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war außer sich vor Wut. Sabreras gerufene Worte hatte er nur allzu deutlich verstehen können. Diese Drohung – er wußte, daß der Kerl sie wahrmachen würde, wenn Ben und die anderen Männer auf den Schiffen nicht auf seine absurde Forderung eingingen.

      Angenommen, Siri-Tong und die Wikinger hätten keine Fesseln getragen und Arme und Beine frei bewegen können – selbst ein ausgezeichneter Springer mußte beim Sturz in die Tiefe auf den vorgelagerten zackigen Felsen zerschmettert werden. Er konnte nicht so viel Distanz von der Stellmauer gewinnen, daß er in die tiefere Wasserregion geriet.

      Am liebsten wäre er direkt zur Grotte gefahren und hätte versucht, auf die Verbrecher zu feuern. Aber das war Wahnwitz. Sicher hatten Sabreras’ Komplicen Wachen in die Grotte hinuntergeschickt.

      Somit wäre das Urteil perfekt gewesen.

      „Ben muß Sabreras so lange wie möglich hinhalten“, sagte Hasard. „Dann schaffen wir es schon irgendwie, diese gemeinen Hunde zu überrumpeln.“

      „Wir brauchen nur einen Platz zu finden, von wo aus wir die Felsen hinaufklettern können“, entgegnete der Profos. „Verdammt, diese Bucht muß doch irgendwohin führen.“

      „Das schon“, meinte Big Old Shane. Er hob den Kopf und blickte an den steilen, glatten Uferfelsen hoch. „Aber wenn dieses Gestein nicht wenigstens ein bißchen abflacht, haben wir keine Chance, den Aufstieg heil zu überstehen.“

      „Moment“, sagte der Seewolf plötzlich. „Seht doch mal nach vorn.“

      Sie wandten die Köpfe und registrierten, daß die enge Bucht in nicht allzu großer Entfernung einen Bogen beschrieb. Diese Krümmung führte offensichtlich in östliche Richtung.

      „Weiter, weiter“, sagte Blacky.

      „Schneller!“ stieß der Profos erregt hervor.

      Sie trieben das Boot voran, so schnell sie konnten. Mehrmals schlugen die Riemenblätter hart gegen die Felsen, und Matt Davies’ Ruder splitterte sogar ein Stück in Längsrichtung auf, aber darum kümmerten sie sich nicht.

      Sie brachten die Biegung hinter sich und tasteten sich weiter. Nach rund sechs- bis siebenhundert Yards war die Wassertiefe immer noch ausreichend, um das Boot durchzulassen, aber die Steilwände wuchsen enger zusammen.

      Zum Glück entdeckte der Seewolf eine Lücke, die rechts im Felsen klaffte.

      Sie war auf ihrem Grund mit Blöcken und Geröll angefüllt, mit einigem Geschick konnte man in ihr hochklettern. Eine Steigung im Untergrund schien, soweit sich das vom Wasser aus feststellen ließ, bis ganz nach oben zu führen.

      „Nichts wie ’raus und in die Bresche hinein“, sagte Hasard. „Los, vielleicht können wir den Schuften tatsächlich in den Rücken fallen.“

      Kaum waren sie an Land und hatten das Boot vertäut, da schlüpfte Sir John, der karmesinrote Papagei, aus Carberrys Tasche. Er war sozusagen als „blinder Passagier“ mitgefahren. Jetzt schwang er sich in die Lüfte hoch, bevor der Profos es verhindern konnte.

      Carberry raufte sich die Haare.

      „Schockschwerenot“, ächzte er. „Sir John, wenn du uns verrätst, hast du die längste Zeit gelebt. Jawohl, das schwör ich dir, du Nebelkrähe!“

      Ferris Tucker hatte ziemlich tief unten im Vorschiff gekauert, in einem Raum über der Vorpiek. Er hatte geprüft, ob der Vorsteven an dieser Stelle noch intakt war, denn das Vorgeschirr der „Isabella“ war in dem Gefecht ja beschädigt und der Vorsteven ein wenig in Mitleidenschaft gezogen worden.

      So begriff er erst spät, daß etwas nicht in Ordnung war. Schreie hallten vom Schiff zum Land – Ben Brighton war es, der da irgend etwas rief. Und jemand brüllte zurück.

      Sabreras!

      Als Ferris das bewußt wurde – er kannte die Stimme des Kommandanten –, rappelte er sich auf, stieß sich fast den Kopf und eilte auf den nächsten Gang hinaus. Er lief zum Niedergang, der ihn weiter nach oben führte.

      Vor dem Mannschaftslogis prallte er dann fast mit dem Kutscher zusammen.

      „Augenblick, Ferris“, sagte der schwer atmend. „Ich habe dich schon gesucht. Du mußt für den Seewolf einspringen.“

      „Ich muß was? Bist du plemplem?“

      Der Kutscher setzte ihm die Lage auseinander. Ferris fluchte und rieb sich das Kinn, aber damit änderte er auch nichts an der Situation. Schließlich hastete er mit dem Kutscher in die Kombüse, und hier packte der Kutscher sein gesamtes Verbandszeug aus.

      Wenig später turnte Ferris durch die Frachträume bis ins Achterkastell. Von hier aus gelangte er über den Mittelgang ins Freie. Er taumelte zu Ben, Smoky und den anderen, die sich auf der Back versammelt hatten.

      Die Männer erkannten ihren rothaarigen Schiffszimmermann selbst kaum wieder. Sein Schädel war so mit weißen Streifen Leinentuch umhüllt, daß nur die Ohren, der Mund, die Nase und die Augen hervorschauten. Er trug einen Arm in der Schlinge und auch das linke Bein im dicken Verband, und beim Gehen stützte er sich auf eine grob zusammengehauene Krücke.

      „Da bleibt einem doch die Spucke weg“, flüsterte Old O’Flynn. „Der kann das ja fast noch besser als unsereiner!“

      „Hasard“, sagte Ben laut. Sabreras und die Banditen oben auf dem Klippfelsen konnten es vielleicht doch nicht verstehen, aber Ben verlieh sich selbst und der ganzen Szene mehr Glaubwürdigkeit, indem er den guten Ferris so titulierte. „Komm her und stell dich hier neben mich. Sabreras will dich sehen und mit dir sprechen.“

      „Ich kann nicht schreien“, krächzte Ferris. „Ich kann mich kaum auf den Beinen halten.“

      „Sie beobachten uns durch Fernrohre“, zischte Smoky. „Aufpassen also.“

      „Wo sind die anderen?“ raunte Ferris. „Pete, Gary, Stenmark, Al und Sam? Ich sehe sie nicht.“

      „Sie hängen außenbords an der Steuerbordseite“, erwiderte Ben ebenso leise. „Sie warten nur auf ein Zeichen, dann tauchen sie unter unsrer alten Lady hindurch und versuchen, zur Grotte zu gelangen.“

      „Seewolf!“ brüllte jetzt Sabreras. Breitbeinig stand er am Rand des steil aufragenden Felsens. „Ich will dein Wort, daß ihr keine faulen Tricks versucht, wenn ihr die Schiffe verlaßt.“

      „Liefere die Gefangenen aus“, keuchte Ferris, so laut er konnte.

      „Ich verstehe nicht!“ schallte es zurück.

      „Die Gefangenen sollst du freilassen!“ schrie Ben.

      Sabreras lachte. „Ja, aber erst pullt ihr in den Booten bis dicht ans Ufer. Ohne Waffen. Wir lassen das Weib und die fünf Wikinger dann von der Grotte aus zu euch schwimmen.“

      „Ihr wollt uns erschießen!“ rief Ben.

      „Ich will den Seewolf hören“, erwiderte Sabreras mit gellender Stimme.

      „Sabreras soll selbst die Geiseln bringen“, stieß Ferris mit krächzender Stimme hervor. „Er hat ja das Boot. Wir gehen auch in die Boote, und er läßt einen nach dem anderen frei.“

      „Ich verstehe kein Wort!“ brüllte der Kommandant vom Felsen herunter.

      Ben Brighton wiederholte, was Ferris gesagt hatte. Sabreras lehnte es ab und drohte wieder, einen der Wikinger als ersten in die See zu stoßen, falls die Seewölfe nicht bedingungslos auf seine Forderung eingingen.

      Hasard und seine sechs Begleiter hatten die geröllgefüllte Bresche hinter sich, jetzt schlichen sie über das felsige Gelände. Sie nutzten Steinblöcke und Krüppelsträucher als. Deckungen aus.

      Plötzlich war Sir John wieder heran. Er ließ sich auf Carberrys Schulter nieder.

      „Mastspitzen an der Kimm“, plapperte er. „Backbord voraus. Klar zum Entern!“

      „Will der uns auf den Arm nehmen?“ raunte Bob Grey. „Mann …“

      „Quatsch,

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