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steckt sie in der Klemme. Aber Teufel noch mal, ich kann mir nicht vorstellen, daß Sabreras ihr derart zusetzen kann.“

      „Ich würde mir keine Sorgen bereiten“, meinte Blacky. „Die Rote Korsarin und die fünf Wikinger haben Sabreras aufgestöbert wie einen Hasen, und jetzt veranstalten sie ein Zielschießen auf ihn.“

      Hasard schüttelte den Kopf. Er glaubte nicht daran. Siri-Tong würde auch einen Schurken wie Sabreras niemals vorsätzlich töten. Ihr Gewissen verbot es ihr, außerdem hatte sie in bezug auf Fairneß viel von dem Seewolf gelernt.

      Nein, da stimmte etwas nicht.

      Und dann signalisierte plötzlich auch Dan O’Flynn aus dem Großmars der „Isabella“.

      „Ja, gibt’s denn so was?“ sagte Matt Davies. „Hat der Bursche etwa beobachtet, was an Land vorgeht?“

      „Ruhe“, sagte Carberry. „Dan bedeutet uns, daß Siri-Tong und die Wikinger gefesselt auf ein Plateau getrieben werden. Sabreras ist bei ihnen – und eine Horde wüster Halunken.“

      „Da haben wir’s“, stieß der Seewolf aus. „Sabreras hat sich neue Kumpane gesucht. Wahrscheinlich haben ihn Strauchdiebe überrascht und er hat sie herumgekriegt, uns aufzulauern.“

      „Wir können mit unseren Kanonen auf sie feuern“, sagte Luke Morgan.

      „Bist du wahnsinnig?“ fragte Bob Grey. „Wir gefährden doch nur Siri-Tong und ihre Männer.“

      „Was sollen wir denn sonst tun?“ sagte Luke hitzig.

      „Wir rühren uns hier nicht fort“, erwiderte der Seewolf leise und mit mühsam erzwungener Ruhe. Daß ausgerechnet Siri-Tong sich wieder in der Gewalt des Spaniers befand, brachte sein Blut zum Sieden – aber er bezwang seine aufwallenden Gefühle. „Noch haben sie uns hier nicht entdeckt“, fuhr er fort. „Möglicherweise ist das der einzige Trumpf, der uns noch bleibt.“

      Sabreras prüfte die Fesseln seiner Gefangenen. Als er sie für ausreichend straff befunden hatte, packte er Siri-Tong bei den Schultern und stieß sie vor sich her. Die Hände hatte Almirante ihr auf dem Rücken zusammenbinden lassen, ihre Fußknöchel waren auch durch einen Strick verbunden, dessen Kürze ihr nur kleine, trippelnde Schritte erlaubte.

      Sabreras steuerte mit ihr an dem oberen Ausgang der steinernen Wendeltreppe vorbei und hielt auf den Rand des Plateaus zu.

      Julian und zwei andere Männer hasteten die Treppe hinunter. Sie sollten die Grotte gegen Angriffe schützen.

      Sabreras blieb stehen und blickte gelassen zu den Schiffen. Da lagen sie, stolze, aber lädierte Riesen der See, die zu finsteren Monumenten an den Abgründen seines Schicksals geworden waren.

      „Zur Hölle mit euch“, sagte Sabreras.

      „Stoß mich in die Tiefe“, sagte Siri-Tong. „Das hast du doch vor, oder?“

      Er verschränkte die Arme vor der Brust und antwortete nicht darauf. Almirante hatte inzwischen die gefesselten Wikinger ebenfalls an den scharfen Felsenabbruch dirigieren lassen. Siri-Tong, Thorfin Njal, Eike, Arne, Oleg und der Stör waren lebende Schutzschilde für die Banditen, und die Crews der Schiffe konnten nicht feuern, ohne zumindest einen von ihnen tödlich zu verletzen.

      Niemals würden sie das tun.

      Sabreras warf einen Blick nach unten. Schätzungsweise dreißig Yards tief fiel der Steilfelsen ab, Die Brandung war ein dünner, weiß gekräuselter Streifen über den im flachen Uferwasser liegenden Gesteinsblöcken.

      Er war schwindelfrei, und doch rieselte es ihm frostig über den Rükken. Rasch hob er wieder den Kopf.

      „Wer hat euch den Weg hierher gewiesen, Siri-Tong?“ fragte er. „Doch die Männer der ‚Esperanza‘, nicht wahr? Sie haben gemeutert, aber dann habt ihr die Galeone geentert. Das geschieht ihnen recht.“

      „Es wäre uns lieber gewesen, wenn auch du an Bord gewesen wärest“, sagte sie kalt.

      Er lachte. „Ja, das hätte euch so passen können. Aber ich habe euch einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.“

      Er legte die Hände als Schalltrichter an den Mund und schrie zu den Schiffen hinüber: „Ihr dort – Engländer und Piraten! Ich weiß, daß ihr mich verstehen könnt. Und euer Ausguck schaut mit dem Fernrohr herüber. Ihr seht also, daß wir eure Kumpane gefaßt haben und euch nicht täuschen!“

      Eine Antwort wehte nicht von den Schiffen herüber.

      Sabreras sah wieder in die Tiefe und entdeckte ein Boot mit zwei Männern darin, das ziemlich schnell auf den schwarzen Segler zuglitt. Von hier oben wirkte es wie ein Spielzeug.

      „Gut so!“ brüllte er. „Alle Mann an Bord! Bleibt dort und wagt nicht, wieder in die Grotte vorzudringen. Ich stelle meine Bedingungen: Händigt mir eure Schiffe aus, oder ich stürze die Gefangenen einen nach dem anderen hier vom Felsen!“

      „Das wäre dein Ende, Sabreras“, tönte es jetzt zurück.

      „Wer ist das?“ wollte Sabreras von der Roten Korsarin wissen. „Rede, oder ich opfere als ersten diesen behelmten Idioten.“ Er wies auf Thorfin Njal.

      Siri-Tongs Stimme klang gepreßt und unnatürlich. „Ben Brighton, der Bootsmann und Erste Offizier auf der ‚Isabella‘.“

      „Brighton!“ schrie der Kommandant. „Willst du es wirklich darauf ankommen lassen? Sollen wir ein Exempel statuieren?“

      „Nein!“

      „Dann verlaßt die Schiffe. Setzt euch in eure Beiboote und haut ab!“

      „Erst müßt ihr uns Siri-Tong und die Wikinger übergeben!“ rief Ben Brighton. Er hatte sich auf die Back der „Isabella“ begeben und stand mit verzerrtem Gesicht neben den Kameraden.

      Almirante sagte: „Das Beiboot ist beim Viermaster, und die Besatzung und der andere Kerl im Großmars des Dreimasters haben aufgehört, sich Blinkzeichen zu geben. Es scheinen also alle an Bord zu sein, die vorher in der Grotte herumgeschnüffelt haben.“

      In diesem Augenblick erschien auch wieder Julian und meldete: „Unten ist die Luft rein. Da befindet sich nur ein Boot mit einem Mast, den man umlegen kann.“

      „Das Boot gehört mir“, erklärte Sabreras.

      „Gut“, sagte Almirante. „Du kannst gleich hier oben bleiben, Julian. Zwei Mann unten genügen als Wachtposten, zumal wir es ja sehen würden, wenn auch nur ein Mann von den, Schiffen ’rüberzuschwimmen versuchte.“

      „Wir haben die Situation in der Hand“, sagte Sabreras mit siegessicherem Lächeln. Er hob wieder die Stimme und wandte sich von neuem an Ben Brighton. „Wo ist der Seewolf? Ich will mit ihm verhandeln!“

      „Er ist im Gefecht verwundet worden!“ schrie Ben zurück.

      Sabreras blickte Siri-Tong von der Seite an. „Stimmt das? Wage es nicht, mich anzulügen. Ich sehe es dir an, wenn du schwindelst.“

      Sie schaute ihn offen und fest an. „Hasard ist verwundet worden, als er Batuti, dem Gambia-Neger, vom Vormars half.“

      Sabreras fuhr sich mit der Hand über das stoppelbärtige Kinn. „Zum Teufel, dann habe ich ja doch nicht vorbeigezielt, als ich mit der Arkebuse auf ihn feuerte!“ Er legte wieder die Hände an die Mundwinkel. „Brighton!“ brüllte er. „Trotzdem will ich den Seewolf sehen! Sofort!“

      Siri-Tong hatte innerlich schon aufgeatmet, aber jetzt durchfuhr es sie glühendheiß. Wie sollte Hasard sich auf Oberdeck zeigen, wenn er gar nicht an Bord der „Isabella“ war?

      Er versuchte auf irgendeine Art, sich mit dem Beiboot anzuschleichen. Aber innerhalb der nächsten Minuten mußte alles auffliegen, denn länger konnte Ben Brighton die Spanier nicht hinhalten.

      10.

      Hasard hatte Ben Brighton noch rasch

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