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Regina Rau, 18 Jahre. Marie Louise Fischer
Читать онлайн.Название Regina Rau, 18 Jahre
Год выпуска 0
isbn 9788711718407
Автор произведения Marie Louise Fischer
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Rechtsanwalt Dr. Beermann muß an sich halten. Er weiß, daß die Art Peter Fabers keinen guten Eindruck auf alle machen kann. Er ärgert sich über das Auftreten dieses Entlastungszeugen, der es darauf angelegt zu haben scheint, sich und Regine Rau unmöglich zu machen. Zu gern möchte er eingreifen, aber er sieht im Augenblick keine Möglichkeit dazu.
Dem Richter ist es dagegen ganz recht, daß der Zeuge sich selbst in ein schlechtes Licht setzt. Gleichmütig sagt er: »Trotz Ihrer grundsätzlichen Bereitschaft zur Zeugenaussage bleibt Ihnen jederzeit das Recht, die Beantwortung von Einzelfragen gegebenenfalls zu verweigern, und zwar ohne nähere Begründung.«
Peter Faber zuckt die Achseln. »Ich werde alle Fragen beantworten.«
»Wie Sie meinen.« Landgerichtsdirektor Doktor Winkler blättert in den Akten. Eigentlich könnte er die Vernehmung dieses Zeugen dem Oberstaatsanwalt und dem Verteidiger überlassen, die seine vorzeitige Vernehmung ja beantragt haben. Aber er denkt nicht daran. Das wäre ja noch schöner, wenn er sich die Prozeßführung von einem dieser beiden Herren aus der Hand nehmen lassen würde. Noch ist er der Richter — warum sollte er sich an die Wand spielen lassen?
»Herr Faber«, beginnt er in einem sehr gelassenen, sachlichen Ton, der dazu bestimmt ist, auf die Geschworenen Eindruck zu machen, »aus den Scheidungsakten geht hervor, daß Sie schon während Ihrer Ehe intime Beziehungen zu der Angeklagten unterhielten …«
»Nein!« fällt Peter Faber ihm ins Wort.
»Können Sie das beschwören?«
»Ja.«
»Dann erklären Sie uns doch, wie es möglich ist, daß die Angeklagte im Scheidungsurteil als Scheidungsgrund angegeben ist.«
»Weil meine Frau es so wollte.«
Zu dieser Behauptung sagt der Landgerichtsdirektor gar nichts. Er hebt nur die Augenbrauen, und sein trockenes Gesicht erstarrt so zu einer Maske des Unglaubens.
Peter Faber fühlt sich herausgefordert. »Nur unter dieser Bedingung«, sagt er, »war meine Frau bereit, in die Scheidung einzuwilligen.«
»Sie haben also, wenn ich Sie recht verstehe, die Angeklagte, Ihre damalige Sekretärin, gebeten, ihre Aussage innerhalb des Scheidungsprozesses zu verweigern?«
»Nein. Sie hat es von sich aus getan.«
Jetzt ist dem Richter doch anzumerken, daß er sich ärgert. Es paßt ihm nicht, daß die Aussagen des Zeugen sich ganz genau mit denen der Angeklagten decken. — Kein Wunder, denkt er, sie haben wahrscheinlich für den Fall des Falles alles miteinander abgesprochen! — Er sieht ein, daß er so nicht weiterkommt.
»Weshalb«, fragt er jetzt ganz direkt, »wurde Ihre Ehe dann in Wahrheit geschieden?«
Einen Moment zögert Peter Faber mit der Antwort. »Sie war ein Mißgriff«, sagt er, »von Anfang an.«
»Bitte, erklären Sie das näher.«
Peter Faber denkt nach. »Es begann schon auf der Hochzeitsreise. Wir waren an die französische Riviera gefahren. Schon damals gab es den ersten großen Krach.«
»Und worüber?«
»Das … ja, das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht mehr sagen … das heißt, eigentlich habe ich nie begriffen, was eigentlich los war. Irgendeine Kleinigkeit … eine Belanglosigkeit war es. Am Morgen nach der Hochzeitsnacht. Ich war früh aufgestanden, hatte einen längeren Spaziergang gemacht. Meine Frau hatte ich schlafen lassen. Als ich zurückkam, saß sie auf dem Balkon unseres Zimmers und frühstückte …
Herta, die jungverheiratete Frau Faber, sah zauberhaft aus an diesem Morgen. Sie trug ein schneeweißes Spitzennegligé, das sich wie eine weiße Wolke um ihre langen, überschlanken Glieder bauschte. Das blonde Haar, das sie gewöhnlich aufgesteckt trug, fiel ihr bis auf die Schultern, schimmerte in der Sonne.
Peter Faber, der aus dem Zimmer trat, konnte den Ausdruck ihres Gesichts nicht sehen. Es entging ihm, daß sie blaß war, daß tiefe Schatten unter ihren Augen lagen.
»Liebling«, rief er, »ausgeschlafen?« Er wollte sie in die Arme nehmen.
Aber sie zuckte vor ihm zurück.
»Nanu?« sagte er. »Schlechte Laune?«
Sie antwortete nicht.
»Ist etwas passiert?«
»Nein«, sagte sie mit erstickter Stimme, »nichts … nicht das Geringste!«
»Aber warum bist du dann so komisch? Warum siehst du mich nicht an? Störe ich dich etwa?«
Jetzt, zum erstenmal an diesem Morgen, wandte sie sich zu ihm um. Ihre eisblauen Augen schleuderten Blitze. »Ja«, sagte sie heftig, »du störst mich.«
Er war so verblüfft, daß er nicht wußte, ob er sich entrüsten oder lachen sollte. »Aber Liebling«, sagte er, »was sind das für Ideen!« Er zog sich einen Korbstuhl an den kleinen Tisch, setzte sich ihre gegenüber nieder. »Komm, mach ein freundliches Gesicht, es ist herrliches Wetter, wir sind auf der Hochzeitsreise …«
»Bist du zurückgekommen, um mir das zu erzählen?«
»Nein, natürlich nicht«, sagte er verwirrt, mehr noch über ihren Ton, als über ihre Worte, »ich … ich wollte nach dir sehen, wissen, wie es dir geht.«
»Das weißt du ja inzwischen, also könntest du mich ebensogut wieder allein lassen.«
»Aber Liebling … wir sind verheiratet! Ich bin dein Mann!«
Plötzlich war es um ihre Fassung geschehen. »Ja, ja, ich weiß! Kannst du dir denn nicht vorstellen, daß mir gerade das so unerträglich ist?! Nie, nie in meinem Leben habe ich mit einem anderen Menschen das Schlafzimmer teilen müssen, immer habe ich einen Raum für mich allein gehabt. Meinem Vater wäre nie im Traum eingefallen, mich einfach zu überfallen … begreifst du denn nicht, daß ich wahnsinnig werde, wenn ich keine Möglichkeit habe, allein zu sein!?«
»Wenn das so ist«, sagte er und stand auf, »ich kann genausogut gehen!« Aber er konnte es nicht glauben, daß sie es ernst meinte, war fest überzeugt, daß sie ihn zurückhalten würde.
»Ja!« schrie sie, »geh! Worauf wartest du noch? Geh, geh, ich kann dich nicht mehr sehen! Ich habe genug von dir … genug von allen Männern! Geh!«
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