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taten und bewunderte die Einschätzungskraft ihres einzigen männlichen Besuchers, der das Potenzial ihrer Hände mit bewundernden Blicken begriffen hatte, ohne ein Wort darüber zu verlieren.

      Mit zurückgeworfenem Kopf glitt sie ohne körperliches Empfinden in das gemeinsame Stöhnen der Körper, eine schlanke Silhouette unter einem breiten Rumpf. Ihre Augen wurden mit zunehmender Heftigkeit in Richtung Wand gedrückt. Die Welt stand auf dem Kopf und sah eigentümlich und fremd aus. Die Stelle, an der das Poster hing, war seltsam kahl und schien wie ein bewusst heller gehaltenes Rechteck. Ihre Augen vermochten nicht mehr, den Männerkörper zu rekonstruieren. Die Erschütterungen ließen den Ansatz der Erinnerung zerspringen.

      Was ihr in den Sinn kam, war das freundliche Gesicht ihres Besuchers, sein bubenhafter Ausdruck mit Nickelbrille und feisten Wangen. Die blonden Haare ungebärdig und anspruchslos geschnitten. Seine kräftigen Unterarme mit dem Besatz feiner Härchen. Eine kräftige Figur, charakterstarke Hände. Sie schloss die Augen und ließ sich treiben. Ihre Atemnot verstärkte die Vision. Sie fühlte, dass sich ihre Hände mechanisch bewegten. Saugende Geräusche und eine Hitzeaufwallung in ihrer Beckengegend. Sie schwitzte und rang nach Atem.

      Der Mann löste sich aus ihrer Vorstellungswelt und stieg von der Wand ihrer Erinnerungen herab. Sie entspannte sich. Das Gefühl war vertraut. Der Mann gab ihr Sicherheit. Sie konnte ihn überall auf ihrem Körper spüren. Voller Verlangen krallte sie sich in die Haare und riss sie zurück. Die Haare waren erstaunlich borstig und feucht. Sie presste die Schenkel zusammen. Ihre Arme arbeiteten wie Kolben Sie hielt den Atem an. Ihr Kopf fiel zur Seite. Jemand schrie. Der Schrei war gedämpft.

      Ein Grunzen und ein feuchtes Geräusch ließen den Mann verblassen. Er zog sich mit einem wissenden Lächeln aus ihrer Vorstellung zurück. Er war nicht böse. Ohne ihn hätte sie die Situation nie bewältigt. Mit einer trägen Handbewegung winkte sie ihm nach. Die Luft in der Zelle war kühl auf der Haut. Sie fror und tastete nach ihren Kleidern.

      Die Rothaarige befestigte ihre Gürtelschnalle mit einem Ruck. Sie hatte den Blick abgewendet, als wolle sie ihrer Neuerwerbung einen Rest Privatsphäre gönnen.

      „Ich verlange ungehinderten Briefkontakt ohne Zensur und Besuch ohne Aufsicht.“ Die Stimme der großen Frau war beherrscht und schwemmte die Peinlichkeit der vergangenen Minuten aus den Ritzen der Zelle. „Das ist mein einziger Wunsch“, bekräftigte sie, ohne die Stimme zu erheben. Mit ruhigen, arbeitsamen Händen knöpfte sie ihr Kleid zu.

      Die Rothaarige fuhr sich mit der flachen Hand durch die Haare, als müsse sie entscheiden, ob die Art der Ansprache ihre Beziehungsebene verletze. Mit einem Ruck entfernte sie die Bluse von der Deckenbeleuchtung. Im hellen Licht glänzte der Schweiß auf ihrem Bauch. Ihr Bauchnabel neigte sich über den Hosengürtel und spähte auf ihre klobigen Schuhe.

      Mit verächtlich gekräuseltem Mund schaute sie auf die vor ihr Sitzende. Die Frau hatte ihre Arme verschränkt und wie ein Bollwerk unter ihrer Brust verankert. Der schmale Mund der Aufseherin vollführte eine kauende Bewegung und gähnte. Betont gelangweilt bemerkte sie, dass derartige Wünsche schwer erfüllbar seien, weil sie eine Verbotsgrenze überschritten. Sie überdehnte das Wort ‚Verbot‘ und schnalzte mit den Fingern, um zu zeigen, dass Verbote für eine Frau wie sie nicht existierten, wenn die Gegenleistung stimmte.

      „Jetzt, da du mein Mädchen bist, können wir über alles reden“, sagte sie lakonisch und wandte sich zum Gehen. „Ich werde sehen, was ich tun kann, wenn du tust, was nur du für mich tun kannst.“ Die Aufseherin schenkte der Sitzenden einen kokett gemeinten Augenaufschlag und ein maliziöses Lächeln, das keiner Interpretation bedurfte. Dann verließ sie mit schweren Schritten den Raum. Als das Licht gelöscht wurde, stand die Frau noch immer vor dem Handwaschbecken und bespritzte sich mit kaltem Wasser, um sich reinzuwaschen.

      In den nächsten Tagen war die Frau mit den roten Händen der Mittelpunkt des allgemeinen Getuschels. Fragmente der Gerüchte drangen an ihr Ohr und verletzten ihre Seele, die die neuen Narben mit Fassung trug. Ohne auf die Gehässigkeiten zu achten, lächelte sie der Rothaarigen schüchtern zu, als sie das nächste Mal Dienst tat und erntete einen durchdringenden Blick und einen Brief, der von der Zensur verschont geblieben war. Ein erneuter nächtlicher Besuch der Aufseherin verlief zu deren Zufriedenheit und brachte den Zugang zu dem Essen aus der Personalkantine. Briefe, die die Frau schrieb, wurden bei fortdauerndem Wohlverhalten direkt befördert.

      Mit den Freiheiten vertiefte sich auch die Intimität der Insassin und ihres Besuchers, wobei er auf Kameradschaft und sie auf Zuneigung setzte und sich ihr Gedankenaustausch irgendwo in der Mitte traf. Mit jeder unkontrollierten Nachricht wuchs ihr Vertrauen zueinander und schon bald raunten die vertrauten Buchstaben bisher Verborgenes in das Ohr des anderen. Die Frau gestand, dass sie sich schuldiger gemacht habe, als es in der Dokumentation den Anschein gehabt hatte und wartete mit schmerzlicher Ungeduld auf die Erwiderung, die verständnisvoll und begütigend ausfiel. Der Mann erging sich in Andeutungen über ein lieb gewonnenes Hobby, das viele als bizarr bezeichnen würden und öffnete sich gerade soweit, dass sie atemlos staunte, den Brief zerknüllte und dann wieder glatt strich und ihn schließlich am Abend in der Zelle zu Asche verbrannte, weil der Schreiber befürchten musste, dass ihm Schaden entstünde, wenn die Informationen in die falschen Hände gerieten.

      Die zwischenzeitliche Euphorie machte es leichter, die besitzergreifende Zuneigung der Rothaarigen zu dulden, die jede Übergabe eines Briefes in eine Machtdemonstration verwandelte, die bittenden roten Hände ignorierte und Gefallen forderte, die weitere Waschungen nach sich zogen. Das Wechselspiel der beiden wurde in der sensationsarmen Umgebung der Haftanstalt zu einem Gegenstand von Wetten. Jeder Blick und jede Bewegung wurde taxiert. Die meisten Frauen setzten auf die gewissenlose Macht der Bulldogge, die in der Vergangenheit so manches Spielzeug gebrochen und von sich geworfen hatte. Sie war eine gestählte Kämpin, die Untersuchungen und Dienstaufsichtsbeschwerden mit stoischem Gleichmut über sich ergehen ließ und triumphierend auferstand. Sie hatte aus Fehlern gelernt und Speichellecker wie die Mausgraue um sich geschart, die ihr den Ärger vom Leib hielten.

      Einige wenige jedoch setzten ihren Einsatz auf den undurchschaubaren Todesengel, der erhobenen Hauptes und mit intaktem Rückgrat die Aufmerksamkeiten der Aufseherin über sich ergehen ließ und beinahe entrückt wirkte. Sie schritt unbeeindruckt von den Zwischenrufen und Gesten der Mithäftlinge und deren anzüglichem Grinsen die Gänge entlang. Wer die Intelligenz dazu besaß, machte einen Bogen um sie, denn in Wirklichkeit übte sie ohne ein Wort mit dem eigenartigen Zauber ihres Körpers Macht über die Rothaarige aus. Sie wirkte wie eine Frau, die seit langer Zeit nach einem Plan lebte. Der Plan schloss ihren Brieffreund ein. Er war ein wesentlicher Bestandteil. Das sagten sich ihre Arme, die nacheinander zugriffen, als die Aufsicht den Besucherraum verließ. Es war wenig Zeit und vieles zu bereden.

      Im Zellentrakt begleiteten die Gedanken einer Frau das Duo.

      Es waren die Gedanken einer Schadenstifterin.

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