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so wie ich mit zwanzig, eine neue Sprache lernt, wird sie ohne größere Anstrengungen und Schulungen nie ganz akzentfrei sprechen, zumal ich privat nur Englisch rede. Dadurch, dass meine Muttersprache Englisch ist, phrasiere ich anders als die meisten Deutschen. Ich phrasiere nicht immer auf einen Beat, den viele Menschen sofort mitsingen können. Natürlich hätte ich mich immer weiter darauf trainieren können, es noch besser hinzubekommen. Aber warum? Ich spürte, dass das genau so von den Deutschen angenommen wurde – und ich wollte mich nicht verbiegen. Zudem kommt auch noch, dass ich manchmal etwas faul bin. Und ich hatte keine große Lust, mich wieder auf eine Schulbank zu setzen.

      Zahlreiche deutsche Schlagersänger singen im Gegensatz dazu absolut austauschbar.

      Und die Rechnung ist ja bis heute für dich wunderbar aufgegangen.

      Aber das war keine Berechnung. Und ganz ehrlich, so eine Rolle fünfzig Jahre lang zu spielen, das kann man gar nicht. Jedenfalls ich nicht, auch wenn ich manchmal als Schauspieler zu sehen bin.

      Da gebe ich dir recht. Aber wenn du schon das Schauspiel erwähnst: Waren die Ausflüge in das Genre so geplant?

      Es war eine Folge des Erfolgs. Ich war bekannt, und ich habe Drehbücher angeboten bekommen. Es war alles dabei, aber gereizt hat mich dann das Angebot von RTL. Die Serie hieß Matchball – und war ein sogenannter Quotenrenner. Es passte alles zusammen. Gute Storys, tolle Kollegen, guter Sendeplatz.

      Und später kam es mit Wayne zum gemeinsamen Dreh?

      Ja, wir spielten eine Vater-Sohn-Beziehung in dem Film Lebe dein Leben für die ARD. Für mich war es eine beeindruckende Erfahrung, mit dem eigenen Sohn vor der Kamera zu stehen und zu spüren, wie selbstbewusst er in seiner Rolle aufgegangen ist.

      Und reizt es dich, diese Erfahrung zu wiederholen?

      Das werde ich immer wieder gefragt.

      Aber das liegt doch auch nahe.

      Dann sage ich dir das, was ich schon oft auf diese Frage geantwortet habe. Wenn wir das richtige Angebot bekämen, dann würden wir ernsthaft darüber nachdenken. Aber es kam bisher noch nicht. Wir haben aber auch überhaupt keinen Druck, da wir beide jeweils unseren beruflichen Weg alleine gehen können. Und zurzeit konzentriere ich mich auf all die anstehenden Projekte in den kommenden Jahren.

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      „Hi, Mum.“

      „Good morning, Howard“, erwiderte meine Mutter.

      Mein Vater nickte nur. Ansonsten herrschte beklemmendes Schweigen am Frühstückstisch.

      Es war einer dieser Tage in Südafrika, an denen ich schon am frühen Morgen Bauchschmerzen hatte. Was war los? War ich schuld? Fragen, die ich mir eigentlich gar nicht stellen musste, quälten mein Gewissen – und das schlug mir so auf den Magen, dass ich zum Frühstück kaum etwas essen konnte. Ein kleiner Happen ging dann irgendwie doch noch. Aber nur meiner Mum zuliebe. Damit sie vielleicht etwas glücklicher schauen konnte, ehe ich zur Schule ging.

      Mein Vater und meine Mutter hatten sich wieder einmal gestritten. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht wussten es die beiden selber nicht so genau. Sie schwiegen sich an. Ihre Blicke waren leer. Bloß nicht den anderen ansehen.

      In solch einer Phase lief am nächsten Morgen alles wie am Tag zuvor.

      „Hi, Mum.“

      „Good morning, Howard“, erwiderte meine Mutter.

      Mein Vater nickte. Unerträgliche Stille. Wieder ließen mich beide mit meinen quälenden Gewissensbissen allein. Ich war froh, dass ich zur Schule gehen konnte, um dort wenigstens nicht länger in schweigende Gesichter schauen zu müssen. Manchmal musste ich noch drei, vier oder fünf weitere Tage mit meinen sprach­losen Eltern leben. Ich war froh, wenn ich abends endlich im Bett lag. Ich wollte dann nur noch schnell einschlafen, ohne lange zu grübeln.

      Dann der befreiende Tag.

      „Hi, Mum.“

      „Good morning, Howard“, antwortete meine Mutter fröhlich.

      „Hi, boy“, sagte mein Vater.

      Wir redeten über die Schule, über das Wetter und über das, was Mum und Dad erledigen wollten. Die Mauer des Schweigens war durchbrochen. Mir schmeckte das Frühstück.

      Howard, würdest du sagen, dass du eine glückliche Kindheit hattest?

      Meine Eltern haben mir alles ermöglicht – und es gab nur wenige Momente, die ich am liebsten aus der Erinnerung streichen würde.

      Welche Momente waren das?

      Wir hatten manchmal mit größeren finanziellen Problemen zu kämpfen und mussten deswegen aus unserem schönen Haus in eine kleine Zweizimmerwohnung ziehen. Dort schlief ich dann als kleiner Junge mit meinen Eltern in einem Schlafzimmer. In dieser Zeit gab es häufiger Streit zwischen Mum und Dad – oft verbunden mit diesen Phasen eisernen Schweigens.

      Dieses Schweigen war unerträglich für dich?

      Ja. Diese Tage zu überstehen, das gehörte zu den schlimmsten Erfahrungen, die ich als Kind machen musste. Als ich etwas älter war, drohte mein Vater einmal damit, uns zu verlassen. Da habe ich ihm fast erleichtert gesagt: „Dann geh, hau ab.“ Ich wusste allerdings nicht, worum es in dem Streit ging. Am Ende war dann alles wieder gut. Mit Streitereien kann ich auch heute schlecht umgehen. Ich bin harmoniesüchtig.

      Warum hatten deine Eltern mit finanziellen Problemen zu kämpfen?

      Ich glaube, dass mein Vater der Typ war, der gerne mal Geld verlieh, das er eigentlich gar nicht hatte. Das führte zu großen Spannungen und finanziellen Engpässen. Ich kann mich noch sehr gut an einen Geburtstag erinnern, an dem ich einen roten Pullover bekommen habe. Ich war darüber so enttäuscht, dass ich nur geweint habe. Das war sehr hart für meine Eltern. Sie hatten gerade sehr wenig Geld und konnten sich eigentlich noch nicht mal diesen Pullover leisten. Einen solchen Geburtstag habe ich dann aber nie mehr erlebt. Meine Eltern haben meinen großen Tag ansonsten immer sehr liebevoll gestaltet. Oft verbunden mit kleinen Spielchen, komischen Verpackungen und Hinweiszetteln, die mich zu den Geschenken führten. Ein schönes Ritual, das ich für Wayne und Cass übernommen habe. Für sie habe ich mir zu den Geburtstagen und zu Weihnachten ebenso nette Spiele überlegt. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass ich einmal einen Kassettenrekorder im Kamin versteckt habe, mit einer Aufnahme, auf der ich mit verstellter Stimme den Weihnachtsmann gesprochen habe. So waren der Effekt und die Spannung perfekt. Die Jungs reden heute noch von meinen Überraschungen, und ich denke, diese Tradition wird sich bei den Carpendales weiter halten.

      Wie hast du deine Kindheit und Jugend sonst erlebt?

      Ich kann nicht sagen, dass ich die ersten zehn Jahre meines Lebens genossen habe. Ich war ein sehr stilles und einsames Kind. In den Kindergarten haben mich meine Eltern nicht geschickt. In der Schule wurde ich oft gemobbt, vielleicht, weil ich ein bisschen mollig und im Sport zunächst auch keine Granate war. Wenn ich mittags aus der Schule kam, hatte ich niemanden, dem ich etwas erzählen oder mein Herz ausschütten konnte. Ich habe noch vor Augen, wie ich zu Hause alleine in unserem großen Garten unter einem großen Baum sitze und mit kleinen Autos im roten Sand spiele. Keiner war da.

      Mutter war die Sekretärin meines Vaters. Sie hat unser Import/Export-Büro geschmissen, damit Dad sich voll und ganz seiner Politik widmen konnte. Nur abends beim Essen war es möglich, mit meinen Eltern zu reden. Diese Momente habe ich sehr genossen.

      Ab dem elften Lebensjahr änderte sich mein Leben …

      Mit elf Jahren? Wie genau soll ich das verstehen?

      Körperlich habe ich in zwei Jahren einen Schuss von fünfundzwanzig Zentimetern gemacht. In dieser Zeit wechselte

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