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großes Maul aufreißt, nämlich einen gewissen Mister Roskill.“

      So, nun hatte er es diesem Zweifler aber besorgt. Old Donegal brummte zufrieden, während er einen letzten Schluck aus seiner Muck nahm.

      Die Sambuke lief nach wie vor gute Fahrt, und der Rest des Tages, an dem die Sonne erbarmungslos vom Himmel brannte, verlief ohne Zwischenfälle.

      Erst am späten Abend erreichte die Sambuke die Bucht von Kanais. Noch vor Einbruch der Dunkelheit ließ Ben Brighton an einer günstigen Stelle unter der Küste den Anker werfen. Er zog es vor, nur tagsüber zu segeln und die Nacht möglichst hinter der Deckung eines vorgeschobenen Kaps zu verbringen. Das hatte unter anderem den Vorteil, daß man vor dem auflandigen Wind geschützt war.

      Der Anker faßte gut, trotzdem beschloß Ben Brighton aus Sicherheitsgründen, die Nacht über eine Ankerwache aufziehen zu lassen, die alle drei Stunden gewechselt werden sollte. So würde jeder der Männer genügend Schlaf haben.

      Die Gegend um das Ras el Kanais, war, soweit das die Seewölfe übersehen konnten, menschenleer.

      4.

      Die Nacht verlief still und friedlich, für die Ankerwache gab es nichts zu vermelden.

      Auch drüben an Land rührte sich nichts, und die Männer, die jeweils Wache gingen, vernahmen nur das Plätschern des Wassers, das an die Bordwände schlug. Vereinzelt war auch ein leises Knistern, Knacken und Stöhnen im Holz der Sambuke zu hören.

      Erst der nächste Morgen brachte für den kleinen Segler und seine Besatzung den ersten Ärger.

      Kaum hatte Ben Brighton den Befehl gegeben, ankerauf zu gehen, da fingen Smoky und Pete Ballie, die den Anker aufhieven wollten, auch schon an zu fluchen.

      „Donner und Wolkenbruch!“ stieß Smoky hervor. „Man könnte meinen, das verdammte Ding habe sein Gewicht über Nacht verhundertfacht. Das gibt es doch gar nicht!“

      Erneut packten die beiden Männer zu, aber wiederum ohne Erfolg. Der Anker saß eisern fest.

      „Vielleicht hat ein Wassermann seinen Fuß daraufgesetzt“, sinnierte Old O’Flynn, der argwöhnisch zu den beiden Männern hinüberäugte.

      Smoky wurde wütend.

      „Dann sag doch deinem Wassermann endlich, daß er seinen verdammten Fuß runternehmen soll, du Clown! Du hast doch immer eine gute Verbindung zu diesen niedlichen Kerlchen. Oder sitzt vielleicht auch noch eine Meerjungfrau mit ihrem zarten Popo auf dem Anker, wie?“

      „Man soll die Hoffnung nie aufgeben“, brummte Pete Ballie. „Vielleicht verfällt unser guter alter Mister O’Flynn doch noch auf den Gedanken, daß er ja mal mit zupacken könnte. Mitunter soll das recht hilfreich sein.“

      „Schon gut, schon gut“, brummte Old O’Flynn und marschierte zu ihnen hinüber. „Ich hab’s ja schon immer gesagt, daß ihr jungen Spunde keinen Mumm mehr in den Knochen habt. Ihr stellt euch an, als wäre das der erste Anker in eurem Leben, den ihr hieven sollt. Es wird Zeit, daß euch mal ein ausgewachsener Seemann zeigt, wie man so was hinkriegt.“

      Der Alte mit dem verwitterten Gesicht spuckte unternehmungslustig in die Hände, und dann begann auch er, an der Trosse zu zerren.

      Aber da halfen kein Fluchen und kein Spucken. Der Anker rührte sich nicht vom Fleck.

      „Und was ist nun?“ fragte Pete Ballie spöttisch. „Ich denke, du wolltest uns mal zeigen, wie man so was hinkriegt?“

      „Genau“, motzte Smoky. „Mit deinem Mumm scheint’s auch nicht mehr weit her zu sein.“

      „Haltet endlich eure großen Mäuler!“ Der Alte stampfte wütend mit dem Holzbein auf die Planken. „Da stimmt doch was nicht, ihr abgetakelten Heringsschwänze! Oder habt ihr das noch nicht gemerkt?“

      „Ach nee“, murmelte Smoky, „das ist uns noch gar nicht aufgefallen. Gut, daß du es uns endlich sagst.“

      Inzwischen waren Ben Brighton und Al Conroy hinzugetreten. Auch sie packten noch mit an, aber das Ergebnis war das gleiche. Das verdammte Ding gab um keine Handbreite nach. Wußte der Teufel, was da los war. Irgendwo hatte sich der Anker verfangen, aber wo?

      Ein Ankerspill hatte die Sambuke nicht. Deshalb verfiel Smoky auf die Idee, aus ihrem Takelgeschirr ein paar Taljen zusammenzubauen, damit alle Mann mit zugreifen konnten. Und mit vereinbarten Kräften mußte es doch schließlich gelingen, den Anker hochzuhieven.

      Als die Taljen fertig waren, gab es ein kräftiges Hau-ruck, an dem sich jeder beteiligte. Aber auch das nutzte nichts.

      „Scheiße!“ fluchte Bob Grey. „Da legt man sich ins Zeug wie ein Kamel beim Treideln, und dann ist es auch noch umsonst.“

      Auch die mehrfache Wiederholung des Versuchs brachte kein anderes Ergebnis. Schließlich begriffen die Seewölfe, daß sie es so nicht schafften.

      „Wir müssen nachsehen, was da los ist“, sagte Ben Brighton, „sonst zerren wir noch heute abend wie die Ochsen an der Trosse herum. Loten wir doch zunächst einmal die Tiefe.“

      Smoky ging sofort an die Arbeit und kurze Zeit später stand das Ergebnis fest. Die Tiefe betrug viereinhalb Faden, das entsprach etwa acht Yards.

      „Das ist nicht allzuviel“, stellte der schlanke, dunkelhaarige Sam Roskill fest und zog sich bereits das Hemd über den Kopf. „Ich schau mal nach, was da unten los ist.“

      „Daß du ja sofort wieder auftauchst!“ erklärte der alte O’Flynn. „Wir möchten es nämlich auch wissen.“

      „Du kannst mich ja begleiten“, erwiderte Sam Roskill. „Dann weißt du es etwas früher. Vielleicht sitzen sogar zwei Meerjungfrauen auf dem Anker, dann bleibt für dich auch noch eine übrig.“

      „Nun hüpf schon außenbords, du Themsefloh“, brummte der Alte und winkte auffordernd.

      Sam Roskill tat ihm den Gefallen. Er sprang ins Wasser und tauchte an der Ankertrosse entlang nach unten, um die Lage zu peilen.

      Die übrigen Männer warteten ungeduldig, doch es dauerte nicht lange, und Sam Roskill tauchte wieder auf. Er wischte sich das Wasser aus dem Gesicht und grinste breit.

      „Na und?“ fragte Old Donegal Daniel O’Flynn ungeduldig.

      „Es sind keine Meerjungfrauen“, sagte Sam Roskill. „Sonst wäre ich nämlich noch ein bißchen unten geblieben.“

      „Was dann, du Hering?“

      „Nichts Besonderes“, berichtete Sam, während er über das Schanzkleid kletterte. „Außer einer Galeone hängt nichts an unserem Anker.“

      „Einer Galeone?“ fragte Old O’Flynn erschüttert.

      „Jawohl, einer Galeone“, sagte Sam Roskill.

      Pete Ballie schüttelte den Kopf. „Entweder spinnst du, oder du willst uns einen Bären aufbinden.“

      „Dann geh doch selber runter und schau nach“, sagte Sam. „Der Anker hat sich in der Geschützpforte einer wracken Galeone verklemmt. Da können wir lange herumzerren, bis wir es mit acht Mann schaffen, eine Galeone an der Ankertrosse hochzuhieven.“

      Zunächst waren die Arwenacks ziemlich platt. Es waren ihnen zwar tausend Dinge und Möglichkeiten durch den Kopf gegangen, aber daß ihnen eine Galeone gewissermaßen an der Angel hing, das hatten sie absolut nicht erwartet.

      „Ich hab’s!“ sagte Smoky und kriegte plötzlich ganz lüsterne Augen. „Wenn uns ein solcher Fisch an die Leine geht, dann sollten wir zumindest mal nachsehen, ob’s da noch was abzustauben gibt. Vielleicht handelt es sich bei dem abgesoffenen Kahn um eine Schatzgaleone der Dons oder so.“

      Die Seewölfe sahen sich gegenseitig an.

      „Eigentlich hast du recht“, sagte Al Conroy und legte die Stirn in Falten. „Nachsehen kostet ja nichts. Wenn es nichts

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