.
„An die Brassen und Fallen! Anluven! Und hoch mit dem Besan, Himmeldonnerwetter noch mal!“
Segeltuch entfaltete sich, begann sich träge unter dem kaum wahrnehmbaren Windhauch zu füllen. Die „Isabella“ schwang schwerfällig herum und erinnerte in diesen Sekunden wahrlich mehr an eine altersschwache Ente denn an einen stolzen Schwan. Aber immerhin: sie bewegte sich und glitt dem kieloben treibenden Boot entgegen.
Minuten später konnte auch Hasard den Mann genauer sehen, der sich an das Wrack klammerte – eine ausgemergelte, sonnenverbrannte Gestalt in zerfetzten Lumpen.
Sein Schädel war völlig kahl. Ein schmaler, knochiger Schädel, über dem die gelbliche Haut zu spannen schien, große, düster brennende Augen, ein verzerrter Mund, dessen Oberlippe von einer Narbe nach oben gezogen wurde, als blecke er ständig die Zähne. Knapp über der linken Schläfe klaffte eine handspannenlange, bereits vernarbende Wunde, die schmale, scharf gebogene Nase sprang vor wie ein Geierschnabel.
Dan O’Flynn hatte recht: der Bursche sah wirklich wie der leibhaftige Tod aus.
Aber er war ein Mensch und brauchte Hilfe.
Hasard schüttelte mit einer ungeduldigen Bewegung das unbehagliche Gefühl ab, das ihn beim Anblick des Schiffbrüchigen zu beschleichen drohte.
Ein paar Minuten später wurde auf der „Isabella“ das Beiboot abgefiert, weil der Bursche mit dem Totenkopf-Gesicht offenbar nicht mehr in der Lage war, aus eigenen Kräften an der Jakobsleiter aufzuentern.
Ferris Tucker und Stenmark hievten den Mann ins Boot. Die kieloben treibende Nußschale nahm Matt Davies mit seiner Hakenprothese in Schlepp. Der Kahn war zwar nur noch ein Wrack, aber noch hatten die Seewölfe keine Gelegenheit gehabt, die restlichen Boote der „Isabella“ zu überprüfen, und falls die Wasserhose größere Schäden angerichtet hatte, konnte man die Reste des halb zerfetzten Fahrzeugs vielleicht noch für die notwendigen Reparaturen gebrauchen.
Ferris Tucker brauchte keine Hilfe, um die ausgemergelte, zerlumpte Gestalt an Bord zu schaffen.
Der Bursche war nicht bewußtlos, aber er war auch nicht bei klarem Verstand. Seine aufgerissenen, brennenden Augen starrten ins Leere und schienen nicht wahrzunehmen, was um ihn geschah. Eben noch, als er an seine gekenterte Nußschale geklammert auf die „Isabella“ zugetrieben war, hatte er sich wenigstens zu einem matten Winken aufgerafft. Jetzt schien ihn der letzte Funke von Kraft verlassen zu haben. Der Himmel mochte wissen, wie lange er schon in dem kleinen Boot getrieben war, bevor die Ausläufer des Sturms ihn erwischten.
Vorsichtig ließ Tucker den Mann auf die Planken der Kuhl gleiten und lehnte ihn mit dem Rücken gegen das Schanzkleid. Der hünenhafte Schiffszimmermann fuhr sich mit allen fünf Fingern durch das brandrote Haar und blickte auf das jämmerliche Bündel Mensch hinunter. Ed Carberry kratzte sein zernarbtes Rammkinn, schüttelte den Kopf und holte Luft, daß sich sein mächtiger Brustkasten dehnte.
„Kutscher!“ brüllte er, ehe Hasard etwas sagen konnte. „Komm her, du lausiger Quacksalber! Es gibt