Скачать книгу

Manuskripte und andere Sendungen, die ich geöffnet haben muss. Ich kann mich aber nicht genau erinnern, was ich bearbeitet habe und was nicht.

      Nun denn, die schwierigen Zeiten liegen hinter mir und ich habe damit begonnen, alle Signale auf Erfolg zu stellen. Du wirst noch von mir hören und besuchen werde ich Dich auch. Entschuldige, wenn ich an Dir gezweifelt habe.

      In ungeminderter Zuneigung,

      Peter Korff

      Dein Freund

      Zoologischer Garten

      Abteilung Großwild

      Herrn Tierpfleger Kannengießer

      Sehr geehrter Herr Kannengießer,

      ich bestätige den Erhalt Ihres Schreibens von gestern.

      Ganz gegen meine Gewohnheit möchte ich sofort zur Sache kommen.

      Was heißt, ich solle es gefälligst unterlassen, Ihrem Elefanten George diese Briefe zu schreiben? Was heißt hier, Ihr Elefant? George ist niemandes Besitz und Eigentum und wenn doch, dann ist er der Allgemeinbesitz des Steuerzahlers, und zu dieser Spezies zähle ich mich, auch wenn das Finanzamt vorübergehend anderer Meinung zu sein scheint.

      Der Reihe nach. George hat es verdient, dass ich mich der Anschuldigungen, die Sie gegen mich erheben, chronologisch erwehre. Mein Herr, Briefe sind keine Zeitverschwendung. Haben Sie sich die Mühe gemacht, George meinen letzten Brief vorzulesen und haben Sie auf seine Reaktion geachtet? Wahrscheinlich nicht, denn in Ihren Augen ist George ein Tier, das man zum Broterwerb betreut, um es in einer guten körperlichen Verfassung zu erhalten. Nun, was ich tue, ist die Pflege der Seele. Einigen wir uns auf Gemüt, wenn Sie mögen.

      Es ist mir über die Jahre gelungen, eine persönliche Beziehung zu George aufzubauen. Wir sorgen uns umeinander. Jeder auf seine eigene Art. Und wir kommunizieren. Nur, weil Sie, werter Herr, nicht spüren, was George und mich verbindet, heißt das noch nicht, dass es nicht vorhanden ist.

      Energisch widersprechen muss ich dem Vorwurf, ich sei ein Sonderling, der anderen Leuten die Zeit stehle und besser in einer Anstalt aufgehoben sei. Als Literat von Rang verzeihe ich Ihnen Ihre grobe Ausdrucksweise und Ihr mangelndes Urteilsvermögen. Wer hat Ihnen überhaupt das Recht gegeben, einen persönlichen Brief an meinen alten Freund George zu öffnen und damit nach eigenem Gutdünken zu verfahren? Sie können sich glücklich schätzen, dass ich von der Einleitung disziplinarischer Maßnahmen für den Augenblick absehe.

      Als schlimmen Angriff auf meine Integrität sehe ich an, dass Sie mich beschuldigen, George zu bekümmern, weil meine Briefe nicht zu einer artgerechten Haltung passten. Glauben Sie etwa, dass ein Elefant kein Anrecht auf eine distinguierte, ernsthafte und tief gehende Ansprache hat? Nein, ich bestreite, dass ich meine nicht vorhandenen psychischen Probleme auf Kosten eines Zooelefanten kurieren will. George ist ein Freund und wie ich meine Freundschaft zum Ausdruck bringe, unterliegt nicht Ihrer Kontrolle, Herr Kannengießer.

      Ich habe nichts dagegen, dass Sie diesen Brief und alle an George gerichtete Korrespondenz dem Kuratorium des Zoos zur Beurteilung vorlegen.

      Mögen Sie Ihren Irrtum bald einsehen.

      Mit vorzüglicher Hochachtung,

      Peter Korff

      Philanthrop und Tierschützer

      Anfang März

      Marie,

      ich bin mir ehrlich gesagt unsicher, wie ich Dich ansprechen soll oder darf. Aus diesem Grund habe ich das schlichte, unaufdringliche ‚Marie‘ gewählt. Ich hoffe, damit alles richtig gemacht zu haben.

      Du, dann Deine liebe Mutter und schließlich Deine Anwälte, haben mir mithilfe des Familiengerichtes klargemacht, dass ich in der Vergangenheit so manches – Deine liebe Mutter würde sagen ‚alles‘ – falsch gemacht habe. Ich stehe im Begriff, das Ausmaß meines Versagens zu verstehen und nehme als erste Rate meiner Buße hin, dass Du bei Deinem Auszug aus unserem Haus die gesamte Einrichtung außer dem eingebauten Wandschrank, der Mineraliensammlung meines verstorbenen Onkels Albert und der marokkanischen Sitzgruppe alles mitgenommen hast, was sich demontieren ließ.

      Noch immer interessiert es mich, mit wie vielen helfenden Händen Dein Umzugsteam vor Ort war, um ein Haus mit 183 m2 Wohnfläche binnen drei Stunden in eine Geisterkulisse zu verwandeln, während ich versuchte, auf einem Verlegertreffen unsere gemeinsame finanzielle Zukunft zu sichern. Frau Ogonnek jedenfalls, unsere stets wachsame Nachbarin, sprach von einer Invasion seltsamer Kapuzenwesen, was zu dem Gerücht führte, ich kollaborierte mit Aliens, die sich auf Gebrauchtmöbel spezialisiert hätten. Wenigstens fährt die Polizei jetzt häufiger Streife in unserer Gegend, auch wenn ich mich dadurch eher beobachtet als beschützt fühle.

      Bitte verstehe mich nicht falsch. Ich mache Dir keine Vorwürfe und dieser Brief ist auch kein Versuch, Dich zurückzugewinnen, obwohl es ein schöner Gedanke ist, dass Du irgendwann in naher Zukunft zurückkommen könntest. Ab und zu gehe ich einfach für mehrere Stunden ziellos aus dem Haus, um Dir Gelegenheit zu geben, mit der gleichen Konsequenz und Verschwiegenheit wieder einzuziehen. Das ist auch der Grund, weshalb ich das in Auftrag gegebene Schild ‚Umzugs-Aliens Betreten Verboten‘ bezahlt, aber nicht abgeholt habe. So bin ich einfach nicht. Ich wiederhole. So bin ich einfach nicht.

      Der Anlass meines Schreibens ist administrativer Natur. Ich kann verstehen, dass Du aus meinem Büro Deine persönlichen Unterlagen mitgenommen hast. Was aber ist mit den Ordnern mit den Versicherungs- und Steuerunterlagen geschehen? Nicht, dass ich sie vermisse, aber der Verlag steckt in einer unerfreulichen Auseinandersetzung mit dem Finanzamt, das eine Rechnung aufgemacht hat, die für den Verlag den Ruin bedeuten könnte. Ich war bei einem Steuerberater, der mir mit spitzen Fingern den Bescheid des Finanzamtes zurückreichte und mir eröffnete, dass er mich vertreten könne, wenn ich eine lange Reihe von Unterlagen beibrächte. Die Liste der Unterlagen lege ich diesem Brief bei und vertraue darauf, dass Du die Nachweise und Buchungsbelege direkt auf den Weg bringst.

      Ich will Dich nicht langweilen, aber hast Du Dir Gedanken darüber gemacht, wie es weitergehen soll? Ich meine, mit uns. Deine Anwälte haben mich freundlicherweise darauf aufmerksam gemacht, dass jegliche Korrespondenz in Sachen Korff gegen Korff ausschließlich mit der Anwaltskanzlei zu führen sei. Nur die Kanzlei korrespondiert nicht. Ich habe der Kanzlei bereits mehrfach geschrieben. Kurze, nicht invasive Nachrichten, so zum Beispiel: Wie geht es Dir? Ich vermisse Dich. Geht es unserem Hamster Freddy gut oder hat er immer noch diese Fellprobleme?

      Solche Dinge. Keine Antwort bisher. Das ist bestimmt nicht in Deinem Sinne. Kannst Du bitte Deine Anwälte bei dieser Gelegenheit fragen, ob es eine Besuchsregelung für Haustiere gibt oder für Hamster im Speziellen?

      Du kannst mir gerne schreiben. Telefonieren ist schlecht, weil mit dem Telefon etwas nicht stimmt. Mit dem Strom auch nicht, aber das kriege ich hin.

      Jetzt geht es mir besser,

      Dein Ehemann

      Peter

      Sehr geehrte Frau Maas,

      es ist sehr aufmerksam von Ihnen, dass Sie den Verlag an Ihr Lyrik-Manuskript erinnern. Es sind seit unserer letzten Korrespondenz drei Wochen vergangen und ich muss leider bekennen, dass sich an unserer Einschätzung in der Zwischenzeit nichts geändert hat.

      Die mitgeschickten Kekse waren köstlich und wir bedanken uns auch für das Rezept, das einen ungewöhnlich kreativen Umgang mit Kardamom verrät. Das beigefügte neue Gedicht ‚Pflanzenleichen‘ ist hochinteressant, kompromisslos und aufwühlend. Der Verlag plant eine Lyrik-Anthologie mit Werken zeitgenössischer Dichter. Unser Lektorat ist einhellig der Meinung, dass sich dieses neue Gedicht für einen Platz in dieser Anthologie eignen könnte. Sie werden verstehen, dass die Auswahlkriterien streng sind, um höchste Qualität zu gewährleisten, aber seien Sie versichert: Man spricht von Ihnen und Ihren Talenten.

      Wir hegen keinerlei Zweifel an Ihrer Feststellung, Ihre Werke auch illustrieren zu können. Wo ein Talent ist, hat Gott oft ein weiteres hinzugefügt. Allerdings bitten wir Sie aus redaktionellen Gründen

Скачать книгу