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konnte, öffnete sich zu einer Grotte hin. Sabreras steuerte vorsichtig darauf zu, nahm die Segel und schließlich sogar den Mast weg, damit er hineinkonnte.

      Dann schob er sich mit dem Boot in das Innerste der Wasserkaverne.

      Ein bläulicher Lichtschimmer empfing ihn. Hier schwappte und schmatzte das Wasser hohl und widerhallend wie ein fremdartiges Element. Staunend blickte der Kommandant sich um. Je weiter er geriet, desto intensiver wurde das Blau. Hoch schob sich die Grotte empor, er konnte kaum ihre Decke erkennen. Er befand sich in einem regelrechten Felsentempel. Etwas Unheimliches, Beängstigendes haftete dem Platz an.

      Einen Ausgang zum Land hin schien es nicht zu geben.

      Enttäuscht wollte Sabreras wieder umkehren. Welchen Zweck hatte es, wenn er hier festmachte? Er griff zu den Riemen. Plötzlich hatte er es eilig, wieder das offene Wasser zu erreichen.

      Aber da wandte er noch einmal den Kopf und schaute nach links. In dem blauen Schillern des Gesteins war doch eine Unterbrechung. Ein Gebilde, das zu untersuchen sich gewiß lohnte.

      Und noch etwas veranlaßte ihn zum Bleiben. Als er sich umdrehte und durch die spitzkegelige Passage spähte, gewahrte er weit draußen auf See zwei Erscheinungen.

      Erscheinungen? Er verharrte nur ein paar Minuten und erkannte dann, daß es sich um große Segler handelte. Er hatte ein Spektiv bei sich, das nahm er jetzt zur Hand und hob es ans Auge.

      „Madre de Dios“, flüsterte er. „Das sind ja – die ‚Isabella‘ des Seewolfs und das schwarze Schiff der Roten Korsarin! Ihr verfluchtes Pack, die Pest und die Pocken sollen euch dahinraffen!“

      Wie sie ihm hatten folgen können, war ihm nicht klar, aber unbewußt begriff er, daß auch dieser Umstand mit den Meuterern von der „Esperanza“ zu tun hatte. Doch er sann nicht weiter darüber nach.

      „Wichtig ist nur eins“, sagte er sich. „Daß du so schnell wie möglich in den Felsen aufsteigst und dich zum Binnenland hin absetzt!“

      Er pullte das Boot zu dem schmalen Streifen Kieselstrand, der sich in dem blauen Licht abzeichnete. Knirschend schob sich der Rumpf darauf. Noch ein Blick aufs Meer, und er stellte fest, daß die Umrisse der Schiffe an der westlichen Kimm schon wesentlich größer geworden waren. Sie fuhren unter voller Besegelung und hatten den Wind raumschots.

      Er raffte seine Habseligkeiten zusammen – den Jutesack mit der Krone der Chibchas und dem anderen Smaragdschmuck, den er aus der Mine gerettet hatte, die Ledermappe mit den wichtigen Dokumenten für den Gouverneur von Panama, Proviant, den letzten Schlauch mit Trinkwasser sowie Munition für die Radschloßpistole.

      So hastete er auf das zu, was er vorher als „Gebilde“ im Gestein identifiziert hatte. Und tatsächlich, es entpuppte sich als Einstieg. Eine richtige Treppe führte auf verschlungenem Weg aus der blauen Grotte nach oben.

      Er stieg sie hoch. Wer hatte diese Stufen in den Felsen gehauen? Die Grotte mochte in Jahrtausenden oder Jahrmillionen vom Seewasser in die Klippen gewaschen worden sein, und vielleicht rührte auch das eigenartige blaue Licht von einem Naturphänomen her. Sabreras hatte davon gehört, daß solche Effekte entstanden, wenn Sonnenstrahlen sich in mineralischen Formationen brachen. Aber diese Treppe konnte nur Menschenhand geschaffen haben.

      Indianer vielleicht.

      Es gab Hunderte von alten Kulturen in diesem Kontinent. Die Mayas, Azteken, Cuna, Chibcha, Inkas waren nur einige von ihnen gewesen. Wenn aber wirklich Rothäute diesen Ausstieg in die oberen Felsenregionen gehauen hatten, dann war es eine Ironie, denn ausgerechnet ihm, Sabreras, dem India-nerhasser, retteten sie jetzt das Leben.

      Er mußte darüber lachen.

      Sein Lachen hallte von den Wänden wider, es klang unheimlich. Der Ort schien verwunschen zu sein. Selbst das Tappen seiner Stiefelsohlen auf den Stufen klang ungewöhnlich hell und fast absonderlich.

      Beirren ließ er sich aber nicht. Als er das ungebrochene Sonnenlicht über sich sah, kicherte er vor Freude. Die seltsame Wendeltreppe war zu Ende. Er stürmte die letzten Stufen hoch und taumelte ins Freie.

      Er befand sich jetzt hoch über der See. Wind zerzauste seine Haare und zerrte an seiner Kleidung. Die „Isabella“ und den schwarzen Segler konnte er von hier aus nicht sehen, weil er schon zu viele Felsen im Blickfeld hatte, aber er kümmerte sich auch nicht mehr um die Gegner. Ohne noch einen Gedanken an sie zu verschwenden, wandte er sich landeinwärts.

      Bis zur nächsten spanischen Siedlung wollte er sich durchschlagen. Dann würde er mit einer Kutsche bis nach Panama weiterreisen und dort dem Gouverneur seine ungeheuerliche, ja, haarsträubende Geschichte vortragen.

      Sabreras, dir kann keiner mehr am Zeuge flicken, sagte er sich. Du bist von den wüstesten Feinden überfallen worden, die Spanien hat. Du hast gekämpft und verloren. Das kann dir keiner ankreiden. Schon ganz andere Verbände sind vom Seewolf und dessen Verbündeten geschlagen worden.

      Dann hat auch noch deine Schiffsbesatzung gemeutert, spann er den Faden weiter, und du hast somit das Recht auf deiner Seite. Wer will denn dem Gouverneur erzählen, du hättest heimlich in die eigene Tasche gewirtschaftet? Der Seewolf vielleicht? Dem glaubt kein Spanier. De Vargas, Mangusto, der Sargento? Wenn sie es versuchen, kommen sie damit nicht durch. Niemals. Aussage steht gegen Aussage, und mein Wort zählt mehr als das dieser räudigen Hunde.

      Er war so in seine Überlegungen verstrickt, daß er nicht mehr bemerkte, was um ihn herum vorging.

      De Vargas könnte ich in einem Prozeß auch leicht auf meine Seite reißen, sagte er sich. Er ist wankelmütig. Wenn es hart auf hart geht, fällt er um und bekennt sich zu mir.

      Er schritt über eine Geröllhalde in eine dunkle, geduckte Schlucht hinunter. Die Marschrichtung lag fest, und es schien keine großen Hindernisse zu geben, zumal das Land allmählich nach Norden hin abfiel und das Wandern ihm von Meile zu Meile leichter fallen würde.

      Endlich, dachte er, endlich habe ich das Glück wieder auf meiner Seite. Den Smaragdschmuck werde ich irgendwo verstecken. Nur ich kenne den Platz. Dann kehre ich zurück und hole mir, was mein ist …

      Sabreras sah nicht, wie rechts oben am Schluchtrand die Umrisse eines menschlichen Kopfes erschienen. Erstens fühlte er sich bereits zu sicher, und das war ein klarer Fehler. Zweitens war die Bewegung hinter ihm, und auch bei größerer Aufmerksamkeit hätte er sie deshalb wohl nicht zur Kenntnis genommen.

      Etwas huschte von schräg hinten auf ihn zu.

      Diesmal konstatierte er, daß etwas nicht in Ordnung war. Er wandte sich um und fand gerade noch Zeit, den Mund zu öffnen. Der entsetzte Ruf, den er ausstoßen wollte, blieb ihm in der Kehle stecken.

      Ein Stein traf seine Stirn.

      Lautlos sank er zu Boden.

      Alles ging in bodenloser, erstickender Finsternis unter.

      In jener Sphäre war es erträglicher zugegangen als im Diesseits. Das Bewußtsein breitete sich mit hämmernden Schmerzen in ihm aus, ihm war speiübel, und er glaubte, sich übergeben zu müssen.

      Und dann dieses Gelächter über ihm! Es schien geradewegs aus der Hölle zu ertönen.

      „Paßt auf, daß er nicht einfach aufsteht und wegläuft, Männer“, sagte jemand auf spanisch. „Seiner Montur nach ist er ein hoher Offizier, wahrscheinlich ein Kommandant, und er wird vielleicht versuchen, durch einen Trick zu entwischen.“ Die Stimme klang rauh und im tiefsten Baß, aber Sabreras hörte doch an seinem Akzent, daß er ein reinblütiger Katalane war.

      Ein zweiter Sprecher wollte sich über diese Worte vor Lachen ausschütten. Er prustete: „Das wäre die Spitze, jawohl, das Allergrößte, Almirante. Sag jetzt bloß noch, dieser Bastard sei nicht auf den Kopf gefallen.“

      „So ein fauler Witz“, erwiderte Almirante. „So hart hat er sich den Schädel nicht gestoßen, Julian. Halt jetzt dein verdammtes Maul.“

      „Ich finde das alles so herrlich komisch!“ Der Mann, der Julian hieß, kicherte.

      „Julian

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