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      Das Focksegel wurde weggenommen, und als die Männer diesmal aufs Achterdeck zurückkehrten, da pfiff es bösartig heran. Die flachgehende Feluke begann zu ächzen und zu knarren, sie hob den Bug in den Himmel und knallte hart in die See zurück. Gleichzeitig rollte sie auch, und die ersten Brecher wälzten sich über Deck.

      Zischen und Brausen lagen in der Luft, und schon ein paar Minuten später begann ein Höllentänzchen, das den Männern noch lange in Erinnerung blieb.

      Sie alle dachten wieder an ihre alte gute „Isabella“, die jetzt wahrscheinlich so tief im Sand des Todeskanals steckte, daß nichts mehr von ihr zu sehen war. Mit spielerischer Eleganz hätte sie diesen Sturm abgeritten.

      Die Feluke aber benahm sich wie ein störrischer alter Gaul, der seinem Herrn den Gehorsam verweigert.

      Sie ließ sich in der schweren See schlecht steuern. Jede Welle warf sie wie einen Korken hin und her. Schlingernd, knackend und ächzend legte sie sich von einer Seite auf die andere. Dann taumelte sie, schaffte die Wellenberge kaum und ließ sich von den heranstürmenden Wogen untertauchen und überrollen.

      Eine Welle schlug ihr bretthart unter den Bug. Sie steilte nach oben, drehte sich leicht zur Seite und stemmte sich gegen das Hindernis, statt sanft emporzuklimmen.

      Das Achterdeck wurde von Brechern überschwemmt, der Bug sackte weg wie ein Stein und erhob sich nur sehr schwerfällig.

      Die Seewölfe sahen es mit immer größerem Unbehagen, selbst der ehemalige Schmied verzog skeptisch das Gesicht.

      Aus den Wellen stieg gischtiger Schaum, der die Sicht nahm und in langen Streifen über das Deck wehte. Die Naturgewalten wurden lauter. In der Luft lag nun ein beständiges Dröhnen und Brausen. Man konnte kein einziges Wort mehr verstehen.

      Auf dem Achterdeck standen die Seewölfe nur noch mühsam auf den Beinen. Auch dort waren Strecktaue gespannt worden, damit man in diesem Höllenreigen nicht unversehens den Halt verlor.

      Riesige fast pechschwarze Berge rollten heran, denen Täler von erschrekkender Tiefe folgten. Hatte die Feluke es wirklich geschafft, einen dieser Berge zu erklimmen, dann stand sie auf dem höchsten Punkt wie unschlüssig da, ehe sie hinabfiel. Den zweiten heranwogenden Berg schaffte sie dann meist nicht mehr und nahm ihn voll. Eine hochgehende See fegte über das Achterdeck, schäumend und brüllend, und riß den Männern die Beine unter dem Leib weg.

      Sie lenzten jetzt vor Topp und Takel, das bedeutete, daß kein fester Kurs mehr anlag, kein Segel gefahren wurde, und die Feluke zum Spielball entfesselter Elemente wurde. Der Wind trieb sie erbarmungslos über das kochende Meer, ließ sie tanzen, hüpfen und wilde Sprünge vollführen.

      Shane und Dan hatten an langer Leine eine Spiere achtern über Bord gebracht und ein paar Trossen hinterhergeworfen, damit die Feluke nicht querschlug.

      Es half nicht viel, es wurde kaum besser. Die orientalische Lady hatte ein Eigenleben und ganz beträchtliche Mucken, die sie jetzt ausspielte.

      Aber sie hielt wie durch ein Wunder, nur sackte sie ganz unmerklich tiefer ab, und in den Räumen begann das eingedrungene Wasser klatschend hin und her zu schwappen. Die See vergrößerte die Lecks und setzte dem maroden Rumpf hart zu.

      Immer zorniger brüllte der Sturm, immer wilder türmten sich die Wellen auf, und immer schlechter wurde die Sicht.

      Hasard hatte sich am Ruder festgebunden. Die Männer, die nicht an Deck gebraucht wurden, hatte er nach unten geschickt, damit nicht noch einer über Bord gewaschen wurde.

      So kämpfte sich die Feluke durch den Sturm, immer wieder von rollenden harten Brechern überschüttet. Dumpfe Schläge erschütterten sie bis in den letzten Verband und ließen die Spanten bedrohlich ächzen.

      Selbst der Seewolf glaubte nicht mehr daran, daß sie es schaffte und diesen Sturm abritt. Er war sich sogar ziemlich sicher, daß die Feluke bald kentern würde, so schlecht benahm sie sich. Sie war nicht für harte Stürme gebaut, sie war zu zerbrechlich, um der See energischen Widerstand entgegenzusetzen.

      Aber sie hielt trotz aller pessimistischen Orakeleien. Nach einer Weile schien sie sich sogar an das Chaos gewöhnt zu haben.

      Fast drei Stunden lang ritt, taumelte und rollte sie von einer Seite zur anderen, hob den Achtersteven, stellte sich mit dem Bug fast in den Himmel und wurde gebeutelt.

      Dann klang der schwere Sturm unmerklich ab, und die Männer erschienen wieder an Deck. Dort unten war es fast noch schlimmer gewesen als hier oben.

      Shane hielt sich an dem Manntau fest und blickte voraus. In der dunklen Wand erschienen hellere Flecken, der Schaum nahm ab, und die hohen tintenschwarzen Wasserberge färbten sich grau.

      „Daß sie das überstanden hat“, sagte er kopfschüttelnd, „grenzt ja direkt an ein Wunder.“

      Er mußte immer noch laut brüllen, um verstanden zu werden, aber er sah den Seewolf nicken.

      „Das Gröbste ist vorbei!“ rief er laut. „Aber wir haben Unmengen Wasser gezogen und liegen ziemlich tief.“

      Das bedeutete wiederum pumpen, pumpen und nochmals pumpen, bis zum Umfallen, aber selbst daran hatten sie sich nun schon gewöhnt.

      „Ihr könnt die Spiere und die Tampen wieder einholen“, sagte Hasard. „Wir setzen wieder das Focksegel und gehen auf unseren Kurs zurück.“

      Spürbar flaute der Wind ab, seine Heftigkeit ließ nach, und nachdem die Fock gesetzt worden war, jagte die Feluke fast gierig über das Meer.

      Die See dünte langgezogen. Immer noch tauchte das Schiff hart ein, aber im Vergleich zu vorhin war das nur ein Klacks.

      „Dem Himmel sei Dank“, sagte Dan O’Flynn erleichtert. Dann sah er plötzlich in Hasards ratlos wirkendes Gesicht. Gleichzeitig scherte die Feluke leicht aus dem Kurs. Von achtern war im selben Augenblick ein leichtes Krachen zu hören.

      Die Männer sahen sich entgeistert an.

      „Das Ruderblatt ist gebrochen“, sagte Hasard fassungslos. „Kein Druck mehr, das ist ja unglaublich.“

      „Nachwehen sind das“, knurrte Shane gereizt. „Jetzt hat sie diesen verdammten Sturm überstanden, und jetzt, nachdem das Wasser fast ruhig ist, da bricht das verdammte Ding weg.“

      Auf dem Ruder lag tatsächlich kein Druck mehr. Hasard bewegte es ungläubig hin und her. Nichts, die Feluke begann zu gieren, das Ruder ließ sich mühelos bewegen wie ein Schwengel, dem der Widerstand fehlt.

      Er hörte seine Männer erbittert fluchen und konnte es ihnen nicht verdenken, denn er fluchte lauthals mit. Wenn sie diesen lausigen Teppichhändler jetzt …

      „Diesen verdammten Mistkahn soll doch der Teufel holen!“ brüllte Shane voller Wut. Er hob die riesigen Fäuste und drohte aufs Meer hinaus. „Ja, geht das denn immer so weiter, verdammt noch mal?“

      Dan O’Flynn und Batuti rannten über das schwankende Deck nach vorn, ohne daß es einer Aufforderung bedurft hätte. Erneut begann der Nervenkrieg mit diesem Höllenschiff, das auf den ersten Blick so prächtig ausgesehen hatte, so daß sie alle darauf hereingefallen waren. Hasard ärgerte sich schwarz, daß man ihn derart übers Ohr gehauen hatte.

      Aber was half’s? Sie mußten wieder ranklotzen und improvisieren, nur stand ihnen diesmal eine Heidenarbeit bevor.

      Erneut wurde die Fock eingeholt und anschließend ein Treibanker ausgebracht, der die Feluke vor dem Wind hielt. So trieben sie nochmals zwei Stunden, ehe der Schaden besichtigt werden konnte, und das Ergebnis verblüffte sie doch. Das verdammte Ruderblatt hatte den gewaltigen Sturm überstanden. Es war erst gebrochen, als sich das Meer wieder beruhigt hatte, und es war so gebrochen, daß sie damit lange Zeit beschäftigt sein würden.

      Erst als die See sich beruhigt hatte, gingen sie daran den Schaden mit unzulänglichen Bordmitteln zu beheben. Dabei fluchten sie, was das Zeug hielt.

      Es war ein Kreuz mit diesem Kahn. Kaum war der eine Schaden behoben, da tauchte der nächste auf.

      Dazwischen

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