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Seewölfe Paket 14. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe Paket 14
Год выпуска 0
isbn 9783954397723
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Ben Brighton unterbrach ihn lächelnd. „Nur wäre da noch eine wichtige Frage zu klären, bevor wir unsere Mucks und Teller füllen.“
„Eine wichtige Frage?“ Old O’Flynn blickte ihn erstaunt an. „Seit wann gibt es vor dem Essen Fragen abzuklären, he? Mit Magenknurren klärt sich nichts, sage ich dir, überhaupt nichts!“
„Auch wenn du noch so verfressen tust, Donegal“, fuhr Ben Brighton fort, „werden wir wohl nicht an dieser Frage vorbeikommen. Wie euch sicher schon aufgefallen ist, befindet sich der Kutscher, unser Koch und Feldscher, an Bord der „Mercure“. Und wenn wir warten wollen, bis in unserer winzigen Kombüse etwas von selber bruzzelt, dann knurrt uns der Magen noch am Jüngsten Tag. Mit anderen Worten: Wer von euch ist bereit, uns mit seinen Kochkünsten zu verwöhnen?“
Zunächst sahen sich die Männer reihum verblüfft an, und auch dem alten O’Flynn waren die weiteren Worte im Hals steckengeblieben. Ja, daran hatte eigentlich noch keiner gedacht. An Bord der „Isabella“ war alles wie von selber gelaufen. Auch während der Zeit, in der sie sich mit den Beibooten bis Alexandria durchgeschlagen hatten, war es für den Kutscher selbstverständlich gewesen, sich um das leibliche Wohl der Crew zu kümmern. Aber jetzt waren sie nur noch ein kleines Häufchen, und irgendeinen von ihnen würde zwangsläufig das Los treffen und zum Kombüsendienst verdonnern. Daran führte kein Weg vorbei, wenn sie nicht von früh bis spät auf altem, vergammelten Brot herumkauen wollten.
Doch das Problem löste sich rasch. Noch bevor eine große Debatte darüber beginnen konnte, meldete sich Will Thorne, der grauhaarige Segelmacher, zu Wort.
„Ich übernehme das schon“, sagte er. „Am Tuch gibt’s hier vorerst sowieso nicht viel zu tun, und außerdem habe ich es früher schon einmal mit meinen Kochkünsten versucht.“
„Hä?“ fragte der alte O’Flynn entgeistert. Sein verwittertes Gesicht legte sich in tausend skeptische Falten. „Ausgerechnet du willst dich erdreisten, uns mit deinem Schlangenfraß zu vergiften? Du bist wohl scharf darauf, uns hinterher in Segeltuch einzunähen und über die Rutsche gehen zu lassen, wie?“
Will Thorne, ein ruhiger, besonnener Mann, lächelte nur.
„Mir geht es doch nicht wie dir, Donegal“, sagte er. „Du würdest dich beim Kochen doch aus Versehen glatt selber in die Pfanne hauen.“
„Das hör sich doch einer an!“ nörgelte Old O’Flynn. „Als wenn ich noch nie was Brauchbares aus den Töpfen gezaubert hätte. Wenn ich zurückdenke, an die stolze „Empreß …“
Wieder wurde der streitbare Alte von Ben Brighton unterbrochen. Mit einem leicht tadelnden Blick sagte er: „Wir sollten jetzt nicht zurückdenken, Donegal, sondern uns lieber mit unserer unmittelbaren Zukunft beschäftigen, sonst wird es niemals etwas mit einem ordentlichen Frühstück. Ich finde es großartig, daß sich Will freiwillig gemeldet hat, und ich bin überzeugt, daß er auch vom Töpfeschwenken was versteht.“
„Eben“, sagte Will Thorne zufrieden, „und wenn es Donegal nicht schmeckt, kann er mein echt englisches Frühstück ja außenbords kippen.“
„Da wird er sich hüten“, meinte Al Conroy, der stämmige, schwarzhaarige Waffen- und Stückmeister, „sonst würden sich ja wohl noch die Wassermänner und Meerjungfrauen den Magen dran verderben.“
Damit war das Thema zunächst erledigt, und Will Thorne begann gleich darauf in der kleinen Kombüse zu hantieren.
Die Sonne war inzwischen wie ein feuerroter Ball hinter der Kimm erschienen und warf einen rötlichen Schimmer auf die Wasserfläche. Die Sambuke gelangte gut voran, sie segelte mit Backstagsbrise auf westlichem Kurs. Anfänglich war sie in Küstennähe noch einigen Einmastseglern und zahlreichen Fischerbooten begegnet, die ebenfalls schon bei Tagesanbruch ausgelaufen waren, doch jetzt schien es, als sei sie das einzige Schiff vor der nordafrikanischen Küste.
Pete Ballie, der stämmige Bursche mit Fäusten so groß wie Ankerklüsen, stand an der langen Ruderpinne und hatte seinen Spaß daran, daß die Sambuke bei ihrem geringen Tiefgang so gute Fahrt lief. Pete Ballie war schon bei Francis Drake als Rudergänger gefahren, und er hatte es auch auf der verlorenen „Isabella VIII.“ meisterhaft verstanden, das von Ferris Tucker, dem Schiffszimmermann, konstruierte Ruder zu handhaben. Die Arbeit an der Ruderpinne der Sambuke betrachtete er als eine Art Kinderspiel.
Auch die übrigen Männer hatten sich ihrer Arbeit zugewandt: Smoky, ein Rauhbein, das früher als Decksältester unter Francis Drake gefahren war, Sam Roskill, ein schlanker, dunkelhaariger Draufgängertyp und ehemaliger Karibik-Pirat, Bob Grey, der als hervorragender Messerwerfer galt, Al Conroy und der alte O’Flynn, unter dessen rauher Schale sich ein weicher Kern verbarg.
Will Thorne hatte es in einer erstaunlich kurzen Zeit geschafft, eine schmackhafte Morgenmahlzeit aus seinen Pfannen und Töpfen zu zaubern. Die Männer waren überrascht, und selbst Old O’Flynn griff ordentlich zu, allerdings, ohne ein einziges Wort von sich zu geben.
„Na, wirkt es schon, Donegal?“ fragte Will Thorne.
„Hä? Was soll wirken?“
„Nun, eigentlich müßtest du bereits ein mächtiges Bauchgrimmen haben, denn damit fängt es doch meistens an. Ich hab extra für dich eine doppelte Brise Gift untergerührt und kann es kaum noch erwarten, dich in mein bestes Stück Segeltuch einzunähen, wenn es endlich soweit ist.“
„Ha, du Stint, da kannst du lange warten“, knurrte der Alte kauend. „Näh dir aus dem Tuch lieber ein Segel für deinen Nachttopf und hör auf, christliche Seeleute zu verulken. Schlimm genug, wenn ich mich mit diesem Fraß hier am Leben erhalten muß!“ Gleich darauf holte er sich einen kräftigen Nachschlag. Das Grinsen der übrigen Besatzungsmitglieder übersah er geflissentlich.
„Ja, ja“, fuhr er schließlich fort, indem er sich mit der Hand zufrieden über den Bauch strich, „so ein niedliches Wickelkindchen müßte man sein. Vielleicht hätte sich dann auch eine hübsche Pharaonentochter gefunden, die einen, wie damals Moses, in ein Schilfkörbchen gepackt und nach Hause verfrachtet hätte. In einem Schilfkörbchen wäre es bestimmt gemütlicher als auf diesem lausigen Seelenverkäufer hier.“
„Du scheinst dich aber, satt wie du bist, recht wohl zu fühlen, Donegal“ meinte Ben Brighton, „auch wenn wir dir kein weiches Schilfkörbchen als Koje zur Verfügung stellen können.“
Auch Smoky konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen.
„Eben“, sagte er, „wenn unsere Sambuke ein lausiger Seelenverkäufer ist, dann hättest du besser damals auf der Arche des Noah anheuern sollen. Da durften nämlich, wie der Kutscher einmal erzählt hat, von jeder Tierart ein männliches und ein weibliches Vieh an Bord gehen. Wenn du dich da unter die Kamele oder Wassermänner gemischt hättest, wär es vielleicht gar nicht aufgefallen.“
„Hör auf, das Schicksal herauszufordern“, tadelte der Alte. „Mit der Sintflut ist nicht zu spaßen, so was würde uns mit dieser Nußschale hier gerade noch fehlen. Da könnten wir alle lenzen, bis uns die Zungen aus dem Halse heraushängen würden. Damals hat es, wie es in der Bibel steht, vierzig Tage und vierzig Nächte strömend geregnet, bis die ganze Erde überschwemmt war.“
„Na, irgendwo wird es schon noch ein trockenes Fleckchen gegeben haben“, sagte Sam Roskill.
„Eben nicht!“ giftete der alte O’Flynn. „In der Bibel steht doch, daß der ganze Erdboden mit Wasser bedeckt war. Deshalb sind ja auch alle, die nicht in der Arche waren, jämmerlich ersoffen. Aber nur, weil sie so boshaft waren wie du.“
„Alles war unter Wasser?“ fragte Sam skeptisch.
„Klar, du Riesenhirsch! Wenn die große Sintflut nur eine örtliche Überschwemmung gewesen wäre, dann hätte das die lausigen Sünder, die der große Jehova damit bestrafen wollte, nicht weiter gestört.