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dass der ausgeschlachtete Kühlschrank, das Gerippe einer nicht identifizierbaren Maschine mit Schleifvorrichtung und das intakte Billy Regal nicht zu der ursprünglichen Installation gehören. Der Verlag verzichtete in Absprache mit dem Künstler auf eine Anzeigenerstattung wegen Sachbeschädigung und auf das Erheben von Schadensersatzansprüchen. Frank Pesser votierte dafür, den aus der Mitte der Bevölkerung hinzugefügten Abfall in das Kunstwerk zu integrieren und somit die Installation ‚Dromedar im Vergehen‘ zu einem wachsenden und sich verändernden Organismus zu machen. Der Verlag ist sich mit dem Künstler einig, dass dieser revolutionär egalitäre Ansatz, den wir in einer ersten, provisorischen Bezeichnung ‚Beteiligungskunst‘ nennen wollen, wegweisend für die Gegenwartskunst sein wird.

      Der Unterzeichner nimmt an, dass nach diesen Klarstellungen das Ordnungsamt eine bessere Sicht der Dinge hat.

      Mit besten Grüßen, Ihr Mitbürger

      Peter Korff

      Kunstmäzen

      Mail an alle Autoren

      Undisclosed Recipients

      Sehr geehrte Autoren,

      wegen der Vielzahl von Zuschriften aus den letzten fünf Monaten, für die ich mich herzlich bedanke, wähle ich diesen Weg der Kommunikation. Ich bemühe mich, kurz auf die am meisten gestellten Fragen und Bedenken einzugehen und zugleich die Zukunftsvision unserer gemeinsamen Arbeit zu umreißen.

      Bitte schenken Sie den Gerüchten und Aufgeregtheiten rund um den Verlag Scientia keinen Glauben. Richtig ist allein, dass wir inmitten größerer Umstrukturierungsmaßnahmen stecken, die den Verlag und seine Projekte für die Mitarbeiter und Autoren dauerhaft zukunftsfest und erfolgreich machen sollen. Betroffen sind die Buchhaltung, das Marketing, der Vertrieb und die Öffentlichkeitsarbeit. Der Verlag wird gestrafft, das Programm noch strenger an Qualität und Kontinuität ausgerichtet und strategische Partnerschaften mit Kunst, Kultur und Wirtschaft in Betracht gezogen, um eine stärkere mediale Präsenz zu gewährleisten.

      Eine solch titanische Anstrengung erfordert Opfer und die Opfer, die Sie, werte Autoren, bringen, sind die Verzögerung bei der Bekanntgabe von Verkaufszahlen, die verschleppte Auszahlung von Honoraren und die eingeschränkte Kommunikation mit dem Verlag, die so manche von Ihnen zu spüren bekamen.

      Ich kann Ihnen versprechen, dass diese Unwägbarkeiten kein Zeichen des Niedergangs von Scientia sind, wie in Foren und empörten Zuschriften mitunter zu lesen ist, sondern Zeichen von einer goldenen Zukunft für uns alle, wenn Sie noch etwas Geduld beweisen und die notwendigen Schritte mit uns zusammen gehen. Seien Sie versichert, dass ich allergrößtes Verständnis für Ihre Reaktion habe. Ich darf Sie jedoch an dieser Stelle herzlich bitten, von weiteren Schmähzuschriften, von Drohungen, Verbalinjurien jeglicher Art und der Verbreitung böswilliger Gerüchte abzusehen. Bis dato erfolgte Kündigungen von Verlagsverträgen wegen angeblicher Vertragsverletzungen seitens des Verlages erachte ich mit Ihrem Einverständnis als gegenstandslos. Der Verlag möchte Ihnen gegenüber das gleiche Maß an Großmut zeigen, das er solidarisch von Ihnen einfordert.

      Bereits im Herbst dieses Jahres wird das Verlagshaus Scientia mit einem internationalen Kunst- und Literaturfestival die Wiedergeburt der schönen Künste in einem exklusiven Ambiente feiern. Es werden Gäste, Juroren und Performer aus aller Welt erwartet. Neben den Repräsentanten des Kunst-, Politik- und Wirtschaftsbetriebs wird der Verlag Sie, meine lieben Freunde und Wegbegleiter, in den Mittelpunkt des medialen Interesses rücken.

      Seien Sie gespannt.

      Seien Sie bereit.

      Die Weichen sind gestellt.

      In freudiger Erwartung, Ihr Freund und Verleger

      Peter Korff

      PS: Als kleines ‚Dankeschön‘ für Ihre Treue sende ich Ihnen in den nächsten Tagen eine Sonderausgabe unseres viel beachteten Periodicums Intelligentia.

      Nach Ostern im April

      Rechtsanwaltskanzlei Derner & Meininger

      Familiensache Korff/Korff

      Sehr geehrte Rechtsanwälte,

      ich kann mich nur darüber wundern, wie viele Antworten auf nie gestellte Fragen ich von Ihnen erhalten habe und wie wenig dessen, was ich in Erfahrung zu bringen wünschte, in Ihrem Schreiben enthalten ist.

      Sie geben zu verstehen, dass meine Frau Marie keinerlei Kontakt zu mir wünscht und jegliche Korrespondenz nur über Ihre Kanzlei zu führen ist. Sie fordern mich zudem auf, mich von einem Anwalt im Scheidungsverfahren vertreten zu lassen. Außerdem fordern Sie Auskunft über meine Vermögensverhältnisse, Getrenntlebendenunterhalt für Ihre Mandantin und drohen mit einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung, wenn ich mich meiner Frau Marie körperlich nähere oder sonst Kontakt zu ihr aufnehme.

      Ich gehe davon aus, dass ich Ihr Schreiben so einigermaßen richtig wiedergegeben habe, wobei ich Wortwahl, Grammatik und Duktus einmal unbewertet lassen will.

      Bitte nehmen Sie Kenntnis davon, dass ich meine Frau so lange als meine Frau betrachte, bis sie nicht mehr meine Frau ist. Das Letztere wäre nach einer Scheidung der Fall. Eine Scheidung wird es aber nicht geben. Meine Frau macht eine Krise durch und benötigt Zeit, sich zu orientieren. Diese Zeit will ich ihr gerne einräumen.

      Unterlagen werden Sie von mir nicht enthalten. Der Grund ist, dass meine Frau eben diese Unterlagen bei ihrem überstürzten Auszug mitgenommen und nicht wieder zurückgegeben hat. Sie ist diejenige, die meine und unsere Vermögensverhältnisse am besten kennt. Ich bin der akademische Leiter eines hochangesehenen Verlages und meine Frau besorgte die Buchhaltung und bekleidete die Funktion der kaufmännischen Leitung. Als Sonderpädagogin verfügt meine Frau über ein geregeltes Einkommen. Die Trennung hat mich in eine tiefe Schaffenskrise gestürzt, sodass der Verlag über Monate keine Einkünfte generierte. Die beigelegten Dokumente meiner Korrespondenz mit meiner Hausbank und der Finanzbehörde beweisen zur Genüge, dass nicht nur kein Einkommen vorhanden ist, sondern ein nicht unerheblicher, um nicht zu sagen existenzvernichtender Schuldenberg besteht.

      Nicht meine Frau kann Unterhalt von mir fordern, sondern umgekehrt ich von meiner Frau. Außerdem muss sie sich an der Schuldentilgung beteiligen, unseren Hamster Freddy herausgeben oder mir ein regelmäßiges Besuchsrecht einräumen und endlich die Geschäftsunterlagen zurücksenden. Für alle diese einfach nachzuvollziehenden Forderungen muss ich keinen Anwalt beschäftigen, den ich derzeit auch nicht bezahlen könnte.

      Einen Unterhalt von 700 €, zu zahlen auf mein Konto bei der Kreissparkasse, erachte ich für angemessen. Bitte vergessen Sie nicht, die Monate Oktober bis April nachzuzahlen. Einen Rabatt kann ich nicht gewähren. Die Schuldentilgung können Sie im Namen Ihrer Mandantin direkt mit dem Finanzamt und der Kreissparkasse aushandeln. Was Freddy betrifft, bestehe ich auf einem Lebenszeichen, das auch in Form eines Fotos erbracht werden kann, auf dem Freddy und eine Tageszeitung mit lesbarem Datum gemeinsam abgebildet sind. An den Fütterungs- und Erhaltungskosten von Freddy beteilige ich mich mit monatlich 35 €, die Sie für die Zeit der Unterhaltspflicht meiner Frau von den 700 € in Abzug bringen können. Einer Scheidung stimme ich ausdrücklich nicht zu.

      Mit vorzüglicher Hochachtung,

      Peter Korff

      Ehemann

      PS: In einer anderen Angelegenheit möchte ich Ihrer Kanzlei als Repräsentant eines internationalen Kunst- und Literaturfestivals ein hochinteressantes Angebot unterbreiten. Ich werde diesbezüglich noch einmal gesondert auf Sie zukommen.

      Hallo Frau Maas,

      ich wollte Sie in aller Kürze darüber informieren, dass sich noch kein neuer Sachstand ergeben hat. Wir haben Sie nicht vergessen. Wir haben aber auch nicht vergessen, dass wir Sie bereits zweimal nachdrücklich darauf hingewiesen haben, dass wir Kontakt zu Ihnen aufnehmen werden, wenn und sobald wir eine Chance sehen, Ihre Gedichte zum Abdruck zu bringen.

      Die umfängliche Datei mit Rezepten ‚Einfache Gerichte für schwierige Zeiten‘ haben wir zur Kenntnis genommen, aber nicht weiter bewertet. Kochen,

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