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von Paris bestimmten.

      Tagesdaten und Distanzen werden in verschiedener Form notiert, Meilenangaben manchmal am Rand wiederholt. Bei längeren Aufenthalten gibt es aber zuweilen Unstimmigkeiten, zuweilen auch Irrtümer (so in Zaragoza). Besonders interessant ist Folio 129, denn an falscher Stelle sind hier Bemerkungen zum nördlichen Navarra in die Handschrift eingebunden. Zuweilen sollte vielleicht noch etwas ergänzt werden, dies zeigen zum Beispiel die halb leeren Folien vor und nach der Rede, die Münzer vor den Katholischen Königen in Madrid hielt. Manche allgemeine Betrachtungen werden bei längeren Aufenthalten eingeschoben, so zum Beispiel zu den „Marranen“, zum Krieg um Granada oder über das Reich Navarra, so als ob man einen passenden Ort im chronologischen Ablauf gesucht hätte. Ob Kirchen oder Institutionen ausführlich oder nur summarisch beschrieben werden, folgt keiner besonderen Systematik und hing vielleicht auch an den Bedingungen und Informationen während der Reise selbst.

      Die jeweilige Länge der Schilderungen lässt Unterschiede erkennen: Die Aufenthaltsdauer, die Vermittler und deren Informationsfreude, aber auch das persönliche Interesse und/oder die schon vorher (oder während der Reise) erhaltenen oder im Zuge der Verschriftlichung hinzugekommenen Informationen könnten eine Rolle gespielt haben.

      Neue Informationen, besonders hinsichtlich der Größe, der Anordnung und Lage von Städten erschloss Münzer im Vergleich mit Nürnberger oder süddeutschen Verhältnissen. Diente dies nur der Selbstvergewisserung oder betraf das auch Informationen, die zum Beispiel für die Schedelsche Weltchronik relevant waren? Es bleibt auffällig, dass Zeichnungen erst ab seinen Erläuterungen im Reich Granada in nennenswertem Maße erscheinen. Lagepläne, Wappen, Kirchen gehören dazu.

      Viel trugen die (deutschen) Personen im Ausland bei, Dolmetscher und Begleiter halfen zudem. Es wird deutlich, wie sich im Laufe der Reise und auch des Berichtes zunehmend ein Netzwerk an Personen etablierte, die mündliche Informationen des Reisenden geradezu legitimierten. Dazu trat klassisches Wissen, das Münzer einstreut, zum Beispiel mit Zitaten aus den Werken des Plinius.

      Die Gestaltung des Itinerariums selbst ergibt sich auch aus den vielen Binnenverweisen. Rück- und Vorgriffe, Hinweise auf Früheres und Späteres, also Vor- und Rückverweise kennzeichnen den Bericht und belegen eine grundsätzlich chronologische Anlage der Aufzeichnungen. Die Notizen, die Münzer wahrscheinlich von seiner Reise mitbrachte, mögen dennoch disparat strukturiert gewesen sein.

      Natürlich verarbeitete Münzers Itinerarium auch Vorlagen, aber insgesamt eingeschränkt. Neben der resümierenden Abschrift aus dem Liber Sancti Jacobi in Compostela, die darauf hindeutet, dass vielleicht ein anderes und von der heutigen Fassung verschiedenes Exemplar in Compostela vorhanden war, sind es kurze Abschnitte, die übernommen wurden. Inschriften (ein besonderes Interesse Schedels), Epigramme, Reliquienzettel oder Schatzverzeichnisse seien hervorgehoben.

      Damit ist die Abfassungsweise des Itinerariums angesprochen. Neben Münzers und Schedels schon vorhandenen Wissensbeständen wurden manche Texte in kondensierter Form aufgenommen, dies gilt zum Beispiel für die hagiographischen Traditionen um Mamertus oder die Auszüge aus dem Liber Sancti Jacobi. In beiden Fällen wurde in humanistischer Manier gekürzt und zugespitzt. Notizen in der Handschrift wie zu den Reliquien und Ablässen in Toulouse entlasteten den Text, es wird im Itinerarium sogar darauf verwiesen. Bücher oder Hefte, die Münzer in Orléans zur Gallia (Anthonius Astensis4) oder in Sevilla (Rede des Alfonso Ortiz an die Katholischen Könige5) gezeigt oder gegeben wurden, boten Material zur Darstellung von Zusammenhängen (wie dem Hundertjährigen Krieg oder dem Krieg gegen Granada), ohne dass diese Materialien zu wörtlichen Vorlagen wurden. Zusätzliche Erläuterungen boten die verschiedenen Schriften des in Portugal getroffenen Humanisten Cataldus oder die eigenständige Schrift zu den portugiesischen Fahrten der Europäischen Expansion.

      Diese Hinweise zur Abfassungsweise müssen mit weiteren Informationen verbunden werden, die dem Itinerarium selbst zu entnehmen sind. Ob Inschriften, Epigramme und anderes nur am jeweiligen Ort kopiert wurden, bleibt fraglich, manchmal ist das Itinerarium aber der einzige Überlieferungsträger. Offensichtlich wurden auch die Spuren der Abfassungsweise verwischt, denn dass Münzer den Text des Alfonso Ortiz in Sevilla erhielt, berichtet nicht das Itinerarium, sondern ein späterer Abschnitt der Handschrift6. Neben schriftlichen Vorlagen, Erweiterungen und Hinweisen ist der Beitrag der mündlichen Informanten nicht zu unterschätzen, denn woher kannte Münzer zum Beispiel die Zahlen zu Einwohnern oder zu den Klerikern und Pfründen einer Kirche?

      Insgesamt wird deutlich, dass der Reisebericht vielleicht auf Tagebuchnotizen basierte, dann aber in verschiedener Weise „angereichert“ und weiter entwickelt wurde. Wer dies in welchem Maße tat, bleibt wie gesagt offen. Manches deutet darauf hin, dass Münzer vielleicht größere Verantwortung für den spanischen, Schedel für die restlichen Abschnitte besaß. Die Beobachtungen zur Verschriftlichung treffen sich durchaus mit Überlegungen zu den zahlreichen auch neu gefundenen Notizzetteln Hartmann Schedels7 und damit zur Arbeitsweise der Nürnberger Humanisten.

      In der Sprache des Itinerariums dominiert ein eher einfaches, umgangssprachliches, zuweilen sogar parataktisches Latein mit grammatischen Eigenheiten. Zahlreiche Floskeln bestimmen den Text, so etwa, dass man etwas – um kurz zu bleiben – nicht weiter ausführen könne. Neologismen (auch aus romanischen Sprachen) finden sich zuweilen, insbesondere ist das Vokabular zu den Südfrüchten bemerkenswert. Dazu treten einzelne deutsche Wörter oder lautmalerische Transkriptionen des muslimischen Gebetsrufes.

      5. Zur vorliegenden übersetzten Ausgabe

      Gerade die Ausführlichkeit dieses in einem einfachen Humanistenlatein verfassten Berichts sowie das breite Interesse des Verfassers machen den Bericht Münzers über fremde Länder, fremde Menschen und fremde Sitten zu einer Fundgrube für den heutigen Leser, der neben kulturgeschichtlichen Details auch die Weltsicht, die Neugier und das geistige Klima im Zeitalter des Humanismus und der „Entdeckungsreisen“ aus einer persönlichen und zugleich für einen gewissen Personenkreis repräsentativen Perspektive kennenlernen möchte. Das Itinerarium wurde lange Zeit nur in seinen spanischen Teilabschnitten ediert, danach folgten einzelne Ergänzungen1. Gleichzeitig mit dieser Übersetzung lege ich erstmals eine Gesamtausgabe des lateinischen Textes vor, die mit einer Kommentierung und ausführlichen Literaturangaben den Text in den verschiedenen Facetten erschließt. Deshalb ist für jegliche nähere Auseinandersetzung mit Einzelfragen des Itinerariums auf die Edition des lateinischen Textes zu verweisen; hier finden sich auch einige der erwähnten zusätzlichen Texte der Handschrift ediert2.

      Für die vorliegende Übersetzung wurden Kommentare vor allem auf Zusatzinformationen beschränkt und der Text möglichst wortgetreu in Übersetzung geboten. Die teilweise sehr spezifische und simple Ausdrucksweise des Lateinischen (oft fehlen Verben oder werden Dinge mit einem fast stereotypen habet eingeführt) sollte stilistisch nicht grundsätzlich übertroffen werden, jedoch wird durch Klammern und Anmerkungen der Sinn zuweilen verdeutlicht. Allerdings ließ sich der parataktische Rhythmus auch im Deutschen nicht ganz vermeiden und spiegelt damit teilweise Münzers spezifische Ausdrucksweise. Bisherige Übersetzungen haben bis auf eine Ausnahme immer nur Teile vorgelegt, ins Deutsche übertragen wurden nur zwei kurze Auszüge3, vom ganzen Itinerarium liegt nur eine französische Übersetzung vor4. Die römisch bezeichneten Kapiteleinteilungen stammen von mir, um die Reiseabschnitte besser zu gliedern. Die beigegebenen Abbildungen mögen einen Eindruck von der Handschrift und von einigen Zeichnungen verschaffen. Ortsnamen wurden – zuweilen mit den Varianten in Klammern – in moderner Form in die Übersetzung integriert. Das Itinerarium gibt Zahlen recht willkürlich mal in Ziffern, mal ausgeschrieben an, dies wurde übernommen. Zu vielen Begriffen der Fachsprache ist auch das Wortregister in der lateinischen Edition zu vergleichen5.

      Das Orts- und Personenregister dieser Ausgabe erschließt die jeweiligen Orte und Personen des Haupttextes. Bibelzitate werden nach der für mittelalterliche Texte üblichen Form der Vulgata nachgewiesen. Die zahlreichen Maße, Münzen und Gewichte, die Münzer verwendet, bleiben ein Problem: Dazu gehören leuca und milia für Meile, aber auch die verschiedenen Gewichte und Münzen, die von Mark, Gulden, Dukaten, Schillingen und Denaren (Pfennigen) über Écus/Escudos bis zum Real, zum Maravedi und zur Dobla reichen. Manchmal gibt das Itinerarium selbst einen Gegenwert an, wenn es z. B. mit rheinischen Gulden vergleicht

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