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Der Reisebericht des Hieronymus Münzer. Klaus Herbers
Читать онлайн.Название Der Reisebericht des Hieronymus Münzer
Год выпуска 0
isbn 9783772001284
Автор произведения Klaus Herbers
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Am 11. (Dezember) kamen wir drei Meilen weiter nach Valença do MinhoValença do Minho, Ort, welches die letzte Seestadt PortugalsPortugal, L. nach Norden hin ist. Wir setzten mit dem Schiff über den Miño (Minho)Miño / Minho, Fluß, der dort etwa so groß ist wie der RheinRhein, Fluß bei BaselBasel, Ort, und kamen nach TuiTui / Tuy, Ort (Tuy), das auf einem Berg am Fluss gegenüber von Valença liegt. Es ist die erste Stadt GaliciensGalicien, L., und sie hat einen Bischofssitz mit einer ziemlich schönen Kirche3. Am selben Tag verließen wir Tui nach dem Essen und kamen zu schon vorangeschrittener Nacht in einen kleinen Ort RedondelaRedondela, Ort. Er ist an einem Meeresarm gelegen, dort werden Sardinen im Übermaß gefangen. Und wenn ein aus FrankfurtFrankfurt, Ort4 gebürtiger, dort ansässiger Deutscher uns keine Gastfreundschaft gewährt hätte, wäre es schlecht für uns gewesen, denn die Nacht war äußerst kalt; er gab uns von allem freigiebig für unser Geld.
Am 12. (Dezember) standen wir früh auf und erreichten nach drei Meilen PontevedraPontevedra, Ort, eine uralte Stadt, die nicht sehr groß, aber für ihren Meerhafen berühmt ist, wo im Übermaß Sardinen gefangen und zu verschiedenen Orten gebracht werden; von diesen ernähren sie sich hauptsächlich. Es gibt ebenso einen Fluss (LérezLérez, Fluß) mit einer wunderschönen Brücke, die 14 Bögen hat. Am selben Tag kamen wir nach dem Essen und einem Ritt von 3 Meilen an den Ort CaldasCaldas de Reis, Ort (de Reis), (der so heißt,) weil er heiße und sulfatreiche Wasser und Thermen besitzt, die ich ausprobierte. Aber die Leute dort sind unaufmerksam, sie haben weder ein Gebäude noch ein Bassin gebaut, sondern nur eine Grube, in der sie sich waschen. Das Wasser ist dennoch ausgezeichnet, so heiß wie das der Thermen in BadenBaden, Ort bei ZürichZürich, Ort in der SchweizSchweiz, L.5.
Am 13. (Dezember) verließen wir CaldasCaldas de Reis, Ort vor Sonnenaufgang und kamen in die sehr alte Stadt El PadrónPadrón / Iria Flavia, Ort, einst Iria6 genannt. Wir traten zuerst in die äußerst alte JakobskirchePadrón / Iria Flavia, OrtSantiago de Padrón, K. und sahen unter dem Hauptaltar die konkave Steinsäule, wo der Leichnam des heiligen JakobusJakobus der Ältere († um 44), Apostel, Hl. (als Iacobus auch mittelalterlicher Buchtitel des Liber Sancti Jacobi) geruht haben soll7. Danach gingen wir zum Flussufer8, wo das Schiff war, das den Körper des heiligen JakobusJakobus der Ältere († um 44), Apostel, Hl. (als Iacobus auch mittelalterlicher Buchtitel des Liber Sancti Jacobi) von JudäaJudäa, L. mit einigen Jüngern ohne Ruderknecht hierher führte; und als der Körper auf einem Felsen lag, zerschmolz dieser Stein wie Wachs und nahm den heiligsten Leichnam auf, wie du ausführlicher in seiner Legende beschrieben findest9. Wir erblickten auch, als wir auf den Berg jenseits der Brücke stiegen, den Ort, wo er den Heiden predigte10. Es findet sich eine Ansammlung größter Steine in der Art der Pyramiden, und auf dem Gipfel gibt es einen flachen Stein in Form eines Stuhles. Dort sahen wir auch die KapellePadrón / Iria Flavia, OrtSantiaguiño do Monte, Einsiedelei, unter der die Quelle entspringt, die der selige Jakobus durch die Berührung mit seinem Stab zum Fließen gebracht haben soll11. Es ist weiches und süßes Wasser, das wir tranken und das uns gut bekam.
Nachdem wir all dies gesehen hatten, kamen wir ernüchtert nach vier Meilen in die heiligste Stadt CompostelaSantiago de Compostela, Ort, in der, wie man sagt, der Leichnam des heiligen JakobusJakobus der Ältere († um 44), Apostel, Hl. (als Iacobus auch mittelalterlicher Buchtitel des Liber Sancti Jacobi) des Älteren, des Zebedäussohnes und Bruder des Evangelisten JohannesJohannes († um 101), Apostel, Hl., vollständig ruht12.
Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 431, fol. 181r
Mit den Pfeilen, die in der Handschrift am Rande dieses Folios zu sehen sind, weist Hieronymus Münzer auf das Wappen der Katholischen Könige hin, die er immer wieder in einem sehr positiven Licht erscheinen lässt.
Über die Lage CompostelasSantiago de Compostela, Ort, (Stadt) des heiligen JakobusJakobus der Ältere († um 44), Apostel, Hl. (als Iacobus auch mittelalterlicher Buchtitel des Liber Sancti Jacobi)
Am 13. Dezember kamen wir nach CompostelaSantiago de Compostela, Ort, das ringsum von Hügeln umgürtet ist. In deren Mitte erhebt sich ein weiterer Hügel. Der Ort hat keinen Fluss1, sondern zahlreiche gute Quellen, die Süßwasser hervorsprudeln lassen. Die Stadt ist nicht groß, aber alt und mit einer sehr guten alten Ummauerung und zahlreichen starken Türmen befestigt. Das Land ist freilich gut, und die Gärten der Stadt sind voll mit Apfelsinen, Limonen, Äpfeln, Pfirsichen, Pflaumen und anderen Früchten. Aber das Volk dort ist schweinisch, hat zahlreiche Schweine, die günstig verkauft werden, und ist faul; es kümmert sich weniger um die Bearbeitung des Bodens, sondern lebt hauptsächlich vom Gewinn an den Pilgern2. Sie haben ein gutes Klima; innerhalb und auch außerhalb der Stadtmauern finden sich viele Klöster, wie das DominikanerklosterSantiago de Compostela, OrtDominikanerkl.3, in dem es einen hochgelehrten Prediger gibt, der mir vieles gezeigt und beigebracht hat. Ebenso besteht dort das BenediktinerklosterSantiago de Compostela, OrtSan Martín Pinario, Kl.4, dessen Abt der König gefangen nach KastilienKastilien, L. abführen ließ, weil er Güter verschleudert habe5. Weiterhin gibt es die Klöster der KlarissenSantiago de Compostela, OrtSanta Clara, Kl.6, der KarmelitinnenSantiago de Compostela, OrtKarmeliterkl.7 und der FranziskanerSantiago de Compostela, OrtSan Francisco de Val de Dios, Kl.8. Der KönigFerdinand II., Kg. von Aragón (1479–1516)9, dessen Leben Gott verlängern möge, begünstigt augenblicklich die Reform der Augustiner10.
Über die Kirche des heiligen JakobusSantiago de Compostela, OrtBasilika Sankt Jakob, K.Jakobus der Ältere († um 44), Apostel, Hl. (als Iacobus auch mittelalterlicher Buchtitel des Liber Sancti Jacobi)
Die Kirche des heiligen JakobusJakobus der Ältere († um 44), Apostel, Hl. (als Iacobus auch mittelalterlicher Buchtitel des Liber Sancti Jacobi) ist eine der drei Hauptkirchen nach der römischen und der von EphesusEphesos, Ort in AsienAsien, L., die letztere gibt es inzwischen nicht mehr1. Erbaut wurde sie von Karl dem GroßenKarl der Große, fränkischer Kg. (768–814), Kg. der Langobarden (774–814), Ks. (800– 814), dem König der FrankenFranken, L. und Kaiser von DeutschlandDeutschland, L.. Dieser, wie du später über seine Kriegstaten hören wirst2, ließ sie aus Spolien, Geschenken und der Beute von den SarazenenSarazenen (Mauren/Muslime) erbauen3. Es ist ein beeindruckender Bau in Form eines Kreuzes. Das Mittelschiff ist 100 Schritt lang, die Länge der Arme 120 und deren Breite 15; die Breite des Mittelschiffs beträgt 32, die Länge des gesamten Mittelschiffes mit dem Chorraum 1504. Alles ist aus Quadern und aus sehr hartem Stein erbaut und überwölbt. Die KircheSantiago de Compostela, OrtBasilika Sankt Jakob, K. hat zwei Seitenschiffe wie die SebalduskircheNürnberg, OrtSt. Sebald, K. (in NürnbergNürnberg, Ort) und im Umgang des Chores Kapellen. Es ist wirklich ein äußerst solides Werk und hat an den 4 Ecken 4 gut bewehrte Türme, und momentan wird ein weiterer ebenso starker Turm erbaut5.
Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 431, fol. 173r
Die romanische Kathedrale von Santiago de Compostela schien Münzer so wichtig, dass er hier die größte Zeichnung in sein Itinerarium einfügte. Maße in Schritten, Türme, Altar, Türen, Chor und Chorgestühl, aber auch Himmelsrichtungen sind durch Beischriften erläutert.
Bild der KircheSantiago de Compostela, OrtBasilika Sankt Jakob, K. Sankt JakobJakobus der Ältere († um 44), Apostel, Hl. (als Iacobus auch mittelalterlicher Buchtitel des Liber Sancti Jacobi) und Kapellen6
12 Kapellen umgrenzen den Chorraum, und die Kuppel des Kreuzes ist äußerst hoch7. In der Mitte davon wird von einer zur anderen Seite des Querschiffes ein riesiges Weihrauchfass mit aromatischem Rauch geschwungen8.
[Es folgen Exzerpte aus dem Liber Sancti Jacobi, die eine gekürzte Historia Turpini, den Passions- und Translationsbericht des Apostels, eine Exclamatio pulcra, die Erläuterung der Symbolik der Pilgermuschel – in deren lateinischen Text MünzerMünzer, Hieronymus (†1508) Nürnberger Humanist interessanterweise auch das deutsche »Muschlen« einschmuggelt – sowie eine Oration enthalten9.