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des Kö­nigs ge­wor­den; aber es fehl­te doch nie an ei­nem ech­ten Ge­fol­ge, das sich für sei­nen Her­ren in Stücke hau­en ließ. Be­denkt man, wie we­nig Mit­tel vor­han­den wa­ren, um das Recht zu stüt­zen, muss man es er­staun­lich fin­den, wie das Recht ge­ach­tet wur­de. Ein Volk, das fast durch­weg be­waff­net und in den Waf­fen ge­übt war, in dem je­der Freie dem an­de­ren Feh­de an­sa­gen konn­te, beug­te sich frei­wil­lig vor al­ten Per­ga­men­ten, auf de­nen alte Pri­vi­le­gi­en ver­zeich­net wa­ren, wag­te selbst ab­hän­gi­gen Bau­ern die Ab­ga­ben nicht über das Her­kömm­li­che zu stei­gern, wenn auch die wirt­schaft­li­chen Voraus­set­zun­gen an­de­re ge­wor­den wa­ren. Das Hei­lig­hal­ten des Rech­tes hängt zu­sam­men mit der Ehr­furcht vor den Göt­tern; die­se be­seel­te den Deut­schen, wenn er auch die christ­li­chen Ge­bo­te häu­fig ver­letz­te. Nicht nur, dass er die äu­ßer­li­chen For­men des re­li­gi­ösen Le­bens mit­mach­te, die Kir­che be­such­te, die Mes­se hör­te, die Knie vor dem Al­ler­hei­ligs­ten beug­te; Welt­li­che wie Geist­li­che fühl­ten sich ein­ge­bür­gert in dem wun­der­ba­ren Reich, das die Erde, den Stern der Mit­te, um­run­de­te, in dem das Sicht­ba­re und das Un­sicht­ba­re ein­ge­gos­sen war. Das Drü­ben, wo alle Trä­nen ver­sieg­ten, war nichts Fer­nes, nicht ein ent­le­ge­ner Ort, son­dern es war da, wo man stand, ein Meer des Glan­zes, das auf­blin­ken konn­te, wo im­mer ein Gläu­bi­ger den trü­gen­den Schein der Welt über­wand. Kam die Stun­de des To­des, so lösch­te die ster­ben­de Hand das letz­te Fünk­chen Welt aus, und der Tote tauch­te in den Gold­grund der Din­ge. Die Ver­bun­den­heit mit dem Jen­seits be­wog so vie­le Ad­li­ge, die dies­sei­ti­ge Welt, nach­dem sie ihre Freu­den er­probt hat­ten, plötz­lich mit ei­ner he­ro­i­schen Ge­bär­de von sich zu sto­ßen, zu­wei­len jung, vor der Hoch­zeit, trotz des Fle­hens der El­tern, zu­wei­len auf der Höhe des An­se­hens und der Er­fol­ge. Gero, der be­rühm­te Mark­graf Ot­tos des Gro­ßen, der einen Teil des sla­wi­schen Lan­des zwi­schen Elbe und Oder er­ober­te, von dem das Volks­lied sang, dass er drei­ßig sla­wi­sche Gro­ße er­mor­det habe, en­de­te sein Le­ben im Klos­ter. Der Tod sei­nes letz­ten Soh­nes, in dem er auf Er­den wei­ter­zu­le­ben ge­hofft hat­te, er­schüt­ter­te das Herz, das in zahl­lo­sen Schlach­ten nie un­ru­hi­ger ge­schla­gen hat­te. Schon sein Va­ter hat­te ge­plant, ein Non­nen­klos­ter in der Nähe ei­ner sei­ner Bur­gen zu stif­ten; das führ­te er nun aus, um die Zu­kunft der jun­gen Wit­we sei­nes Soh­nes zu si­chern, die er, wie es scheint, zärt­lich lieb­te. Sie hat 55 Jah­re lang der Ab­tei Gern­ro­de als Äb­tis­sin vor­ge­stan­den. Dann ging er, nicht zum ers­ten Male, nach Rom und leg­te das zur Be­keh­rung der Hei­den ge­führ­te Schwert zu Fü­ßen des Paps­tes nie­der; schon nach an­dert­halb Jah­ren starb er. Für den Kriegs­mann wie für den Geist­li­chen war der Über­gang von der Erde zum Him­mel we­ni­ger als ein Schritt, nur ein Schlie­ßen der Au­gen: die ir­di­schen Lich­ter er­lö­schen, über der See­le ge­hen die gött­li­chen Ge­heim­nis­se auf.

      Her­zog Bern­hard zur Lip­pe, ein treu­er An­hän­ger Hein­richs des Lö­wen, wur­de aus ei­nem ge­fürch­te­ten Kriegs­mann, der vor Berau­bung von Klös­tern nicht zu­rück­ge­schreckt war, ein Kreuz­zugs­pre­di­ger und schließ­lich ein Bi­schof. Als Va­ter von fünf Söh­nen und sechs Töch­tern trat er in ein Klos­ter ein nach Über­win­dung des Wi­der­stan­des sei­ner Frau, die ver­mut­lich we­ni­ger ge­sün­digt und mehr ge­lit­ten hat­te als er. Der re­li­gi­öse Schwung war so stark, dass, wenn die Klös­ter ent­ar­te­ten, was im­mer ge­sch­ah, sich neue Or­den bil­de­ten, die sie re­for­mier­ten und mit re­li­gi­ösem Le­ben er­füll­ten. Im zwölf­ten Jahr­hun­dert grün­de­ten Ad­li­ge die vie­len Zis­ter­zi­enser­k­lös­ter, die so Gro­ßes zur Kul­ti­vie­rung des Nor­dens und Os­tens ge­leis­tet ha­ben. Graf Brü­ning von Glei­chen trat in das Klos­ter Vol­ke­ro­de ein, das sei­ne Mut­ter nörd­lich von Mühl­hau­sen in Thü­rin­gen ge­grün­det hat­te, Graf Sieg­fried von Bo­me­ne­burg grün­de­te Klos­ter Ame­lungs­born, ein Ed­ler von Wol­mund­stein, der einen Freund im Tur­nier ver­wun­det hat­te, Klos­ter Wald­sas­sen, Rit­ter Lu­dolf von Wen­den das Klos­ter Rid­dags­hau­sen bei Braun­schweig, Graf Wil­brand von Hal­ler­mund in ei­ner Ein­öde zwi­schen dem Stein­hu­der Meer und der We­ser Klos­ter Loc­cum. Er­klärt auch der wirt­schaft­li­che Nut­zen, den die Zis­ter­zi­enser­k­lös­ter brach­ten, ihre ra­sche Auf­nah­me, so war doch fast in je­dem ein­zel­nen Fall ein re­li­gi­öses Ge­fühl der An­trieb der Stif­tung, Reue über ver­gos­se­nes Blut, Ein­sicht in die Flüch­tig­keit ir­di­scher Gü­ter oder auch nur die Mei­nung, dass ein wir­kungs­vol­ler Akt der Fröm­mig­keit zur Vollen­dung ei­nes christ­li­chen Ed­len ge­hö­re.

      Die enge Ver­bin­dung des krie­ge­ri­schen Adels mit der Kir­che wird erst recht ver­ständ­lich, wenn man be­denkt, dass die früh­mit­tel­al­ter­li­che Kir­che einen heid­nischen Cha­rak­ter hat­te. Sie hat­te ihn nicht nur, weil ihre Glie­der zum großen Teil erst kürz­lich be­kehr­te Hei­den wa­ren, nicht nur, weil zahl­rei­che Ele­men­te des Hei­den­glau­bens in die Kir­che auf­ge­nom­men und über­ge­gan­gen wa­ren. Chris­tus kam in eine er­starr­te Welt, die er das Ster­ben lehr­te. Er ist der Gott des To­des, dar­um wa­ren sei­nem Ant­litz von An­fang an Züge tiefs­ter Trau­er ein­ge­gra­ben. Vi­el­leicht er­leb­te in ihm die Mensch­heit zum ers­ten Male be­wusst den Tod. Das jun­ge Ger­ma­nen­volk war noch nicht er­starrt, sein Da­sein voll­zog sich jen­seits von Gut und Böse, zwi­schen sei­nen strö­men­den Kräf­ten des Has­ses und der Lie­be, des Fre­vels und der Reue konn­te die Selbst­sucht nicht zu hem­men­der Schran­ke ge­rin­nen. Der spä­te­re Mensch sieht mit Stau­nen, wie in der mit­tel­al­ter­li­chen Welt ent­setz­li­cher Blut­durst und zar­te Him­mels­sehn­sucht, Hoch­mut und De­mut sich kreu­zen, wie schwers­te Ver­bre­chen durch ein ge­lin­des Pries­ter­wort ge­sühnt wer­den, wie hohe Kir­chen­fürs­ten ihre ir­di­schen Lei­den­schaf­ten aus­to­ben, ohne sich da­durch be­schwert zu füh­len. Blut­ro­te Sün­de wusch eine Trä­ne ab. Die­se jun­ge Welt, in der der Tod nicht schmerz­te, weil sie so voll Le­ben war, dass der Tod nur ein Über­strö­men in neu­es Le­ben be­deu­te­te, er­leb­te das Chris­ten­tum an­ders als die an­ti­ke Welt, die ver­ges­sen hat­te, dass nichts auf­er­ste­hen kann, was nicht zu­vor ge­stor­ben ist. Dement­spre­chend muss­te die Kir­che sich wan­deln.

      Das Gu­drun­lied er­zählt, wie nach der blu­ti­gen Schlacht auf dem Wül­pen­san­de die über­le­ben­den Hel­den die To­ten zu be­stat­ten be­schlie­ßen, nicht nur die Freun­de, son­dern auch die Fein­de, da­mit sie nicht den Ra­ben und Wöl­fen zur Spei­se wer­den. Da­mit ih­res tap­fe­ren En­des ewig ge­dacht wer­de, stif­ten sie ein Klos­ter mit ei­nem Ho­spi­tal, zu des­sen Guns­ten die Ver­wand­ten der Ge­fal­le­nen Ga­ben bei­steu­ern. Auch der Ar­men wird ge­dacht: ih­nen soll der Er­lös aus den Pfer­den, Rüs­tun­gen und Ge­wän­dern der Ge­fal­le­nen zu­gu­te kom­men. Eine An­zahl von Pfaf­fen, die dem Klos­ter zu­ge­wie­sen wur­de, soll be­tend und sin­gend die See­len der Er­schla­ge­nen Gott emp­feh­len. Vor der Schlacht hat­ten sie, weil es ih­nen an Schif­fen fehl­te, ei­ner Pil­ger­schar, die auf der In­sel ge­lan­det war, ihre Schif­fe weg­ge­nom­men; die­sem Fre­vel schrie­ben sie den un­glück­li­chen Aus­gang des Tref­fens zu, und da­mit sie beim nächs­ten Ge­fecht bes­se­res Glück hät­ten, be­eil­ten sie sich nun, den Scha­den zu er­set­zen. Dann se­gel­ten sie heim, das Herz er­füllt von Ra­che­ge­dan­ken, un­ge­dul­dig ge­spannt auf neu­es Blut­ver­gie­ßen. So war das Chris­ten­tum der Ed­len: zu­wei­len wur­de ein hä­re­nes Ge­wand über den strah­len­den Har­nisch ge­zo­gen,

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