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durch die Dy­nas­tie, wie sie denn auch un­ter Karl dem Di­cken noch ein­mal ver­ei­nigt wur­den. Im­mer­hin, ob­wohl das häu­fi­ge Vor­kom­men ger­ma­ni­scher Na­men im 9. Jahr­hun­dert der west­frän­ki­schen Hälf­te noch ein ger­ma­ni­sches Ge­prä­ge gab, be­wei­sen die Eide, die bei Ge­le­gen­heit der Ver­trä­ge von Ver­dun und Mer­sen über die Tren­nung ge­leis­tet wur­den, dass im west­frän­ki­schen Rei­che Fran­zö­sisch, im ost­frän­ki­schen Deutsch ge­spro­chen wur­de.

      Die end­gül­ti­ge Tren­nung der deut­sch­re­den­den Stäm­me vom West­fran­ken­reich wur­de of­fen­bar, als im Jah­re 911 der letz­te ost­frän­ki­sche Kö­nig, Lud­wig das Kind, starb. Die Deut­schen dach­ten nicht dar­an, sich nun wie­der dem west­frän­ki­schen Ka­ro­lin­ger an­zu­schlie­ßen, son­dern ein Teil wähl­te Kon­rad zum Kö­nig, der als Her­zog von Fran­ken und An­ver­wand­ter der ka­ro­lin­gi­schen Fa­mi­lie der ge­eig­ne­te Nach­fol­ger zu sein schi­en. Wäh­rend sei­ner kur­z­en Re­gie­rung be­müh­te sich Kon­rad ver­geb­lich um den An­schluss al­ler Stäm­me; au­ßer in Fran­ken und Schwa­ben wur­de er nir­gends an­er­kannt. Sei­ne edle Ge­sin­nung be­wies er da­durch, dass er ster­bend sei­nem Bru­der Eber­hard emp­fahl, auf die Nach­fol­ge zu ver­zich­ten und die Kro­ne sei­nem bis­he­ri­gen Geg­ner, dem Sach­sen­her­zog Hein­rich, an­zu­bie­ten.

      Als mit dem Tode Karls des Gro­ßen der Mit­tel­punkt er­schlaff­te, in dem die Reichs­glie­der zu­sam­men­ge­fasst wa­ren, wur­de das Grund­we­sen der Ger­ma­nen wie­der wirk­sam, de­nen we­ni­ger der Trieb nach Ein­heit im Blu­te liegt als der Drang des ein­zel­nen oder der Grup­pe nach Selbst­stän­dig­keit und Un­ab­hän­gig­keit. Der ro­ma­ni­sche Staat be­tont die Ver­tre­tung des Gan­zen, schafft einen Be­am­ten­ap­pa­rat, der vom Mit­tel­punkt aus­ge­hend die Glie­der von oben nach un­ten er­fasst und be­wegt, wo­durch für die­sen die Mög­lich­keit ent­steht, sich der be­herrsch­ten Tei­le zu be­die­nen, sie mit großer Kraft nach au­ßen zu ver­wen­den, sie aus­zu­beu­ten. Der ger­ma­ni­sche Staat geht von den ein­fa­chen un­te­ren Glie­dern, der Fa­mi­lie, der Sip­pe, der Ge­mein­de aus und be­geg­net all­mäh­lich der von oben­her be­herr­schen­den Ver­tre­tung des Gan­zen. Die Ent­fal­tungs­mög­lich­keit und Frei­heit des In­di­vi­du­ums ist dem Ger­ma­nen un­end­lich wich­tig, und er op­fert da­von nur so viel wie nö­tig ist, da­mit ein Gan­zes über­haupt sich bil­den kann, wäh­rend nach ro­ma­ni­scher Auf­fas­sung der Staat im Be­sitz der All­ge­walt ist und dem ein­zel­nen an Be­fug­nis­sen mög­lichst we­nig über­lässt. Die Vor­tei­le des zen­tra­li­sier­ten Staa­tes sind Straff­heit, Ord­nung, Mög­lich­keit der Machtent­fal­tung nach au­ßen, die des ge­glie­der­ten Staa­tes Man­nig­fal­tig­keit, Reich­tum an ei­gen­ar­ti­gen In­di­vi­dua­li­tä­ten, Fül­le der Na­tur, des schöp­fe­ri­schen Le­bens. Im Hin­blick auf den Be­am­ten­ap­pa­rat kann man den zen­tra­li­sier­ten Staat auch den me­cha­ni­schen nen­nen, wor­auf der häu­fig ge­brauch­te Aus­druck Staats­ma­schi­ne­rie oder Staats­ma­schi­ne hin­weist, wäh­rend der or­ga­ni­sche von in­nen her­aus wächst und sich ver­zweigt. Zu Karls des Gro­ßen Zeit konn­te al­ler­dings von ei­ner Staats­ma­schi­ne im mo­der­nen Sin­ne nicht die Rede sein, so­wohl aus tech­ni­schen wie aus Grün­den der Auf­fas­sung: er ließ den un­ter­wor­fe­nen Stäm­men ihr ei­ge­nes Recht, das er nur stel­len­wei­se aus­bil­de­te, und ver­mied Ein­grif­fe in ihr kul­tu­rel­les Le­ben. Der auf die Sach­sen aus­ge­üb­te Zwang soll­te nur dau­ern, bis die Chris­tia­ni­sie­rung ei­ni­ger­ma­ßen ge­si­chert war. Im­mer­hin zen­tra­li­sier­te er bis zu ei­nem ziem­lich ho­hen Gra­de, in­dem er das gan­ze Reich in Gaue ein­teil­te, Gra­fen als Vor­ste­her der­sel­ben ein­setz­te und die­se durch Kö­nigs­bo­ten be­auf­sich­ti­gen ließ. Als Ge­gen­wir­kung ge­gen die­se dem ger­ma­ni­schen Geist wi­der­stre­ben­de Bin­dung an das Gan­ze bil­de­te sich nach Karls Tode in den ein­zel­nen Tei­len des ost­frän­ki­schen Rei­ches das Stam­mes­her­zog­tum wie­der aus, und zwar mit be­son­de­rer Kraft in den bei­den Län­dern, die auch in an­de­rer Hin­sicht ein­an­der ähn­lich wa­ren, in Sach­sen und Bay­ern. Bei­de Län­der be­durf­ten nach dem Ver­fall der Ka­ro­lin­ger vor­zugs­wei­se ein­hei­mi­scher Füh­rer, weil sie mehr als die an­de­ren den Ein­fäl­len feind­li­cher Völ­ker aus­ge­setzt wa­ren, Sach­sen der Nor­man­nen und Sla­wen, Bay­ern der Ava­ren und Magya­ren. Der Her­zog von Sach­sen, Brun, fiel im Jah­re 880 in der Nord­see ge­gen die Nor­man­nen, Luit­pold, Graf in Bay­ern, im Jah­re 907 ge­gen die Un­garn. Das große ge­mein­sa­me Er­leb­nis von Ge­fahr, Op­fer und Sieg knüpf­te das Volk fest an die­se Fa­mi­li­en. Wie nun die Ger­ma­nen dazu nei­gen, nir­gends ein ab­so­lu­tes Recht auf­kom­men zu las­sen und an­de­rer­seits nicht ab­so­lu­te Recht­lo­sig­keit zu dul­den, so be­stan­den die Frei­en und Ed­len auf dem Recht, den Kö­nig oder Her­zog zu wäh­len, lie­ßen aber in­so­fern den Grund­satz der Erb­lich­keit gel­ten, als sie die Ver­wand­ten der herr­schen­den Dy­nas­tie be­rück­sich­tig­ten, so­lan­ge sol­che vor­han­den wa­ren. So gab in Sach­sen Ver­wandt­schaft mit dem un­ver­ges­se­nen Wi­du­kind ein Recht auf die Füh­rer­schaft, und es ist an­zu­neh­men, dass die Fa­mi­lie der Bru­no­nen oder Lu­dol­fin­ger in ver­wandt­schaft­li­chem Zu­sam­men­hang mit dem al­ten Hel­den ge­stan­den hat. Lu­dolf, von Lud­wig dem Deut­schen zum Gra­fen er­ho­ben, in Kor­vey, Qued­lin­burg, an den Quel­len der Lip­pe be­gü­tert, ver­mähl­te sei­ne Toch­ter Li­ut­gard mit ei­nem Soh­ne Lud­wigs und stell­te da­durch auch eine Ver­wandt­schaft mit den Ka­ro­lin­gern her. Nach­dem Lu­dolfs Sohn Brun im Kamp­fe ge­gen die Nor­man­nen ge­fal­len war, folg­te ihm sein Bru­der Otto, von dem die Über­lie­fe­rung be­rich­tet, dass ihm die Kö­nigs­kro­ne an­ge­bo­ten sei, dass er aber als zu alt dar­auf ver­zich­tet und sei­ne Wäh­ler be­wo­gen habe, sie dem Her­zog der Fran­ken zu über­tra­gen. Sein Sohn Hein­rich mach­te sei­nen Na­men be­rühmt durch glück­li­che Be­kämp­fung der Sla­wen, konn­te aber der Un­garn, die sie her­bei­rie­fen, nicht so­fort Herr wer­den.

      Schö­ne Ge­stalt, schö­nes Ant­litz, kö­nig­li­che Hal­tung, Fes­tig­keit, Ge­las­sen­heit und ver­mut­lich die küh­le Kind­lich­keit, der gut­mü­ti­ge Hu­mor und die Spiel­freu­de, die dem nie­der­säch­si­schen Men­schen ei­gen sind, mach­ten Hein­rich zum Lieb­ling des Vol­kes und der Sage. Man ver­übel­te es ihm nicht, dass er Ha­t­he­burg, die der ers­te Ge­gen­stand sei­ner Lie­be war, als sie ihm gleich­gül­tig ge­wor­den war, in das Klos­ter zu­rück­schick­te, aus dem er sie ge­holt hat­te, die Gü­ter aber, die sie ihm zu­ge­bracht hat­te, be­hielt. Sei­ne Ehe mit der jun­gen Mat­hil­de, die durch ih­ren Va­ter von Wi­du­kind ab­stamm­te, be­frie­dig­te die An­häng­lich­keit der Sach­sen und mach­te ihn zum Va­ter aus­ge­zeich­ne­ter Söh­ne und Töch­ter. Die Fra­ge der Reichs­ein­heit lös­te er da­durch, dass er die ein­zel­nen Stäm­me in Güte zu ge­win­nen wuss­te; Her­zog Ar­nulf von Bay­ern ver­band er sich in per­sön­li­cher Un­ter­re­dung und in­dem er ihm al­ler­lei Son­der­rech­te, haupt­säch­lich auf kirch­li­chem Ge­bie­te, zu­ge­stand. Es kam Hein­rich al­ler­dings zu­gu­te, dass er von vorn­her­ein im Bun­de mit den Fran­ken war. Auf eine ei­gent­li­che Un­ter­ord­nung der Her­zog­tü­mer un­ter die Kö­nigs­ge­walt ver­zich­te­te er, die wei­te­re Aus­bil­dung der Ver­fas­sung sei­nem Nach­fol­ger über­las­send. Es ge­hört zu dem An­zie­hen­den sei­nes We­sens, dass er sich im Au­gen­blick be­schei­den konn­te, um für die Zu­kunft das Un­mög­li­che mög­lich zu ma­chen. So hielt er es mit den Un­garn, de­nen er jah­re­lang

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