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hat, sein Stan­des­hoch­mut, der zwi­schen Hoch­ge­bo­ren und Nied­rig­ge­bo­ren eine un­über­brück­ba­re Kluft schuf, wur­de Deutsch­land ver­derb­lich; er war die Ur­sa­che, dass sich im sel­ben Vol­ke zwei Völ­ker ge­gen­über­stan­den, die sich we­ni­ger ver­stan­den und mehr hass­ten als frem­de Völ­ker.

      Von den Tu­gen­den, mit de­ren Be­sitz der Adel sei­nen Herr­schafts­an­spruch recht­fer­tig­te, war Tap­fer­keit die vor­nehms­te. Sie war die selbst­ver­ständ­li­che Ei­gen­schaft des Ed­len. Rauf­lust war da­bei; aber es ge­hör­te dazu vor al­len Din­gen die Kraft, Ge­fah­ren nicht zu scheu­en und dem Tode furcht­los zu be­geg­nen. Ein über­schäu­men­des Kraft­ge­fühl er­zeug­te die Lust am zi­schen­den Schwert, am sau­sen­den Speer, Rausch des Blut­ver­gie­ßens, das Be­wusst­sein der Ehre, die stol­ze Hal­tung vor dem Fein­de, in To­des­qua­len. Tap­fer­keit flö­ßte so viel Ach­tung ein, dass sie auch den Feind, ja selbst den Ver­rä­ter lieb ma­chen konn­te. Den sla­wi­schen Prin­zen Gott­schalk, der auf die Nach­richt, dass sein Va­ter von ei­nem Sach­sen er­mor­det war, das Klos­ter ver­ließ, in dem er er­zo­gen war, und un­ter den Sach­sen wü­te­te, schon­te Her­zog Bern­hard von Sach­sen, in des­sen Hän­de er schließ­lich fiel, weil er sei­ne Tap­fer­keit be­wun­der­te, und entließ ihn un­ge­kränkt nach Eng­land. Nie ver­ga­ßen auch die Mön­che, die Ge­schich­te schrie­ben, Waf­fen­kämp­fe mit sicht­li­chem An­teil zu schil­dern. Tap­fe­re Ta­ten si­cher­ten un­ver­gäng­li­ches Erin­nern; von dem Sach­sen He­ri­ger, der als Ge­fan­ge­ner die Dä­nen in ein Moor führ­te, wo sie mit ihm un­ter­gin­gen, wur­de lan­ge ge­sun­gen und ge­sagt. Ein grie­chi­scher Schrift­stel­ler er­zählt uns die fol­gen­de Ge­schich­te von ei­nem Deut­schen, der wäh­rend des von Bar­ba­ros­sa un­ter­nom­me­nen Kreuz­zu­ges in der Nähe von Iko­ni­um hin­ter sei­nen Lands­leu­ten zu­rück­ge­blie­ben war. Er war von rie­si­gem Wuchs und un­ge­heu­rer Kraft und zog sein er­schöpf­tes Ross am Zau­me hin­ter sich her. Auf ein­mal er­schie­nen etwa fünf­zig is­ma­e­li­ti­sche Rei­ter, bil­de­ten einen Kreis um ihn und be­schos­sen ihn von al­len Sei­ten. Er deck­te sich mit sei­nem Schild und ging ver­gnüg­lich wei­ter, un­be­küm­mert um die feind­li­chen Ge­schos­se, als wäre er ein Fels. Als aber ei­ner der Rei­ter nä­her her­an­kam und mit dem Sä­bel auf ihn ein­hau­te, wur­de er un­ge­dul­dig, nahm sein Schwert und schlug mit ei­nem Hieb die Vor­der­fü­ße des feind­li­chen Pfer­des ab, als wä­ren es Gras­hal­me, dann spal­te­te er mit ei­nem zwei­ten nicht nur den Kopf, son­dern den gan­zen Ober­kör­per des Geg­ners, so­dass der­sel­be in zwei Hälf­ten aus­ein­an­der­fiel, und dass der Schnitt noch tief in den Rücken des Pfer­des ein­drang. »Wie ein Löwe, der sich auf sei­ne Kraft ver­lässt, zog er ge­mäch­lich wei­ter, ohne sei­nen Schritt zu be­schleu­ni­gen, und traf abends im La­ger sei­ner Lands­leu­te ein.« Of­fen­bar ent­zück­te den Grie­chen, wie hoch­mü­tig er sonst auf die Bar­ba­ren her­ab­sah, die gran­dio­se Na­tur­er­schei­nung sol­cher Rie­sen­lei­ber, in de­nen das Herz fried­lich schlägt, wäh­rend die Faust ver­nich­ten­de Schlä­ge aus­teilt. Das Be­wusst­sein über­le­ge­ner Kraft er­mög­lich­te dem Na­men­lo­sen, auf kah­ler Ebe­ne mit­ten durch die Schlacht zu schlen­dern, als tra­be er durch die Däm­me­rung sei­nes rau­schen­den Ei­chen­wal­des. Ähn­lich war der Thur­gau­er, der die Wil­zen und Ava­ren wie Gras auf der Wie­se mäh­te und wie Vö­gel­chen auf sei­ne Lan­ze spieß­te. »Was soll ich mit die­sen Krö­ten?« sag­te er zu den Da­heim­ge­blie­be­nen, die ihn nach sei­nen Kriegs­er­leb­nis­sen aus­frag­ten, »sie­ben oder acht oder auch neun spieß­te ich auf mei­ne Lan­ze und trug sie hier­hin und dort­hin, weiß nicht, was sie dazu brumm­ten. Un­nüt­zer­wei­se ha­ben der Heer­kö­nig und wir uns ge­gen sol­che Wür­mer ab­ge­müht.« Die­se Män­ner er­in­nern an die Rie­sen der Sage, die in al­ler Gut­mü­tig­keit mit zer­mal­men­den Fü­ßen über die schwä­che­ren Ge­schöp­fe weg­schrei­ten.

      Der Pfle­ge rit­ter­li­cher Tu­gen­den kam die Pfle­ge des Geis­tes nicht gleich. Im All­ge­mei­nen lern­te der Ad­li­ge nicht nur nichts, son­dern tat sich et­was dar­auf zu­gu­te, nichts ge­lernt zu ha­ben, um sich gründ­lich von den bü­cher­le­sen­den Kle­ri­kern zu un­ter­schei­den. Von Otto des Gro­ßen Schwie­ger­sohn, Kon­rad dem Ro­ten, er­wähnt der Ge­schichts­schrei­ber rüh­mend, er sei nicht nur ein un­wi­der­steh­li­cher Re­cke in der Schlacht, son­dern auch klug im Rat ge­we­sen, was bei tap­fe­ren Män­nern sel­ten sei. Schon Karl der Gro­ße ta­del­te die Ge­ring­schät­zung des Wis­sens und der geis­ti­gen Aus­bil­dung am Adel auf das ernst­lichs­te, und ähn­li­che Kla­gen wie­der­hol­ten sich häu­fig. Wenn der Adel In­ter­es­sen hat­te, die über Pfer­de, Waf­fen und Kampf hin­aus­gin­gen, so be­tra­fen sie die Land­wirt­schaft; denn Bau­ern wa­ren sie ja alle, ob sie nun Groß­grund­be­sit­zer oder Päch­ter oder Klein­bau­ern wa­ren. Von ei­nem loth­rin­gi­schen Gra­fen Immo wird er­zählt, wie er den Her­zog Gi­sel­bert von Loth­rin­gen da­durch är­ger­te, dass er ihm eine Schwei­ne­her­de ent­wen­de­te, in­dem er durch ein Fer­kel, das er vor sei­ner Burg her­um­füh­ren ließ, das her­zog­li­che Vieh von sei­nem Wege ab und in die Burg hin­ein­lock­te. Aus ei­nem Fens­ter sei­ner Burg be­ob­ach­te­te er scha­den­froh die An­kunft des feind­li­chen Schwei­ne­hir­ten und das Ge­lin­gen sei­nes Pla­nes. Doch wür­de es einen falschen Be­griff von dem Wor­te Geist ge­ben, wenn man die­se Bau­ern un­geis­tig nen­nen woll­te, weil sie nicht le­sen konn­ten und von Gram­ma­tik und Theo­lo­gie nichts wis­sen woll­ten. Ihr Kopf brauch­te des­halb nicht leer zu sein: sie hat­ten Er­fah­rung in al­len Ver­wi­cke­lun­gen des Le­bens, konn­ten sich Men­schen­kennt­nis er­wer­ben, muss­ten in Rechts­fäl­len ur­tei­len kön­nen, wa­ren in Feld und Wald und Wie­se zwi­schen den Tie­ren ih­res Ho­fes und den Tie­ren des Wal­des zu Hau­se; sie hör­ten die Pre­digt von den gött­li­chen Din­gen, von Gut und Böse, hör­ten die Lie­der von den Ta­ten der Vor­fah­ren, Him­mel und Erde ga­ben de­nen Stoff ge­nug zum Nach­den­ken, die nach­den­ken woll­ten. Otto I. lern­te in hö­he­rem Al­ter La­tein, und spre­chen konn­te er es nie; den­noch, wie viel grö­ßer war er als sein ge­lehr­ter En­kel, den man das Wun­der der Welt nann­te. Die Gro­ßen und Be­gab­ten be­dür­fen der Wis­sen­schaft nicht, viel­mehr, sie eig­nen sich da­von an, was sie brau­chen; aber für die Mit­tel­mä­ßi­gen, Un­be­gab­ten, Stumpf­sin­ni­gen ist Er­wei­te­rung des Ge­sichts­krei­ses durch Ler­nen not­wen­dig, und die­se, nicht die Be­gab­ten sind über­all in der Mehr­zahl. Die Ro­heit und Un­wis­sen­heit des Adels, die ihn nach­tei­lig un­ter­schie­den von Ita­li­e­nern, Fran­zo­sen und Eng­län­dern, wirk­ten mit dazu, dass die Kai­ser sich ihre Mit­ar­bei­ter und Rat­ge­ber haupt­säch­lich im Kle­rus su­chen muss­ten. Al­ler­dings, auch der Kle­rus war Adel; man kann ihn im frü­hen Mit­tel­al­ter als eine Aus­le­se der Be­gab­ten des Adels be­trach­ten.

      Wenn der Ab­fall der großen Va­sal­len auch so häu­fi­ge Er­schei­nung war, dass man sa­gen kann, die Ge­schich­te der meis­ten Kö­ni­ge spiel­te sich am Ran­de ei­nes Ab­grun­des ab, so wäre es doch ge­wagt, dar­aus zu fol­gern, die Treue sei bei den Deut­schen we­gen ih­rer Sel­ten­heit so hoch ge­schätzt wor­den. Bei den Rei­chen und Mäch­ti­gen wird man im All­ge­mei­nen die­je­ni­gen Ei­gen­schaf­ten su­chen müs­sen, die im Kampf ums Da­sein Vor­teil schaf­fen, vor­wärts­brin­gen, nicht die ed­le­ren, die den Nut­zen der Ehre nach­stel­len. Nicht auf den Hö­hen, son­dern in den un­te­ren und mitt­le­ren Schich­ten sind die­je­ni­gen Tu­gen­den hei­misch, die den Bau der Ge­sell­schaft zu­sam­men­hal­ten. Die Treue und das Pf­licht­ge­fühl un­zäh­li­ger,

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